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AfD-Sympathisanten diffamieren Demo-Teilnehmer

Seitdem in vielen Städten Menschen für eine vielfältige Gesellschaft auf die Straßen gehen, versuchen Unterstützer der Rechtsextremen die Bedeutung dieser Kundgebungen herunterzuspielen. Sie seien eine "pseudoreligiöse Zeitgeist-Veranstaltung“, Bilder würden manipuliert, Zahlen gefälscht.
Von Hans Onkelbach (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 7. Februar 2024
Demo gegen Rechts – Nie wieder ist jetzt
Die Broilers unterstützten mit einem Auftritt die Demo gegen Rechtsextremismus.

Die Bilder gehen und gingen durch alle Medien. Auf Social-Media-Plattformen zeigten sich viele Düsseldorfer als Ersttäter bei einer Demo, Dutzende von Plakaten wurden gepostet. Es gab „Omas gegen rechts“, an einem Kinderwagen hing, auf Pappe gemalt, der Spruch „Nur, was in meiner Windel ist, darf braun sein“ – und ganz oft „Nie wieder ist jetzt!“

Ich selbst war bei der großen Düsseldorfer Kundgebung dabei, als statt der avisierten 30.000 Teilnehmer mehr als 100.000 kamen. Diese Zahl wurde nicht von einem der Veranstalter (es gab mehrere) publiziert, sondern von der Polizei. Die ist, das weiß ich aus Erfahrung, bei solchen Schätzungen stets sehr zurückhaltend, stapelt lieber tief. Mit anderen Worten: Die Zahl war realistisch.

In anderen Städten gab es ähnliche Bilder: Jeweils viele zigtausend Menschen gingen in Köln, München und Hamburg auf die Straße. In kleinen Städten war es relativ gesehen ähnlich. Dormagen zählte zum Beispiel 5000 bis 8000 Kinder, Frauen und Männer auf einem zentralen Platz.

Eindrucksvoll, offenbar auch für jene, denen dieser Protest galt. Zuerst waren deren Kommentare zurückhaltend, aber nun, nachdem die Kundgebungen nicht abreißen und zuletzt Berlin mit rund 150.000 Teilnehmern eine neue Bestmarke aufstellte, versuchen immer mehr Sympathisanten der AfD sowie Mitläufer rechtsextremer Kreise das Bild der Protestierenden aus der Mitte der Gesellschaft zu konterkarieren. Und zwar so:  

Correctiv
Das Recherche-Netzwerk hat durch seinen Bericht über ein Treffen in Potsdam (Stichwort Remigration) diese Protest-Welle ausgelöst. Nun wird es als „regierungsfinanziert“ dargestellt. Die Regierung habe diesen Coup gelandet, um von den eigenen Fehlern abzulenken.

Tatsache ist: Correctiv finanziert sich größtenteils über Spenden, erhält Zuwendungen von Stiftungen und geht häufig seinen vermeintlichen Geldgeber scharf an. Alle Details dazu hier.

Fotos

Die Bilder der Menschenmassen werden als verfälscht oder manipuliert bezeichnet. Von der Demo auf den Oberkasseler Rheinwiesen wird etwa ein Foto als Beispiel genommen, das den Anfang der Zusammenkunft zeigt. Zu diesem Zeitpunkt waren zwischen 5000 und 10.000 Menschen dort. Behauptet wird aber, das Bild sei bei der späteren Demonstration gemacht worden – und somit als Beleg dafür genommen, dass die Teilnehmerzahl falsch, also weitaus geringer ist. Ein Kommentator meinte sogar, am Schattenwurf der Sonne die Fälschung zu erkennen.

Tatsache ist: Es gibt auch von der Düsseldorfer Demo jeweils in chronologischer Reihenfolge Bilder verschiedener Fotografen aus verschiedenen Perspektiven und über die gesamte Dauer. Vor allem bei einem Foto aus Hamburg gab es den Vorwurf, das Bild sei mit Hilfe von KI manipuliert. Da es sich um ein Foto der Deutschen Presse-Agentur (dpa) handelte, war der Vorwurf leicht zu widerlegen.

Die Teilnehmer
Eine AfD-Sympathisantin spricht von „merkwürdigem Demokratieverständnis“, eine andere nennt die Kundgebungen „pseudoreligiöse Zeitgeist-Veranstaltungen“. Grundsätzlich unterstellt wird, sämtliche Menschen seien beeinflusst, im Sinne der Regierung gegen die AfD auf die Straße zu gehen. Das Ganze werde „von oben“ gesteuert. Daher nähmen auch nur Frauen und Männer aus bestimmten Stadtteilen mit hohem Anteil an Grünen-Wählern teil.

Tatsache ist: Ich selbst war in Düsseldorf dabei und habe selten einen so bunten Mix an Kindern, Frauen und Männern jeden Alters gesehen. Die jüngsten waren wenige Wochen alte Säuglinge, friedlich im Kinderwagen schlummernd, die Ältesten auffallend viele Frauen und Männer jenseits der 80. Ihre Botschaft, unterschiedlich vorgetragen: Nazis sind Scheiße, wir wissen, wovon wir reden. Filme und Augenzeugen belegen ein ähnliches Bild aus anderen Städten.

