Militärausrüster Boeing sponsert Invictus Games in Düsseldorf – und keinen stört es
Anfang 2022 diskutierte Düsseldorf die Frage, ob Rheinmetall als Sponsor der Sportstadt Düsseldorf und einiger hier aktiver Vereine akzeptabel ist. Es ging also um ein Unternehmen, das einen erheblichen Teil seines Umsatzes mit Waffen macht. Dieser Streit wurde von einigen als verlogen, von anderen als ethisch korrekt eingeschätzt. Ein Initiative der Grünen im Stadtrat, solches Sponsoring zu unterbinden, scheiterte – auch, weil einige Politiker daran erinnerten, dass der Konzern einer der größten Gewerbesteuerzahler der Stadt ist. Die jährlich anfallende Summe wird auf einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag geschätzt. Die Debatte habe ich damals unter der Überschrift „Guter Sponsor, schlechter Sponsor“ dargestellt. Sie würde jetzt auch wieder passen.
Vom 9. bis 16. September ist Düsseldorf Austragungsort der Invictus Games. Das sind Wettkämpfe von Soldatinnen und Soldaten, die im Einsatz für ihr Land an Körper und/oder Seele verwundet wurden. Da Englands Prinz Harry (selbst Afghanistanveteran) diese Spiele zu seiner Herzensangelegenheit machte und sie mit seiner Frau Meghan nach Kräften pusht, haben sie einen enormen Bekanntheitsgrad erreicht. Hintergründe dazu hat mein Kollege Christian Herrendorf in diesem Artikel erläutert.
Was jedoch bei aller Euphorie angesichts dieses Events offenbar nicht wirklich registriert wurde, ist der Hauptsponsor: Boeing. Die in Deutschland vor allem als Flugzeughersteller (Jumbo Jet) bekannte Firma mit Hauptsitz in Seattle im US-Bundesstaat Washington gibt seit Jahren erhebliche Summen für diese Wettkämpfe aus. Dass Boeing aber seine Umsätze vor allem mit Militärfliegern, also Kampfjets wie der F18 Hornet und großen Fliegern wie der Transportmaschine C17 Globemaster macht, ist offenbar den meisten nicht geläufig. Anders als bei Rheinmetall rührte sich jedenfalls keinerlei Protest.
Dazu ein paar Zahlen: Airbus-Konkurrent Boeing steht im Ranking der größten Rüstungskonzerne der Welt deutlich vor dem europäischen Luftfahrtkonzern. Boeing setzte 2020 mit Rüstungsprodukten 32,13 Milliarden Dollar um. Das ist etwas mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes. Damit liegt Boeing auf Platz 3 der 15 weltgrößten Rüstungskonzerne. Was der Konzern so alles anbietet, kann man sich hier ansehen. Also liegt der Schwerpunkt von Tätigkeit und Umsatz beim Militär und nicht beim Bau von berühmten Fliegern wie B747 Jumbo Jet, 787 Dreamliner oder Brot-und-Butter Flugzeugen wie der B737, die einen erheblichen Teil der Lufthansa-Flotte ausmachen und die Air Berlin lange Jahre ausschließlich flog.
Boeing beschäftigt tausende von Ex-Soldaten weltweit und berichtet auf seiner deutschen Internetseite, viele Millionen Dollar zur Unterstützung ehemaliger und/oder versehrter Soldatinnen auszugeben. 2022 waren es nach Unternehmensangaben mehr als 13 Millionen US-Dollar zur Unterstützung von Programmen für den Übergang in die Arbeitswelt nach dem aktiven Dienst und für die Genesung und Rehabilitation. Darüber hinaus hat Boeing in den vergangenen zehn Jahren Programme zur Förderung von aktiven und ehemaligen Soldatinnen und Soldaten sowie deren Familien mit mehr als 70 Millionen US-Dollar unterstützt. Weltweit beschäftigt Boeing mehr als 20.000 ehemalige Militärangehörige.
Zum Vergleich: Rheinmetall ist ebenfalls ein Mischkonzern. Er konstruiert Teile für Autoelektronik und ist außerdem Anbieter von unterschiedlichen Techniken für Pumpen, Hydraulikanlagen oder andere allgemeine Zwecke. Sein Geschäft mit Militärtechnik ist nur ein Teil seiner Aktivitäten und kleiner als der zivile Bereich – jedenfalls bis 2022. Durch den Russlandkrieg verschiebt sich die Verteilung der Umsätze. Wie sie wachsen und wie die Stadt Düsseldorf davon profitiert, habe ich in dem Beitrag Wie und woran Düsseldorf bei Rheinmetall mitverdient beschrieben.
Rheinmetall ist zwar der größte deutsche Rüstungskonzern, aber von den erwähnten 15 weltweit mächtigsten weit entfernt. Selbst der kleineste auf dieser Liste (Huntington, USA) macht deutlich mehr Umsatz mit Waffen, nämlich 8,2 Milliarden Dollar. Der Rheinmetall-Gesamtumsatz stieg im vergangenen Jahr um 13 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro (operativer Gewinn vor Steuern: 754 Millionen Euro = plus 27 Prozent). Mit Waffen und Munition machte das Unternehmen 2022 lauft ZDF knapp 1,5 Milliarden Euro Umsatz. Für dieses Jahr erwartet Rheinmetall einen Umsatz von 7,4 bis 7,6 Milliarden Euro.
Mit diesen Zahlen ist Rheinmetall als eine der 40 größten deutschen Aktiengesellschaften im Dax gelistet. Vor Kriegsbeginn lag das Unternehmen noch auf Rang 59.