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Guten Morgen ,
eine Freundin hatte die Idee, ihren Job zu kündigen. Nach mehr als 20 Jahren in demselben Unternehmen kann man das schon mal machen. Daraufhin jubelte ihr Mann: Gute Idee, das mache ich auch! Kaum hatten die beiden ihre unbefristeten Anstellungen in den Wind geschlagen, bekamen sie von ihrer Vermieterin mitgeteilt, dass sie aus ihrer Wohnung raus müssen. Eigenbedarf. Und jetzt die Aufgabe des Jahres: Ohne vorzeigbare Arbeitsverträge eine gute Wohnung in einer Großstadt finden. Ich beneide die zwei nicht.
Dabei ist Loslassen prinzipiell eine super Sache. Man kann sowieso nichts festhalten. Das befreundete Paar erlebt das auf die harte Tour – die Kündigungswelle ist quasi aus entgegengesetzten Richtungen über sie hinweggeschwappt. Ich hingegen bin zu weich, um hart zu sein, und darum froh, dass meine Kündigung geschmeidig über die Bühne ging. Ich habe mir nämlich selbst gekündigt, indem ich meine Agentur, vor langer Zeit mit Partnern gegründet (sie sind schon lange raus, ich war der last Geschäftsführer standing), dicht gemacht und das Büro leergeräumt habe. Irgendwie passte alles nicht mehr. Die ganze Konstruktion kam mir so sinnlos vor wie ein Ruderboot auf einem Berggipfel.
Ein paar Tage war ich traurig, weil ich das schöne Büro aufgab, doch dann begriff ich, dass es nur eine als Traurigkeit getarnte Trägheit war, von einer Gewohnheit Abschied zu nehmen. Am meisten graute mir davor, den Bürokeller auszuräumen, der mit den Jahren nicht größer, aber immer voller wurde (voller als voll – das geht, der Keller des Grauens war der Beweis). Aber selbst das war weniger schlimm als befürchtet, mal abgesehen davon, dass ich zig Mal 32 Stufen von ganz unten ins Hochparterre keuchte, mit gefühlten 50 Kilogramm vor der Brust, weil im Keller eine größere Menge an gedruckten Magazinen und Büchern lagerte. (Die Agentur war früher mal ein Verlag, und gelegentlich druckten wir nach dem Motto: Warum 200 Exemplare dieses fantastischen Werks, wenn wir 500 haben können? Komm, lass uns 1000 drucken.)
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