Medien
Sie sind eh Teil der ganz großen Verschwörung, stecken mit „denen da oben“ unter einer Decke: „System-Medien“ eben. Das wird in vielen Aussagen transportiert, und ein Hinweis, dpa habe (siehe oben) die Echtheit eines Fotos bestätigt, verfängt bei Vertretern dieser These nicht, da dpa natürlich Teil des riesigen Komplotts ist. Nach meinem Beitrag zur Demo bekam ich viele zustimmende Mails, vor allem von jenen, die – wie ich – als Ersttäter dabei waren. Aber es gab auch den (nicht zum ersten Mal gehörten) Kommentar „Lügenpresse“. Geschickt werden Posts unter dem harmlos klingenden Begriff „Beitrag zur Meinungsbildung“ platziert. Dahinter stecken jedoch oft mehrere Darstellungen aus der AfD-nahen oder rechtsextremen Ecke.

Tatsache ist: Aus allen Teilen des Landes haben hunderte unterschiedliche Online-Portale, Zeitungen, TV- und Radio-Sender berichtet. Viele hundert Journalisten waren beteiligt. Denen zu unterstellen, sie seien zentral und „von oben“ gelenkt, ist eine abenteuerliche These.

Hier noch weitere Beispiele entsprechender Äußerungen:

Björn Höcke auf X: „Bei den in den Medien veröffentlichten Bildern fallen inzwischen zahlreiche Fälle von Bildmanipulationen auf“, schreibt der AfD-Politiker zu einem Bild des ZDF. „Die Demonstration in Hamburg war laut ZDF so überfüllt, dass die Menschen sogar in der Alster stehen mussten“, heißt es darin.

Das Portal Auf1: „Das ominöse Potsdamer „Geheimtreffen“ wurde vom Polit- und Medienkartell zu einem der größten Skandale in der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte hochstilisiert: Seitdem sind hunderttausende gegen die „Gefahr von rechts“ und für ein AfD-Verbot auf die Straße gegangen. Zurecht – oder handelt es sich hier um eine perfide Inszenierung? Um was ging es in Potsdam wirklich? Darüber berichten in der neuen „Lagebesprechung AUF1“ die Teilnehmer Silke Schröder und Dr. Ulrich Vosgerau sehr ausführlich. Zusammen mit AUF1-Chefredakteur Stefan Magnet, Moderator Dietmar Heuritsch und Philipp Huemer („Heimatkurier“) bringen sie Licht in die Angelegenheit – und lassen vom Lügengebäude der Systemmedien nichts mehr übrig.“

In einem weiteren Beitrag von Auf1 heißt es nach einem Gespräch mit Alice Weidel: „War die Spitzel-Attacke von Potsdam wirklich nur ein Einzelfall? Alice Weidel ist sicher: „Ich gehe fest davon aus, dass es sich der Verfassungsschutz nicht entgehen lässt, auf allen meinen E-Mails und Handys zu sein.“ In Deutschland sei ein „schmieriger Spitzelstaat“ entstanden, der die Opposition überwacht, während zeitgleich die Funktionäre des Systems im Gleichschritt durch die Straßen marschieren und den Tod von Oppositionellen fordern. Im Exklusivinterview mit AUF1 nimmt die Partei- und Fraktionsvorsitzende der AfD kein Blatt vor den Mund. Und doch ist sie optimistisch: Denn das totalitär anmutende Vorgehen gegen die Opposition, die Überwachung von Andersdenkenden sei „symptomatisch von Regierungen im Endstadium“. Und bereits in diesem Jahr könnten die ersten Bastionen des Establishments fallen.“

Apropos Alice Weidel: Recherchen des WDR, NDR und der Süddeutschen Zeitung haben ergeben, dass Arne Mörig bei dem Treffen in Potsdam dabei war. Er ist der Sohn des Düsseldorfer Zahnarztes Gernot Mörig, der das Treffen organisiert hatte. Mörig junior sollte eine Agentur für rechtsextreme Influencer aufbauen und stellte sein Konzept in Potsdam vor. Weiter heißt es in der Meldung: „Mörig wurde für seinen Vortrag offenbar direkt aus Mitteln des AfD-Bundesvorstands bezahlt. Die Zahlungen an Mörig sollen direkt aus dem persönlichen Budget der AfD-Bundessprecherin Alice Weidel stammen.“  

Demo gegen Rechts – Nie wieder ist jetzt
Über 100.000 Menschen haben auf den Straßen Düsseldorfs ihrem Protest Ausdruck verliehen.
Demo gegen Rechts – Nie wieder ist jetzt

Demo gegen Rechts – Nie wieder ist jetzt

Demo gegen Rechts – Nie wieder ist jetzt

Demo gegen Rechts – Nie wieder ist jetzt

Demo gegen Rechts – Nie wieder ist jetzt

Demo gegen Rechts – Nie wieder ist jetzt

Demo gegen Rechts – Nie wieder ist jetzt

Demo gegen Rechts – Nie wieder ist jetzt


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