Mutter Ey
Es gibt Begriffe, die fallen in der NRW-Landeshauptstadt immer wieder, aber viele wissen nicht, was damit gemeint ist – zum Beispiel, weil sie zugezogen oder schlicht zu jung sind. Wir erklären diese Begriffe in unserem Lexikon und sind sicher, dass auch gebürtige Düsseldorferinnen und Düsseldorfer dabei einiges lernen. In diesem Artikel geht es um Mutter Ey.
Mit dem Begriff „einmalig“ sollte man vorsichtig sein. Aber bei dieser Frau, liebevoll und mit viel Respekt Mutter Ey genannt, darf man ihn benutzen: Einen solchen Menschen wie sie hat es nie zuvor oder danach gegeben. Was ihr Düsseldorf als Kunststadt verdankt, ist nach üblichen Maßstäben nicht messbar, da es – jedenfalls anfangs und vordergründig – nicht auf Kunstverstand und auch nicht auf politischem oder finanziellem Einfluss beruhte. Es ging allein um Zuwendung, Verständnis, Empathie. Womöglich wuchs da auch ein intuitives Erkennen dessen, was sie an Talent, bei einigen sogar Genie, sehen und erleben durfte.
Johanna Ey, so ihr korrekter Name, kam 1903 als junge Frau nach Düsseldorf. Sie heiratete, bekam zwölf Kinder, von denen acht starben. Sie lebte in der Altstadt, und die pure Not dürfte sie dazu gebracht haben, 1907 an der Ratinger Straße ein Geschäft für Backwaren mit Kaffeestube zu eröffnen. Das war nicht weit entfernt von der Kunstakademie, an der es von gleichsam talentierten wie bettelarmen Studenten wimmelte. Die kehrten bei ihr ein, weil mit Hunger, aber ohne Geld.
Johanna Ey half. Sie gewährte Kredit, nahm als Bezahlung auch schon mal ein Bild. Ihre Sammlung wird bald beachtlich gewesen sein. Es entstand ein enger Kontakt zu den Künstlern, zu Schauspielern, Journalisten und Musikern. Und es entstand während des Ersten Weltkriegs eine Galerie an der Alleestraße, heute Heinrich-Heine-Allee.
Anfangs bot Johanna Ey dort die Bilder der Düsseldorfer Malerschule an, nach dem Krieg konzentrierte sie sich auf die jungen Künstler und deren völlig anderen Stil. Auf vielen Bildern wurde sie, wenn auch verfremdet, verewigt, unter anderem auf einem Werk von Otto Dix. Welche Rolle sie in dieser Szene gespielt hat, macht vielleicht das hier klar: Max Ernst schrieb einst über sie „Grosses Ey wir loben dich. Ey wir preisen deine Stärke, vor dir neigt das Rheinland sich und kauft gern und billig deine Werke.“
Mit der Machtübernahme der Nazis jedoch war ihre Zeit vorbei. Viele der von ihr geförderten Künstler galten als entartet, Johanna Ey wurde massiv drangsaliert und gab die Galerie auf. Nach 1945 versuchte sie, an alte Erfolge anzuknüpfen, es gelang ihr aber nicht wirklich. 1947 starb die Frau, deren Vornamen wenige, deren Nachnamen aber sehr viele kennen. Sie hat auf dem Nordfriedhof ein Ehrengrab.
Heute gibt es in der Altstadt eine nach ihr benannte Straße. Dort prangt ihr Gesicht riesig groß an einer Fassade. Neben der Neubrückstraße hat man zudem einen Platz und ein Café nach ihr benannt, auch dort erinnert ein Kunstwerk an sie. Die Skulptur (siehe Foto) hat der Düsseldorfer Künstler Bert Gerresheim geschaffen.
Der Platz passt: Die Kunstakademie ist nur ein paar hundert Meter entfernt. Außerdem steht eine Skulptur von ihr im Park des Malkastens, erstellt von Gerda Katz.
(Text: Hans Onkelbach/Foto: Andreas Endermann)
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