Bundestagswahl: CDU kann mit zwei Siegen rechnen

Zwei sind sicher, vier bis fünf wahrscheinlich und noch mehr durchaus denkbar. So sieht der Blick auf die Zahl der möglichen Düsseldorfer Mandate im nächsten Bundestag aus. Die meisten der hiesigen Parteien haben ihre Kandidatinnen und Kandidaten inzwischen nominiert. Deshalb erörtere ich hier, wer ab 2025 wahrscheinlich im Parlament sitzt und wer es voraussichtlich nicht schafft.
Die Ausgangslage
Düsseldorf vergibt zwei Direktmandate. Der eine Wahlkreis liegt in der nördlichen Hälfte der Stadt, der andere im Süden. Darüber hinaus könnten Politiker:innen über die Landeslisten ihrer Parteien in den Bundestag einziehen.
Aktuell sitzen vier Düsseldorferinnen und Düsseldorfer in Berlin: Thomas Jarzombek (CDU), Zanda Martens und Andreas Rimkus (beide SPD) sowie Sara Nanni (Grüne). Bis Juni gehörte auch Marie-Agnes Strack-Zimmermann dem Hohen Haus an, dann wechselte sie ins Europaparlament.
CDU, SPD und Grüne haben in Düsseldorf ihre Kandidat:innen für den 28. September 2025 nominiert, die FDP will dies an 2. November machen.
Der Wahlkreis im Norden
Nach meiner Einschätzung ist Christdemokrat Thomas Jarzombek dort klarer Favorit. Das liegt weniger in seiner Person begründet als im Zuschnitt des Wahlkreises. Die CDU hat ganz im Norden (etwa in Angermund, Kalkum und Wittlaer) sowie im Linksrheinischen viele Hochburgen. Dort holt sie traditionell so viele absolute Stimmen, dass ihr ein Sieg nur schwer zu nehmen ist.
Das hat die Bundestagswahl 2021 bestätigte. Damals rutschten die Christdemokrat:innen aufgrund des unglücklichen Kanzlerkandidaten Armin Laschet flächendeckend ab – und Thomas Jarzombek siegte dennoch mit fast neun Prozentpunkten Vorsprung vor Zanda Martens (SPD).
Spannend wird es für ihn eher nach der Wahl. Die Kandidatur im Düsseldorfer Norden hat er auch deshalb seit vielen Jahren sicher, weil er Vorsitzender der Kreispartei ist. Dort bröckelte seine Macht aber zuletzt spürbar. Thomas Jarzombek muss deshalb in den nächsten zwei Jahren einen für ihn würdevollen Abgang als Parteichef schaffen. Dann ist ihm die Kandidatur im Norden bei der Wahl 2029 aber keineswegs mehr sicher.
Um sich dann mit Mitte 50 beruflich nicht groß neu orientieren zu müssen, wird er im politischen Berlin einen Posten brauchen. Sollte die CDU an der nächsten Bundesregierung beteiligt sein, was derzeit wahrscheinlich ist, steigen die Job-Perspektiven für die Zeit ab 2029. Die nötige inhaltliche Flexibilität bringt Thomas Jarzombek mit, die passende Nähe zu CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann auch.
Für die SPD tritt im Norden erneut Zanda Martens an, die 2021 überraschend über die Liste in den Bundestag gekommen war. Der Schlussspurt des späteren Kanzlers OIaf Scholz sorgte unerwartet für mehr Mandatsträger:innen. In den Jahren danach wurde Zanda Martens in Düsseldorf Parteivorsitzende und in Berlin Expertin für rechtspolitische Fragen.
Sie ist in der Landeshauptstadt ausreichend präsent und führt die Partei mit klarer Struktur. Ihre starke Neigung zum Rationalen könnte in der SPD irgendwann als Herzensmangel ausgelegt werden. Vorerst ist ihre Position aber ungefährdet. Ich rechne damit, dass die Bundes-SPD bis zum Wahltermin noch einige Prozentpunkte im Vergleich zu den aktuellen Umfragewerten gut macht. Damit würden die Chancen von Zanda Martens steigen, wieder über die Liste in den Bundestag einzuziehen. Die Verkleinerung des Bundestags bedeutet für sie allerdings ein zusätzliches Risiko.
Anas Al-Qura’an von den Grünen ist erst 21 Jahre alt und dennoch schon ein erfahrener Wahlkämpfer. 2021 hatte er als zunächst 17-Jähriger über die Liste kandidiert, kurz vor dem Wahltag wurde er volljährig. Damals wie heute kann er auf die Unterstützung der Grünen Jugend setzen, die nicht nur in den bundesweiten Nachrichten eine große Rolle spielt.
Das und mögliche positive Effekte eines Kanzlerkandidaten Robert Habeck könnten Anas Al-Qura’an ein beachtliches Ergebnis bescheren. Der zweite Platz im Wahlkreis ist aufgrund der Stärke der Grünen in der nördlichen Innenstadt möglich, mehr mit Blick auf die CDU-Hochburgen nicht. Anas Al-Qura’an wird voraussichtlich keinen aussichtsreichen Listenplatz bekommen.
