OB-Wahl: Fabian Zachel geht für die SPD ins Rennen

Die SPD überrascht doppelt: Sie nominiert ihren Bewerber für den Posten des Rathauschefs noch vor der Sommerpause. Und sie hat sich nicht, wie vielfach erwartet, auf eine Frau verständigt, sondern auf Fabian Zachel. Nach unseren Informationen haben die entscheidenden Gremien sich geeignet, die Parteispitze will ihren Kandidaten in den kommenden Tagen der Öffentlichkeit vorstellen.
Damit ist ein lange laufendes Rennen beendet. Eröffnet hatte es im vergangenen Sommer der frühere Oberbürgermeister Thomas Geisel, als er öffentlich erkennen ließ, dass er gerne noch einmal für die SPD antreten würde. Der Parteivorstand reagierte reserviert und behielt sich vor, den Entscheidungsprozess selbst zu gestalten.
Geisel wechselte Anfang dieses Jahres zum Bündnis Sahra Wagenknecht, anschließend schien vieles für eine Kandidatin zu sprechen. Dabei kursierten vor allem drei Namen: Sandra Scheeres, Cornelia Wilkens und Sabrina Proschmann. In diesem Artikel haben wir das Trio vorgestellt.
Auch Fabian Zachel war dauerhaft im Gespräch und erkennbar bereit. Nun ist die interne Wahl auf ihn gefallen. Er kann sich mehr als ein Jahr lang in der Stadt bekannt(er) machen und als Herausforderer für die OB-Wahl im September 2025 profilieren. Damit hat die SPD in Düsseldorf einen merklichen Vorsprung vor den Grünen.
Der Kandidat hat Abitur am Marie-Curie-Gymnasium in Gerresheim gemacht, Speditionskaufmann gelernt und Betriebswirtschaft studiert, als Personalentwickler und persönlicher Referent von Oberbürgermeister Thomas Geisel gearbeitet und ist heute für die Kontaktpflege zu Politik und Partnern beim Flughafen zuständig. Head of Public Affairs heißt sein Posten offiziell. Wie Fabian Zachels Chancen im Rennen um den Job des Oberbürgermeisters stehen, erörtern wir in unserer Analyse der Stärken und Schwächen.
Stärken
Jung: Für die SPD wird es wie für die anderen Parteien darum gehen, eine Alternative zum Amtsinhaber zu präsentieren, die Bürgerinnen und Bürger in der ersten Sekunde als solche wahrnehmen. Fabian Zachel ist auch ein groß gewachsener Mann, im Unterschied zu Stephan Keller nur einer mit Brille. Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal ist das Alter. Fabian Zachel ist im Wahljahr 40, Stephan Keller 55.
Das kann bei jüngeren Wähler:innen, die zuletzt in großer Zahl von einer zur anderen Partei wechselten, ein Grund sein, diesmal für die SPD zu stimmen. Und das kann als Argument diejenigen überzeugen, denen Stephan Keller als Verwaltungsmensch zu undynamisch wirkt.
Typ sozialdemokratischer Schwiegersohn: Fabian Zachel gehört zu den Menschen, die eine ältere Dame über die Straße begleiten – selbst, wenn die gar nicht auf die andere Seite will. Er lässt wenig Zweifel an der Einschätzung aufkommen, er sei freundlich und höflich und das auf die rheinische Art. Das heißt: Es kann ruhig ein bisschen gespielt und übertrieben sein, Hauptsache herzlich.
Familien-Mensch: Der Sozialdemokrat hat einen kleinen Sohn und präsentiert sich als moderner Vater. Er hat Elternzeit genommen und erklärt in seinen Social-Media-Kanälen bevorzugt in essayistischer Länge, wie ihn diese noch neue Rolle beindruckt und prägt. Das ist textlich ebenfalls ein bisschen drüber, da er aber zum Beispiel keine Fotos seines Sohns zeigt, auch noch im Rahmen.
Interessant für andere Zielgruppen: Der Mensch, den Fabian Zachel nicht nach wenigen Minuten duzt, wird in dieser Stadt noch gesucht. Er ist bei gesellschaftlichen Anlässen gerne mittendrin, eine schweigende Runde in seiner Gegenwart kaum vorstellbar. Sein Einsatzgebiet reicht dabei vom Karneval bis zum Verein „Zukunft durch Industrie“, dessen Vorsitzender er ist.
Das sind nicht zwingend SPD-typische Umfelder und damit könnte der Kandidat auch nicht zwingend SPD-typische Wählerinnen und Wähler erreichen. Verstärkt wird diese Möglichkeit noch dadurch, dass Fabian Zachel gebürtiger Düsseldorfer ist, während in Stephan Kellers Pass Aachen als Geburtsort steht.
Schub aus Berlin: Die OB-Wahl 2025 fällt in dieselbe Zeit wie die Bundestagswahl. Voraussichtlich findet die erste Runde des Rathaus-Rennens zwei Woche vor der Abstimmung für Berlin statt. Die Stichwahl der beiden OB-Kandidaten, die in der ersten Runde die meisten Stimmen holen, findet dann wahrscheinlich am selben Sonntag wie die Bundestagswahl statt.
