Thursday, 04. July 2024
 
+ Die EM und der Nationalismus + Wie Düsseldorfs Kino-Geschichte nach dem Krieg begann + Schauspieler Devid Striesow kommt zum Asphalt-Festival +
 
  
Guten Morgen ,

große Turniere von Fußball-Nationalmannschaften lösen in mir ambivalente Gefühle aus. Zuletzt war das 2006 anders. Ich war Teenager, die WM fand im eigenen Land statt. Ich trug sehr viel Schwarz-Rot-Gold an mir und genoss, dass in meiner Kleinstadt endlich etwas los war. Danach veränderte sich mein Bezug dazu langsam. Ich studierte Politik, beschäftigte mich viel mit Rechtsextremismus und damit, dass eben auch Fußball ein Treiber für übersteigerten Nationalismus sein kann. Ich schaute immer noch fast jedes EM- und WM-Spiel, aber ich malte mir keine Nationalfarben mehr ins Gesicht. Als Deutschland 2014 Weltmeister wurde, wohnte ich gerade in Berlin. Beim Public Viewing freute ich mich sehr, nach Spielende fuhr ich nach Hause. Ich fühlte mich unwohl im schwarz-rot-goldenen Flaggenmeer.

Nun ist wieder ein Fußball-Großereignis in Deutschland. Dazu noch in Düsseldorf, der Stadt, in der ich seit sieben Jahren lebe. Nun bemerke ich vor allem die positiven Seiten, die der Fußball mit sich bringt. Die Stimmung in der Altstadt ist seit Wochen großartig. Schotten, Engländer, Österreicher, Franzosen, Albaner, Spanier. Sie alle sah ich friedlich miteinander feiern. Am Samstag schaute ich mir mit Besuchern aus Norwegen das Deutschland-Spiel auf der Ratinger Straße an. Die Stimmung war schön, mitreißend – die Gäste fasziniert.

Und noch etwas hat sich verändert. Früher waren Nationalmannschaften oft Idole rechter Hooligans (langjährige Düsseldorfer dürften sich in dem Zusammenhang noch gut an die EM 1988 erinnern). Heute tun sich diese „Fans“ mit ihren Teams zunehmend schwer. Die Welt hat sich verändert, viele europäische Nationalmannschaften auch. People of Color gehören selbstverständlich dazu. In Frankreich haben zahlreiche Fußballer gegen die Wahl des Rassemblement National mobil gemacht, das deutsche Team ist spätestens seit der WM in Katar in rechten Kreisen verschrien. Wäre Deutschland dieses Mal wieder früh ausgeschieden, die AfD hätte sich gefreut.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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