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Guten Morgen ,
an unserem Wirtschaftssystem faszinieren mich zwei Dinge. Erstens, dass es so einfach ist, Geld auszugeben, und so mühsam, welches zu verdienen. Ich wünschte, das Missverhältnis ließe sich umkehren. Zweitens, dass immerzu alles wachsen muss. Obwohl ich Wirtschaft studiert habe, will mir diese Ideologie – denn es ist nur eine Ideologie, vielleicht auch ein Aberglaube – nicht einleuchten. Sucht man nach Gründen für diesen Aberglauben, landet man schnell bei Sätzen wie: Sie muss wachsen, damit sie nicht schrumpft. Erstaunliche Welt der Wirtschaft.
Jedes Jahr werden die Neuwagen im Schnitt einen Zentimeter breiter und länger. Fällt das Wirtschaftswachstum ausnahmsweise aus, droht sofort der Weltuntergang. Leider hat sich auch die Welt der Laufschuhe mit dem Wachstumsvirus infiziert. Zwar jogge ich schon lange nicht mehr, dennoch sind es meine Lieblingsschuhe. Jetzt wollte ich mir ein Paar neue kaufen und diese US-Marke testen, von der gerade alle schwärmen: Hoka. Als ich im Sportladen ein 170-Euro-Modell anprobierte und vor dem Spiegel stand, dachte ich: Junge, das sind keine Laufschuhe. Das sind SUVs für die Füße. Monstertrucks.
Der erste Mensch, an dessen Füßen ich Monstertrucks sah, war vor Jahren der Düsseldorfer Modedesigner Steffen Schraut (den Anlass habe ich vergessen, ich hatte nur Augen für die Schuhe). Sie schienen doppelt so breit und so lang zu sein wie die Füße, die sie umschlossen. Jahre später kaufte ich mir selbst ziemlich groß geratene Nikes, mit einer Sohle, die hinter der Ferse noch circa einen halben Meter weiterging. Die Hokas jedoch, die ich mir in dem Laden anschnürte, waren mit ihrer schlauchbootartigen, etwa acht Zentimeter hohen Sohle noch einmal eine andere Liga. Der einzige Vorteil, den sie zu bieten schienen: Ich war darin deutlich größer als einsachtzig. Gerade bei Männern soll die Sehnsucht nach mehr Körpergröße weit verbreitet sein. Viele lassen sich – irrsinnige Operation – die Beine verlängern. Kein Scherz.
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