Europawahl 2024: Strack-Zimmermann funktioniert in Düsseldorf – aber nur dort

Das Düsseldorfer Duell bei der Europawahl hat zwei Gewinner:innen hervorgebracht, von denen sich nur einer richtig freuen kann. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Thomas Geisel (Bündnis Sahra Wagenknecht, BSW) ziehen beide ins Europaparlament ein, erlebten aber dennoch nun zwei unterschiedliche Wahlabende: Die Liberalen bewegten sich bundesweit bei enttäuschenden fünf Prozent, holten in Düsseldorf aber 11,2 Prozent der Stimmen. Thomas Geisels neue Partei überholte die FDP aus dem Stand und landete bei 6,0 Prozent. Die Freude darüber wurde insofern getrübt, als das hiesige Ergebnis niedriger lag (4,8 Prozent). Eine zusätzliche Wirkung des Ex-Oberbürgermeisters war also nicht auszumachen. So wechselhaft die Eindrücke bei den beiden Düsseldorfern mit Spitzenpositionen in diesem Wahlkampf waren auch die Resultate der meisten anderen Parteien. Die Düsseldorfer Ergebnisse in der Detailanalyse: CDU (24,9 Prozent): Das Auf und Ab geht weiterDie Stimmung auf der Wahlparty in der Landesparteizentrale an der Wasserstraße war gut, aber nicht euphorisch. Ministerpräsident Hendrik Wüst betonte, dass die Union stärkste Kraft im Bund ist und ließ zugleich erkennen, dass auch ihn das Ergebnis der AfD getroffen hat. Im Stadtgebiet landeten die Christdemokrat:innen auf Platz 1 und legten dabei leicht zu – allerdings gemessen an einem für sie schwachen Ergebnis 2019. Das Resultat war das dritte unter 25 Prozent in den vergangenen fünf Jahren. Die Schwankungen bei der CDU bleiben damit stark, und sind offenbar personenabhängig: Bei der Kommunalwahl mit dem letztlich erfolgreichen OB-Kandidaten Stephan Keller ging es ebenso über 30 Prozent wie bei der Landtagswahl mit Hendrik Wüst. Der gestrige Tag ähnelte im Ergebnis dem Jahr der der Kanzlerkandidatur von Armin Laschet – mit dem Unterschied, dass diesmal gar kein Spitzenkandidat:in zu erkennen war und die Partei einen Ein-Wort-Wahlkampf geführt hat. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst bei der Wahlparty in der Landeszentrale der CDU (links: die Düsseldorfer Kandidatin Miriam Viehmann) Grüne (19,4 Prozent): Die große Niederlage und der kleine TrostDie Grünen haben den heftigsten Verlust des Wahlabends erlitten – bundesweit genauso wie in Düsseldorf. Auf dem Höhepunkt der Fridays-for-future-Bewegung hatte es die Partei bei der Europawahl 2019 auf 29,2 Prozent gebracht. Diesmal waren es fast zehn Prozentpunkte weniger. Selbst wenn man den Sonder-Faktor Klima aus der Rechnung nimmt, bleibt das Resultat bitter. Die Grünen waren zuletzt immer merklich über 20 Prozent gekommen, diesmal reichte es dafür nicht. Zu den wenigen erbaulichen Momenten zählte für die Grünen dreierlei: Sie blieben in den drei zentralen Stadtbezirken jeweils stärkste Partei und Düsseldorf-weit die zweitstärkste. Außerdem lagen sie weit über dem Bundesergebnis. Bittere Stimmung in der Zentrale der Grünen: der Düsseldorfer Landtagsabgeordnete Stefan Engstfeld, die stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Mitte) und die Landesvorsitzende Yazgülü Zeybek. SPD (14,3 Prozent): Schwächstes Ergebnis und der noch kleinere TrostDie hiesigen Sozialdemokrat:innen konnten sich dem Trend der Berliner Politik nicht entziehen und verbuchten deshalb mit 14,3 Prozent ihr niedrigstes Resultat in Düsseldorf. Zusätzlich bitter: In keinem Stadtteil ist die SPD mehr stärkste