Die Linke in Düsseldorf: Neue Stärke, alte Schwäche

Die Linke hat für die Ratssitzung am 10. Juli ein klares Ziel: Die möchte einen so genannten Ratsbürger-Entscheid erreichen. Gäbe es dafür eine Mehrheit, würde den Düsseldorferinnen und Düsseldorfern bei den Kommunalwahlen im September zusätzlich eine Frage gestellt: Ob sie dafür oder dagegen sind, mehr als eine Milliarde Euro für die neue Oper auszugeben. Geantwortet werden könnte nur mit „Ja“ oder „Nein“.
So weit, so einfach. Als die Fraktionssprecherin Julia Marmulla das erklärt, strotzt sie vor Selbstbewusstsein. Derzeit sei die Formulierung des Antrags im juristischen Feinschliff, dann werde er eingereicht. Was sie nicht erwähnt: Dieser Vorschlag braucht im Rat eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Also müsste auch die CDU dafür stimmen, die Partei also, die den Pro-Opern-Entscheid vorangetrieben hat. Mit anderen Worten: Die Initiative der Linken hat keine Chance. Man könnte sie auch eine Klatsche mit Ansage nennen. Oder sogar mit Absicht.
Wenn das schief geht – womit zu rechnen ist – kann man sagen: Wir haben es immerhin versucht, aber die anderen wollen nicht auf uns hören. Die klassische, vor allem von der AfD gern gewählte Flucht in die Rolle des Unterdrückten, Ungehörten, die des Opfers. Kurioserweise hat man nicht mal in Gesprächen mit anderen Fraktionen nach Unterstützung gesucht, um zumindest mehr Stimmen als die eigenen zu bekommen.
Die eigene Klientel im Blick
Das alles weiß die Linke natürlich. Dennoch investiert sie eine Menge Energie und Zeit in das Vorhaben. Aber warum tut sie das? Wohl, um ihrer Klientel zu beweisen, dass sie deren Interessen im Blick hat. Denn das Kontra-Oper-Argument ist simpel: Man könnte mit diesem vielen Geld Gutes für die Bedürftigen dieser Stadt tun. Soziale Hilfsprogramme schaffen und Einrichtungen unterstützen, die sich um Menschen kümmern, die Hilfe brauchen. Ob das im Fall einer Ablehnung des Neubaus tatsächlich funktionieren würde, ist allerdings unwahrscheinlich.
Also ist der Vorschlag Populismus pur. Zudem lässt er eine ebenfalls einfache Regel außer Acht: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Ein bisschen Butter, Wurst und Käse sind auch ganz nett. Eine Stadt braucht Kultur auf allen Ebenen. Sie ist wichtig für viele Menschen, gehört zur Lebensqualität und ist sogar ein wirtschaftlich relevanter Standortfaktor.
Würden nun solche Projekte auf eine „Ja-Nein-Frage“ zugespitzt und an den Souverän (also uns alle) zurückgegeben, könnte das Ergebnis durchaus aus einer Ablehnung bestehen. Angesichts der gewaltigen in Rede stehenden Summe nicht mal verwunderlich. Sie würde womöglich viele zu einer spontanen Ablehnung verleiten. Das wäre aus meiner Sicht fatal.
Andere umstrittene Großprojekte
Es hat in der Vergangenheit Düsseldorfs mehrmals Projekte gegeben, die gescheitert wären, hätte man sie so zur Entscheidung gestellt: Der Bau der neuen Messe in den 1970er Jahren in Stockum, der Rheinufertunnel in den 1990er Jahren, der Neubau des Flughafens nach dem Brand 1996, die Flughafenbrücke 2002, die Wehrhahn-Linie – alles Vorhaben, deren Preis jeweils im hohen Millionenbereich lagen und damals heftig kritisiert wurden wegen der vermeintlich exorbitanten Kosten. Die am Ende stets höher waren als geplant.
Und heute? Man stelle sich vor: keine neue Messe, kein Rheinufertunnel, keine Wehrhahn-Linie, keine Flughafenbrücke, kein modernisierter Flughafen – die Stadt wäre eine andere. Vor allem wäre sie nicht nur in ihrer Qualität, sondern auch in ihrer Wirtschaftskraft ärmer. Das Beispiel Messe zeigt das drastisch: Der alte Standort an der Fischerstraße (heute steht dort das Ergo-Hochhaus) hätte jede damals dringend benötigte Expansion mangels Platz verhindert, die Messe wäre längst tot. Stattdessen gehört sie nun zu den größten weltweit. Oder der Rheinufertunnel: Auf seinem Deckel flaniert Düsseldorf am Fluss entlang. Vorher gab es dort eine vierspurige Hauptverkehrsader Richtung Stadion und Messe und nur an einigen wenigen Stellen konnten Fußgänger sie queren, um näher ans Wasser zu kommen.
Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.
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