Atombunker unter der Kö steht Opern-Plänen im Weg

In der Diskussion um einen möglichen Standort eines neuen multifunktionalen Gebäudes für Musik (das der Einfachheit halber immer noch „Oper“ genannt wird) bin ich auf ein Wort gestoßen, das im normalen Sprachgebrauch sonst eher selten auftaucht: Verfügbarkeit. Die Bedeutung ist klar – eine Sache, ein Mensch, irgendwas ist verfügbar. Oder auch nicht.
Im konkreten Fall geht es um eine sehr wahrscheinliche Nicht-Verfügbarkeit. Und zwar des Grundstücks Königsallee/Graf-Adolf-Straße. Diese Adresse hat der Architekt Jurek Slapa am 7. August mit Hilfe eines Berichts in der „Rheinischen Post“ ins Gespräch gebracht. Man hat es in die Diskussion einbezogen ohne zu wissen, ob man das Areal überhaupt bekommt. Dass dies im Hintergrund vorsichtig ventiliert wurde, ist denkbar. Dennoch wäre es sehr kompliziert, ein Bauvorhaben an dieser Stelle zu realisieren. Vom Preis ganz zu schweigen.
Das Grundstück ist circa 5000 Quadratmeter groß, und darauf steht ein Gebäude im Stil der 1970er Jahre – viel Waschbeton, wenig einladend. Das musste es damals aber auch nicht sein, weil es errichtet wurde, um Kommunikationstechnik der Telekom unterzubringen. Die damals noch nicht so hieß und zur Deutschen Post gehörte, das Gebäude firmierte unter „Fernmeldeamt 1“. Das Architekturbüro HPP (Hentrich Petschnigg und Partner) hat es entworfen. (Dieselben, die auch das Dreischeibenhaus bauten.) Um dem ganzen ein bisschen Ästhetik zu geben, platzierte man 1981 vor die Frontseite, hin zum Graf-Adolf-Platz, eine abends beleuchte Säule, bei den Düsseldorfern bald mit den Spitznamen Kaktus oder Klobürste tituliert, weil sie tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit einem senkrecht stehenden Bürstenstiel und Auswüchse wie Stacheln hat. Die Säule, 26 Meter hoch, hat der Zero-Künstler Günther Uecker geschaffen.
Heute ist das Gebäude immer noch prall gefüllt mit Technik, die allerdings aufgrund des Fortschritts nicht mehr so viel Raum benötigt wie vor 40 Jahren. Es ist ein so genannter Technischer Netzknoten, bei dem mehrere Ortsvermittlungsstellen zusammenlaufen und somit eine Vielzahl von Beschaltungseinheiten betreut werden. Mehr Details werden aus Sicherheitsgründen nicht genannt, aber es heißt, sehr viele Telefonverbindungen in der gesamten Region würden gestört, falls es dort Probleme gäbe. Das Haus selbst gehört seit 2019 dem Immobilienentwickler Momeni, die Telekom hat es „langfristig gemietet“. Die Liegenschaft verfügt mit sieben Ober- und drei Untergeschossen über eine aktuelle Bruttogrundfläche von rund 30.000 Quadratmetern, die sich auf Büro- und Technikflächen verteilen.
Würde sich die Stadt also entschließen, dort ihr neues Musenzentrum zu bauen, wäre das theoretisch machbar. Aber:
1. Der Eigentümer müsste bereit sein zu verkaufen. Gewiss eine Frage des Preises.
2. Der Mietvertrag mit der Telekom wäre zu beenden. Das ist zu machen, wenn auch vermutlich mit einigem Aufwand. Vor allem wäre es teuer, weil:
3. Die Telekom müsste ihre hoch komplexe technische Einrichtung ab- und woanders wieder aufbauen. Eine Aktion für Jahre. Denn in dem Gebäude liegen immer noch tonnenweise Kabel und Gerät. Wollte man sie an einem anderen Ort neu installieren, müsste man den neuen Betrieb einrichten und ihn so lange parallel zum alten laufen lassen, bis man sicher ist, ohne Risiko umzuschalten. Weil ein Versagen verheerend wäre.
Danach stünde man vor der Aufgabe, den tatsächlich wenig schönen Betonklotz abzureißen. Denkbar, wird jedoch wird nicht leicht sein. Denn im Tiefgeschoss des Hauses gibt es nicht nur eine Garage für 175 Fahrzeuge, sondern auch einen Luftschutzkeller. Der wurde den Mitarbeitern stets als Atomschutzbunker beschrieben, und die Hausverwaltung bestätigt, dass es ihn gibt. Hintergrund: Die Planungszeit für das Objekt in den frühen 1970er Jahren war noch geprägt von der Denke des Kalten Krieges – und damals gehörte es bei vielen Bauherren dazu, für alle Fälle vorzusorgen. Der Bunker im Tiefgeschoss des damaligen Post- und heutigen Telekomgebäudes wird aber zusätzlich zum Schutz zentraler technischer Einrichtungen gedacht gewesen sein, um im Falle eines Krieges die Telefonleitungen zu schützen. Die meterdicken Betonwände eines solches Bunkers abzutragen, erschweren Abrissarbeiten drastisch, sagt dazu ein Immobilienentwickler.
Fazit
Wer diesen an sich attraktiven Standort ernsthaft weiter diskutieren will, sollte vorab klären, was möglich und bezahlbar ist. Stichwort Verfügbarkeit. Mit hoher Wahrscheinlichkeit verschwindet das Areal dann von der Liste der realistischen Adressen eines künftigen Neubaus.