Kraft, selbst in ihrer Hochburg Lierenfeld fiel sie hinter die CDU zurück. Dennoch hatte der Abend auch ein bisschen was Helles für die Genossen. In der Regel bleibt die Düsseldorfer SPD noch hinter dem Bundesergebnis zurück, diesmal übertraf sie es leicht. Die Wirkung der Arbeit im Stadtrat auf die Stimmabgabe für Europa ist zwar nicht groß. Aber die Ratsfraktion kann das Plus gegenüber dem Bundestrend dennoch als Zeichen sehen, dass insbesondere ihr Einsatz in der Wohnungspolitik nicht unbemerkt geblieben ist. Sabrina Proschmann, Co-Fraktionsvorsitzende der SPD im Düsseldorfer Stadtrat und Europakandidatin ihrer Partei, sah auf ihrem Handy, dass das Düsseldorfer Ergebnis ausnahmsweise besser war als der Bundestrend. FDP (11,2 Prozent): Extra-bürgerlich gepunktetDie Streitbarkeit der Kandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann zu betonen und vielfach praktisch vorzuführen, war bundesweit kein Erfolgskonzept für die FDP. In Düsseldorf sind die Schwarz-Weiß-Plakate mit den polarisierenden Sprüchen hingegen offenbar angekommen. Die Liberalen haben mit 2,7 Prozentpunkten den höchsten Zuwachs unter den größeren Parteien in Düsseldorf geschafft. Die Strategie für die Wahlen im kommenden Jahr hat der Abend auch gleich mitgeliefert. Die FDP sollte vor allem dort für sich werben, wo die CDU stark ist. Sie kann bei der Union offenbar bürgerliche Wähler:innen abwerben. Das gilt für Ober- und Niederkassel ebenso wie für Kalkum und Wittlaer. Dort kamen die Liberalen nahe an 20 Prozent. AfD (8,4 Prozent): In Garath stärkste ParteiBisher war die Europawahl 2019 die Abstimmung mit dem höchsten AfD-Stimmenanteil in Düsseldorf. Nun ist es die Europawahl 2024. Die Partei legte 1,5 Prozentpunkte zu. Eine Ursache: Ist die Wahlbeteiligung in einem Stadtteil niedrig, liegt das Ergebnis der AfD über dem Durchschnitt. Das ist in Lichtenbroich, Rath, Lierenfeld und Hassels so – und ganz besonders in Garath. Dort holte die AfD ein Viertel der abgegebenen Stimmen, mehr als jede andere Partei. BSW (4,8 Prozent): Guter Start dank Garath, Flingern und HolthausenFür das Bündnis Sahra Wagenknecht war es die erste Teilnahme an einer Wahl. In Düsseldorf sind dadurch im Wesentlichen drei Eindrücke entstanden: 1. Die Partei holte dort überdurchschnittlich viele Stimmen, wo früher die Linke und noch früher die SPD erfolgreich waren: In fünf Stadtteilen waren es mehr als sieben Prozent (Garath, Flingern Süd, Holthausen, Rath und Hafen).2. Die Partei nimmt der AfD offenbar nicht wie erhofft Wähler:innen weg. Vielmehr liegt sie dort über dem Durchschnitt, wo auch die Rechtspopulisten mehr Stimmen holen.3. Das Gesamtergebnis von 4,8 Prozent zeigt das Potential für nächstes Jahr. Sollte das BSW bei der Kommunalwahl 2025 antreten, könnte es gemessen am gestrigen Abend in Fraktionsstärke in den Stadtrat einziehen. Für diesen gilt keine Fünf-Prozent-Hürde. Volt: Der Überraschungssieger des AbendsWährend bei den meisten anderen Viel-Plakatieren nicht geholfen hat, konnte Volt erneut auf diesem Weg auf sich aufmerksam machen (&bdquo;Sei kein Arschloch“, &bdquo;Mehr Eis“). Schon bei der Kommunalwahl 2020 holte die Partei zwei Sitze im Stadtrat, nun waren es sogar rund 4,8 Prozent der Stimmen. Die pro-europäische und digitale Ausrichtung der Partei kam vor allem in urbanen Vierteln an – und zeigt den Grünen, wo sie einen Teil ihrer Stimmen verloren haben.

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