In der bisherigen Geschichte der Republik haben Kanzler in der Schlussphase eines Wahlkampfs meistens davon profitiert, dass sie Amtsinhaber sind. Das heißt: Die jetzige Niederlage der SPD bei der Europawahl war eine Sanktion, zu der Bürgerinnen und Bürger gerade in der Mitte einer Legislatur neigen. Normalerweise sollte sich Olaf Scholz davon bis 2025 noch ein Stück erholen und die Zahl der SPD-Anhänger wieder steigen. Dieser positive Sog würde auch dem sozialdemokratischen OB-Kandidaten in Düsseldorf helfen.
Schwächen
Politisches Leichtgewicht: Fabian Zachel ist nach eigener Erzählung einst durch den Protest gegen den Verkauf der Düsseldorfer Stadtwerke-Anteile 2003 politisch motiviert worden. Er kandidierte 2014 für den Stadtrat und war damals am erfolgreichen Wahlkampf von Thomas Geisel beteiligt. Zuletzt unterstütze er 2022 den Landtagskandidaten Markus Weske.
Der 39-Jährige ist auf verschiedene Weisen treuer Unterstützer seiner Partei, kennt den politischen Alltag aber nur vom Spielfeldrand. Das ist ein Nachteil, weil er es im Wahlkampf voraussichtlich ausschließlich mit Kontrahent:innen zu tun bekommt, die ihm viele Jahre Erfahrung im Rathaus voraus haben.
Nicht weiblich: Für die CDU tritt 2025 Stephan Keller an, bei der FDP gilt Ulf Montanus als Favorit auf die OB-Kandidatur. Fabian Zachel ist also voraussichtlich einer von drei Männern, die die Wählerinnen und Wähler wahrnehmen. Das erschwert die Profilierung beziehungsweise erhöht die Verwechslungsgefahr.
Man muss sich bewusst machen, dass viele Düsseldorfer:innen selbst am Wahltag nicht mit den Namen der meisten Bewerber vertraut sind. Insbesondere für die Nicht-Stammwähler muss man dann eindeutig auszumachen sein, als der andere. Das wird angesichts der männlichen Konkurrenz eine Herausforderung für Fabian Zachel. Die Grünen werden aller Voraussicht nach Bürgermeisterin Clara Gerlach aufstellen und einen Profilierungs-Vorteil haben.
Ferne zum entscheidenden Thema: Die große Chance der Sozialdemokrat:innen liegt beim bezahlbaren Wohnen. Diese Frage beschäftigt viele Menschen in der Stadt, und die SPD ist die Partei, von der sie gute Antworten erwarten. Die Ratsfraktion hat passend dazu einen Schwerpunkt auf Wohnungspolitik gelegt. Als leitender Angestellter ist Fabian Zachel kein natürlicher Vertreter dieses Themas, er kennt die Sorge nicht oder schon lange nicht mehr aus der Praxis. Es besteht die Gefahr, dass sein Einsatz in diesem Bereich so wirkt wie der Versuch von Bundesfinanzminister Christian Linder, sich als Kenner der Landwirtschaft zu präsentieren.
Übergangskandidat: Die Zukunft der SPD in Düsseldorf gehört voraussichtlich Sabrina Proschmann. Sie hat sich in sehr kurzer Zeit im Stadtrat an die Spitze der Fraktion gearbeitet und sich unter anderem durch ihre Verhandlungen mit dem Oberbürgermeister über ein Wohnungsprogramm einen Namen gemacht. Da sie erst Anfang 30 ist, kommt die OB-Wahl 2025 noch zu früh für sie. 2030 ist das anders. Das ist im politischen Düsseldorf bekannt und kann nächstes Jahr im Wahlkampf gegen Fabian Zachel verwendet werden.
Nicht grün: Die politische Landschaft in Düsseldorf ist einfach zu beschreiben. Das Zentrum ist geprägt von Hochburgen der Grünen, in den übrigen Stadtteilen holt die CDU jeweils die meisten Stimmen. Selbst bei den heftigen Verlusten bei der Europawahl landeten die Grünen noch fünf Prozentpunkte vor der SPD und waren klar zweitstärkste Kraft. Das heißt: Gemessen an den Stammwählerschaften werden die OB-Kandidat:innen von Schwarz und Grün die meisten Stimmen holen und in die Stichwahl einziehen. Fabian Zachel kämpft also auch gegen einen strukturellen Nachteil.
Fazit
Fabian Zachel hat aufgrund seiner Art keine Gegner, sondern nur Menschen, die ihn unterschätzen. Ob zu Recht, wird sich im Spätsommer 2025 zeigen. Für die SPD kommt es dann erst einmal darauf an, es in die Stichwahl zu schaffen. Der 39-Jährige bringt die Kondition und den Antrieb für einen intensiven Wahlkampf mit, der ihm eine Chance darauf einräumt. Aber es wird dennoch mehr als eine Extra-Meile brauchen, um den strukturellen Vorsprung der Grünen in Düsseldorf einzuholen und in der ersten Runde der OB-Wahl mindestens Zweiter zu werden.