Die FDP hat wie erwähnt noch nicht nominiert, aber mindestens für den Norden erscheint die Perspektive klar. Die Liberalen wählten Moritz Kracht im März zum Nachfolger von Marie-Agnes Strack-Zimmermann als Parteivorsitzenden. Traditionell tritt der erste Kandidat der FDP im Norden an, weil sie dort ähnlich wie die CDU viele Anhänger hat.
Sollten die Befürchtungen wahr werden, die mit dem CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz verbunden sind, hilft das Moritz Kracht. Dann geht die Strategie auf, im bürgerlichen Lager als das noch bürgerlichere Angebot wahrgenommen zu werden. Seine Partei wirkt motiviert für den Wahlkampf, auch weil sie bei der Europawahl dem negativen Bundestrend trotzte und in Düsseldorf erneut ein gutes Ergebnis holte.
Einen Nachteil hat der neue Parteichef. Selbst wenn er ab sofort bei jedem Fortuna-Heimspiel im Mittelkreis eine Hymne singen würden, könnte er bis zum Wahltag nicht den Bekanntheitsgrad seiner Vorgängerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann erreichen. Er kann daher meiner Meinung nach kein vergleichbares Resultat bei den Erststimmen schaffen (2021 waren es 13,9 Prozent) – dürfte aber dank seines Netzwerks in der Gesamtpartei einen guten Listenplatz bekommen. Der wiederum setzt voraus, dass die FDP bundesweit mindestens fünf Prozent holt.
Der Wahlkreis im Süden
Für die CDU tritt ein Düsseldorf-Neuling an. Johannes Winkel ist erst vor einem guten Jahr in die Landeshauptstadt gezogen und hier noch mäßig bekannt. Er ist aber Bundesvorsitzender der Jungen Union und dürfte aufgrund dieser Position einen sicheren Listenplatz bekommen.
Zugleich sprechen einige Punkte dafür, dass der 32-Jährige das Direktmandat holt – anders als seine Vorgängerin 2021. Damals unterlag die stark polarisierende CDU-Kandidatin Sylvia Pantel gegen Sozialdemokrat Andreas Rimkus. Dabei spielte auch der erwähnte Laschet-Faktor eine Rolle. Johannes Winkel polarisiert weit weniger, das heißt, selbst wenn der Merz-Faktor durchschlägt, dürfte er besser abschneiden als Sylvia Pantel.
Die größte Gefahr für den JU-Vorsitzenden sind Besonderheiten seines Wahlkreises. Im Düsseldorfer Süden hat die AfD Hochburgen und kann die CDU Stimmen bei den konservativen Wähler:innen kosten. Da kommt Johannes Winkel zur Hilfe, dass er gegen einen schwächer einzuschätzenden SPD-Kandidaten antritt.
Nachdem Andreas Rimkus erklärte hatte, nicht mehr nach Berlin zu wollen, nominierten die Sozialdemokrat:innen Adis Selimi. Der geht mit einigem Ballast ins Rennen. Er ist politisch nicht im Düsseldorfer Süden beheimatet, sondern Vorsitzender des Ortsverbands Mitte-Nord und dort nicht unumstritten. Das zeigte sich auch auf dem Nominierungsparteitag. Dort setzte er sich knapp mit 75 zu 71 Stimmen durch. Das klingt verdächtig nach halbiertem Rückenwind aus den eigenen Reihen.
Die einzige schon bekannte Bewerberin in diesem Wahlkreis ist Sara Nanni. Sie tritt nach 2021 zum zweiten Mal für die Grünen an und möchte im Bundestag bleiben. Dort hat sie sich als Mitglied des Verteidigungsausschusses und als Expertin für die zahlreichen Konflikte auf der Welt profiliert. In Düsseldorf wird sie weniger wahrgenommen, auch wenn Social-Media-Kanäle eine Reihe von Besuchen bei hiesigen Institutionen zeigen.
Entscheidender für sie ist das ausgebaute Netzwerk in der Partei, das ihr sehr wahrscheinlich einen krisenfesten Listenplatz beschert. Sie muss also nicht auf eine Rückkehr der Grünen zu früheren Sympathiewerten setzen. Trotz der Hochburgen in Friedrichstadt oder Bilk scheint ein Direktsieg von Sara Nanni unwahrscheinlich. Das gilt umso mehr, als die Partei Volt insbesondere dort ihre Fähigkeit im Frustrierte-Wähler-Pflegen-und-Übernehmen bewiesen hat.
Die FDP-Kandidatur im Düsseldorfer Süden ist noch offen.
Fazit und die weiteren Parteien
Thomas Jarzombek, Johannes Winkel, Zanda Martens, Sara Nanni und Moritz Kracht haben alle Chancen auf vier Jahre Vollbeschäftigung in der Bundeshauptstadt.
Die AfD und das BSW könnten nach jetzigem Stand der Umfragen ebenfalls in den Bundestag einziehen. Bei Volt ist offen, ob ihr Erfolg bei der Europawahl in diesem Jahr für fünf Prozent im September 2025 reicht.
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