Angefeindet, umstritten – und wegen Laschet gescheitert

Das letzte Gespräch mit ihr liegt ein paar Monate zurück. Im August 2021 habe ich sie besucht, saß mit ihr auf der Terrasse und wir haben – was sonst - über Politik gesprochen. Damals war sie im Wahlkampfmodus, in ihrer Garage stapelten sich Plakate und Flyer mit ihrem Porträt, die Autos der Familie vor der Tür in Wersten waren entsprechend beklebt. Beim Treffen auf den Straßen, an den Infoständen der CDU, erzählte sie damals, treffe sie auf eine breite Ablehnung des Spitzenkandidaten. Der hieß seinerzeit Armin Laschet. Sie erinnern sich? Nun ist er Geschichte, und Pantel sagt heute, ein paar Monate später, sie habe geahnt, was passieren würde. Aber als sie das der Partei, dem Kandidaten und seiner Entourage berichtet habe, sei ihr das übel genommen worden. Aber sie machte weiter im Wahlkampf, trotz miesem Gefühl im Bauch. Und trotz fehlender Unterstützung durch die Partei, auch auf Kreisebene. Da sei kein gemeinsamer Siegeswille gewesen. So beschreibt sie das, was die Berliner CDU-Zentrale aktuell in einem Schadensbericht zum Wahldesaster jetzt laut Michael Bröcker im Hauptstadtbriefing bei Media Pioneer so einschätzt: &bdquo;Aus grundlegenden gesellschaftlichen Debatten hat sich die CDU zunehmend zurückgezogen, bei relevanten Themen offenbart die Partei programmatische Defizite und hat großen Nachholbedarf.“ Es fehle zudem ein &bdquo;mobilisierendes, emotionales Leitthema“. Wie sich das auswirkt, hat die Düsseldorfer CDU-Abgeordnete schließlich am eigenen Leib erfahren: Sie verlor den südlichen Düsseldorfer Wahlkreis, ihr Gegenkandidat, Sozialdemokrat Andreas Rimkus (der sich mit seiner Niederlage schon abgefunden hatte) gewann und blieb im Bundestag. Ihre Beziehung zum CDU-Spitzenkandidaten, damals noch NRW-Ministerpräsident, war auch vorher schon miserabel, nicht zuletzt wegen absolut unterschiedlicher Meinungen zur Kohle-Politik. Nach dem Wahldebakel wurde sie noch schlechter. Das Wort, mit dem sie das beschreibt, ist drastisch. Im Grunde war es die Bestätigung ihrer solide gewachsenen Feindschaft, seitdem sie 2014 wegen Kritik am Landes-Chef Laschet aus dem Landesvorstand der Union flog. Insofern hat es auch eine gewisse Tragik, dass Sylvia Pantel am Ende aufgrund des Versagens ihres Erzfeindes scheiterte. Und das sogar kommen sah. Wie zum Beispiel bei seinem missglückten Auftritt im Gebiet der Flutkatastrophe. Was hat sie da empfunden, als sie dessen Gelächter im Überschwemmungsgebiet sah? Ihre Antwort kommt nach einer Pause, dann aber eindeutig: Ihr sei die verheerende Wirkung sofort klar gewesen. Später erfolgte Erklärungen lässt sie nicht gelten. Wer in das Katastrophengebiet des eigenen Landes reise und die Schicksale der Opfer live sehe, der sei nicht in der Stimmung zu lachen, aus keinem Anlass. Mit anderen Worten: Sie unterstellt Laschet, nicht wirklich betroffen und berührt gewesen zu sein. Es wäre sein Job gewesen, dort – wie Helmut Schmidt 1962 in Hamburg – zum Macher und Retter zu werden, meint sie. Stattdessen lacht er über den Witz eines Begleiters. Sie ist heute noch ohne jedes Verständnis für diesen Vorfall. Und was macht der Verlust des Amtes in Berlin jetzt mir ihr, ist da nun die große Leere in ihrem Leben? Natürlich verneint sie das, das tun Politiker immer, wenn sie so etwas gefragt werden. Weil: Leere im Leben ist keine Option für solche Personen. Pantel sieht sich immer noch als Politikerin. Sie sei mit sich im Reinen, sagt sie, und dass sie sicher bis ans Ende ihres Lebens ein politischer Mensch bleiben werde. Eindeutig tickt sie immer noch im Rhythmus dieser Berliner Kaste, unüberhörbar, unübersehbar. Fürs Foto wird der Blazer angezogen, das Gesicht ist sorgfältig geschminkt, die Haare sitzen. Das steckt drin, das legt man so schnell nicht ab. Es fällt ihr nicht einmal auf. Normal halt. Die ihr eigenen politischen Themen werden, wie beim Gespräch im August, abgespult in geübter Routine. Pluspunkte, Diskussionen, Anfeindungen – aber am Ende habe sie alles abgehakt, fertiggestellt, was sie begonnen hatte. Egal, auf welcher Ebene – in Düsseldorf und im Bund. Das ist ihr wichtig, die Bilanz hat zu stimmen. Wofür das alles? Für die Menschen, beteuert sie. Eigeninteresse habe sie nicht, was man ja daran sehen könne, dass sie sich nie für höhere (also auch einträglichere) Ämter beworben oder verbogen habe. Dass sie sich vorstellen kann, nochmals für ein politisches Amt anzutreten, dementiert sie nicht überzeugend. Immerhin wurde sie für den Bundesvorstand der CDU vorgeschlagen, erlitt aber mit lediglich knapp über 20 Prozent der Stimmen eine klare Niederlage. Im Berliner Kreis, dem Zusammenschluss konservativer Unionspolitiker, will sie weiter als Sprecherin bleiben. Ein Abgeordnetenmandat ist dafür nicht nötig. Wie es für sie auf kommunaler Ebene weitergeht, ist keineswegs sicher. Sie will aktiv bleiben in der Frauen-Union, aus der sie stets ihre Hausmacht rekrutierte. Eine Konkurrentin ist nicht in Sicht. Durchaus vorstellbar auch, einen Kandidaten zu unterstützen, der im April gegen den amtierenden Düsseldorfer Partei-Chef Thomas Jarzombek antreten könnte, wenn der wiedergewählt werden will. Derzeit hat noch niemand die Hand gehoben, um anzutreten. Aber täte es eine/r, Pantel wäre sicher versucht, ihn/sie zu fördern. Die über Jahre dauernde Rivalität zwischen Jarzombek und ihr wurde zwar vor der Wahl – auch von ihr – relativiert, aber weg war sie nie, und nun gibt es neues Futter. Sie selbst mag sich dazu nicht äußern, aber es muss sie gefuchst haben, dass Jarzombek den Sprung in den Bundesvorstand schaffte, und sie nicht. Außerdem beobachtet sie sehr genau, wie der frühere Unterstützer von Annemarie Kramp-Karrenbauer und Armin Laschet nun seine Antennen Richtung Friedrich Merz ausgerichtet hat. Das nimmt sie zum Anlass zu betonen, man könne ihr ja viel vorwerfen, aber sie habe ihr Fähnchen noch nie in den Wind gehängt. Also – die Frau verstummt nicht.

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