Oper: Wahl getroffen, aber alle Fragen offen

Alle warteten gespannt auf die Ergebnisse des städtebaulichen Wettbewerbs zu den beiden möglichen Standorten eines neuen Opernhauses. Ansonsten ist es erstaunlich ruhig in der Debatte um die Zukunft der Oper. Der Operndialog im Rahmen der 2. Bürgerbeteiligung plätschert so dahin, im Internet beteiligen sich nur wenige, in den Expert:innen-Workshops wird über Details diskutiert und von Mitgliedern des Projektbeirates hört man das Stichwort &bdquo;Spielwiese“. Auch die lokalen Medien greifen das Thema Oper immer seltener auf. Eine wirklich öffentliche Debatte mit Leidenschaft sieht anders aus. Woran liegt es? These 1: Sowohl die Bürger:innen als auch die Kommunalpolitik haben zurzeit ganz andere Sorgen als den Opernneubau. Steigende Lebenshaltungskosten, insbesondere bei der Energieversorgung, nach wie vor ungelöste Fragen sowohl beim Thema Wohnen als auch bei der Lösung innerstädtischer Verkehrsprobleme betreffen einfach sehr viel mehr Menschen in unserer Stadt. Wer nicht weiß, wo er sein Fahrrad oder Auto parken kann, wer keine bezahlbare Wohnung mehr in Düsseldorf findet oder vergeblich auf Termine bei städtischen Ämtern wartet, ärgert sich tagtäglich. Dass die Lösung dieser Fragen auch erhebliche Investitionen erfordert, ist wohl auch allen klar, ebenso wie die Tatsache, dass das Geld knapper wird, privat wie auch im Haushalt der Stadt. Fragen Sie mal im Freundes- und Bekanntenkreis oder bei den Arbeitskolleg:innen nach, welche Priorität sie einem Opernneubau für 750 Millionen, plus rapide steigender Bau- und Finanzierungskosten, zuordnen. These 2: Kulturpolitik und -verwaltung haben sich selber in eine Sackgasse manövriert. Die nach wie vor unklare Zielvorgabe, was denn eine &bdquo;Oper für alle“, jetzt ja nur noch &bdquo;Oper der Zukunft“ genannt, wirklich leisten soll, ist wohl auch intern ungeklärt. Lieber werden Selbstverständlichkeiten diskutiert wie ein öffentliches Café, ein einladendes Foyer oder nachhaltige Bauweise sowie barrierefreier Zugang. Auch die frühe Festlegung auf nur zwei Standorte, die beide auch gravierende Nachteile haben, hat die Entscheidungsfindung nicht weitergebracht. Auch die Bedeutung der Bürgerbeteiligung scheint mir nach wie vor unklar zu sein. Sollen da jetzt wirklich Menschen mitreden, die gar nicht in die Oper gehen? Ist das Ganze eine Alibi-Veranstaltung, die in Wirklichkeit überhaupt keinen Einfluss auf Entscheidungen hat? Geht es um ein städtebauliches Leuchtturmprojekt à la Elphi am Rhein oder pragmatische Verbesserung der Arbeits- und Produktionsbedingungen für eine immer noch recht exklusive Kunstsparte, die von immer weniger Menschen genutzt wird? Als interessierter Bürger und Vielfachnutzer Düsseldorfer Kulturangebote erwarte ich von den von mir gewählten Politiker:innen und der Kulturverwaltung, dass sie dazu konkrete grundsätzliche und durchdachte Vorschläge macht, die dann gerne öffentlich debattiert und reflektiert werden sollen. Vielleicht gibt es ja Alternativen, die ich noch gar nicht kenne, die ich bislang anders bewertet habe. Zu so einer Diskussion gehören sicherlich auch Fachleute aus dem Kulturbereich, wie Städtebauer:innen und Architekt:innen. Die groben Ziele müssen dann politisch entschieden werden, aber die Fachplanung würde ich gerne den Fachkundigen, den Profis überlassen. Zur politischen Entscheidung gehört aber auch die Frage der realistischen Finanzierung. Als Bürger habe ich da in vielen Fällen schlechte Erfahrung gemacht. Aus übersichtlichen Summen wurden da schnell immens steigende Millionenbeträge, die angeblich kaum noch steuerbar waren. Beispiele dafür gibt es nicht nur in Köln, auch in Düsseldorf. An anderen Stellen fehlte dann das Geld. Bislang hat meines Wissens nur die SPD eine ausführliches und fundiertes Opern-Papier vorgelegt. Das kann man kritisieren oder gut finden, aber ich weiß zumindest, was diese Partei will. Bei CDU und Grünen bin ich mir da nicht so sicher, da hängt es sehr davon ab, wen man fragt und in welchem Zusammenhang, ob öffentlich oder privat. Auch der OB, als erster Bürger unserer Stadt, irritiert mich gelegentlich. In seiner Grundsatzrede zum Haushalt der Stadt betonte er die Notwendigkeit zur Überprüfung von Ausgaben, zum größten Investitionsprojekt der kommenden Jahre sagte er allerdings überhaupt nichts und dann stimmte er auch noch gegen den Antrag seiner eigenen Mehrheit in Sachen Opernplanung. Und ich vermisse nach wie vor die Meinung vieler meiner Kolleg:innen aus dem Kulturbereich, die sich dezent zurückhalten. Immerhin geht es darum, wo in den nächsten Jahren hunderte Millionen investiert werden sollen oder auch nicht. Eine einfache Lösung, ein breiter Konsens scheint nicht in Sicht, auch die städtebaulichen Entwürfe werden da nur beschränkt weiterhelfen, weil die Kernfrage eine politische ist. Was soll eine Oper der Zukunft leisten und was nicht? Wie viele Millionen will die Stadtgesellschaft dafür investieren? Welche Alternativen sind denk- und umsetzbar? Hilfreich wäre auch etwas mehr Bescheidenheit. Muss es immer die große Wunschliste sein, geht es vielleicht auch eine Nummer kleiner? Mehr Kooperation, mehr Nutzung vorhandener Kapazitäten, mehr Flexibilität und ja, auch mehr Popularität. Was spricht gegen eine Orientierung an den Bedürfnissen einer Stadtgesellschaft, die deutlich vielfältiger und bunter geworden ist? Wir brauchen einen Ort, der auch für Menschen unter 50 attraktiv ist, die nicht unbedingt nur einen &bdquo;weißen“ bildungsbürgerlichen Background haben. Da sind andere Kultursparten deutlich weiter als die traditionelle Operngemeinde. Mit Erfolg übrigens. Der Autor dieses Gastbeitrags Jochen Molck arbeitet als Berater für Kulturinstitutionen, lehrt an der Hochschule Düsseldorf und engagiert sich im Rat der Künste. Er war viele Jahre Geschäftsführer des Zakk. Weiterführender Link Die Entwürfe der Architekten sind hier zusammengestellt.

Oper: Wahl getroffen, aber alle Fragen offen

Oper: Wahl getroffen, aber alle Fragen offen

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

Oberbürgermeister trifft seinen Stimm-Zwilling

Zwei Düsseldorfer Zahnärzte und ihr Lehrling aus Vietnam

Nachhaltige Sneaker: Mit geretteten Wolldecken gegen Fast Fashion