Großprojekte in Düsseldorf: Doppelarbeit ist gerade in Mode

Brücke oder Tunnel? Heinrich-Heine-Allee oder Wehrhahn? Eigentlich müsste es auf diese beiden Fragen jeweils eine klare Antwort geben. Eigentlich. Tatsächlich sind im Rathaus noch keine Entscheidungen gefallen – weder zu der Frage, wie die Linie U81 eines Tages den Rhein quert, noch zu der Frage, wo das neue Opernhaus steht. Für beide Großprojekte haben Politik und Verwaltung einen anderen Weg gewählt. Sie lassen beiden Varianten durchrechnen und stimmen erst dann über ihren Favoriten ab. Bei der Oper kam der neue Weg kurzfristig und überraschend. Ende 2021 hatte der Stadtrat beschlossen, dass die Oper nicht saniert, sondern neu gebaut wird. Damals hieß es noch, im ersten Quartal dieses Jahres werde dann festgelegt, wo dieser Neubau steht. Nun aber ist das Ganze um ein Jahr verschoben. In diesen zwölf Monaten wird es einen städtebaulichen Wettbewerb mit 20 Architekturbüros geben. Sie sollen für beide möglichen Standorte (Heinrich-Heine-Allee und Wehrhahn) einen Entwurf machen. So möchten die Verantwortlichen unter anderem erfahren, wie sich das Gebäude im jeweiligen Umfeld auswirkt und an welcher Stelle das höhere Stadtentwicklungspotential liegt. Beim Projekt U81 sah es lange so aus, als würden die Bahnen die Strecke zwischen der Arena und Lörick über eine Brücke zurücklegen. Ein Tunnel unter dem Rhein schien zu aufwändig und zu teuer zu sein. Die Anwohner protestierten aber beharrlich und gut vernehmbar und in der jüngsten Kalkulation war der Preisunterschied zwischen beiden Lösungen gar nicht mehr so groß. Die bisher letzte Untersuchung ergab, dass die Brücke als die wirtschaftlichste und der Tunnel als die &bdquo;vorteilhafteste“ Variante gilt – und das, obwohl dann keine neue Rheinquerung für Fußgänger und Radfahrer entstünde. Und so gibt es auch bei der U81 jetzt freiwillige Doppelarbeit. Die Stadt lässt die Vorplanung in zwei Varianten durchführen und zwei Kostenschätzungen erstellen. Was gegen die Doppelarbeit sprichtIm Wesentlichen sind es zwei Argumente, die gegen dieses Vorgehen sprechen: Die Stadt gibt deutlich mehr Geld aus und sie weckt bei manchen Menschen Hoffnungen oder Ängste, die im Nachhinein unberechtigt sein werden. Am Beispiel der U81 lässt sich gut nachvollziehen, welche finanzielle Dimension eine zweifache Vorplanung und Kalkulation hat. In der Vorlage des Stadtrats heißt es dazu: "Die Planungskosten für die Grundlagenermittlung und Vorplanung erhöhen sich von circa 4,8 Millionen Euro (für die ursprüngliche Brückenvariante) auf circa 11,5 Millionen Euro für die Brückenvariante und die Tunnelvariante.“ Die Differenz beträgt 6,7 Millionen Euro. Beide Großprojekte sind mit Emotionen verbunden. Bei der U81 hoffen die Anwohner:innen der Strecke nun, dass die Bahnen nicht über ihren Köpfen, sondern unter der Erde rollt. Das ist absolut nachvollziehbar. Leider steckt in der Doppel-Planung die Gefahr, dass die Anwohner:innen nur sehr präzise vor Augen geführt bekommen, warum ihre Lieblingsvariante nicht realisiert wird. Die Opern-Planung ist dagegen mit einer Angst verbunden. Der Angst, dass die Einschnitte in den Hofgarten zu heftig werden. Die Aktionsgemeinschaft Düsseldorfer Heimat- und Bürgervereine (AGD) hat dagegen schon protestiert, auch der Heimatverein Düsseldorfer Jonges will das nicht zulassen. Beide und andere Hofgarten-Fans werden also ein Jahr Energie aufwenden, um gegen den Standort Heinrich-Heine-Allee zu argumentieren – und unter Umstände im ersten Quartal 2023 feststellen, dass es eh der Wehrhahn wird. Was für die Doppelarbeit sprichtDas erste Pro-Argument ist zunächst nur kein Contra-Argument: Düsseldorf verliert durch das Vorgehen keine Zeit. In beiden Projekten hätten genau diese Schritte (Vorplanung beziehungsweise Entwürfe passend zum Standort) jetzt angestanden. Die Stadt macht sie nun eben parallel zwei Mal. Die Entscheidung im Stadtrat wird dann aber eine andere sein als sonst. Normalerweise hätten die Politiker:innen aufgrund oberflächlicherer und abstrakterer Aspekte ihre Entscheidung für eine Variante getroffen, die erst danach konkret berechnet und durchgespielt worden wäre. Durch die Doppelarbeit erhalten sie zu beiden Varianten umfangreiches Material, echte Erkenntnisse und damit ein sehr gutes Fundament für ihre Entscheidung. Diese Entscheidung liegt somit näher am Ergebnis. Der Abstand zwischen einem Beschluss des Stadtrats zu solch einem Großprojekt und dessen Eröffnung beträgt schnell ein Jahrzehnt – inklusive aller Veränderungen in dieser Zeit. Wenn man den Abstand verringern kann, gibt es weniger Abweichungen von Vorgaben und Vorhaben. Zugleich löst man sich damit auch von Stimmungen. Plötzliche Trends oder hochkochende Proteste können auch fundamentale Beschlüsse verändern. Kurzfristig werden mehr Kompromisse gemacht und mehr Punkte berücksichtigt, die sich mittelfristig schon wieder erledigt haben. Beschäftigt man sich mit Meinungen, den Fürs und Widers über den langen Zeitraum der Doppelarbeit, gleicht das so mache Spitze in der Debatte aus. FazitEs sind beachtliche Mehrkosten, die die Stadt in Kauf nimmt, um jeweils zwei Varianten zu prüfen. Da es sich aber um die beiden größten Projekte der nächsten Jahre handelt und beide ein Volumen von mehreren hundert Millionen Euro haben, werden die Zusatzausgaben am Ende nur ein oder zwei Prozent der Gesamtsumme ausmachen. Das ist gemessen an der deutlich fundierteren Entscheidung, als es üblicherweise der Fall ist, dann nur das zweitbeste Argument. Diejenigen, die angesichts der Noch-Unentschlossenheit der Verantwortlichen hoffen, dass vielleicht noch eine ganz andere Lösung fällt, muss ich enttäuschen. Eine Oper im Medienhafen oder die U81 auf der Theodor-Heuss-Brücke wird es nicht geben. Für Dreifach-Arbeit gibt es dann wirklich zu wenig Argumente. Weitere Geschichten zum ThemaEine Brücke kommt auf jeden Fall Tunnel siegt im Wettbewerb der Varianten 3,7 Kilometer mehr U-Bahn für Düsseldorf

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