SPD Düsseldorf: Die Last, plötzlich jedermanns Liebling zu sein
In einem Jahr um diese Zeit stecken die Düsseldorfer Parteien mitten im Wahlkampf: für den Bundestag, für die Rathausspitze und den Stadtrat. Bis dahin bleiben noch einige Monate, weitgehend frei von den Zwängen des Wahlkampfs Politik für Düsseldorf zu machen. Welche Entscheidungen sind noch erforderlich und möglich, welche Kompromisse denkbar – diese Frage erörtere ich in unserer Serie zum Stadtrat. Bisher sind darin die Folgen „Die CDU begibt sich in Gefahr: Sie ist siegessicher“ und „Grüne können auch Erfolg – zumindest, wenn sie Bezirksbürgermeister sind“ erschienen. In diesem Text geht es um die SPD.
Die sozialdemokratische Ratsfraktion feiert Im September ihr traditionelles Sommerfest in der Brauerei Schumacher an der Oststraße. Und die Organisator:innen müssen voraussichtlich ein paar Platten mehr fürs Büffet bestellen. Während im vergangenen Jahr CDU-Bürgermeister Josef Hinkel zu den wenigen Gästen ohne rotes Parteibuch zählte, könnte die Gästeliste in diesem Jahr länger werden – und zwar fraktions-übergreifend.
Mit Oberbürgermeister Stephan Keller, der CDU und der FDP hat die SPD vor der Sommerpause den Neubau der Oper am Wehrhahn gemeinsam besprochen und beschlossen. Auch die neue Doppelspitze der Grünen im Stadtrat dürfte ein Interesse haben, die diplomatischen Beziehungen zur hiesigen Sozialdemokratie zu pflegen. Sie alle können sich dem Vernehmen nach gut vorstellen, nach der Kommunalwahl mit den Genossen eine Mehrheit im Rat zu bilden.
Diese flächendeckende Beliebtheit der SPD erscheint insofern erstaunlich, als die SPD es nicht darauf angelegt hat. Die Co-Vorsitzende der Fraktion, Sabrina Proschmann, hat vielmehr sogar gezeigt, mit welcher Härte sie diskutiert und verhandelt – vor allem in der Wohnungspolitik. Aber gerade das erwähnen die Vertreter:innen der anderen Fraktionen besonders oft, wenn sie ihre neuen Sympathien erläutern. Vor wenigen Jahren prägten noch in die Jahre gekommene Herren die Einschätzung der Konkurrenz und führten zu wenig Lust auf vertiefte Kontakte.
So angenehm Anerkennung und Zuspruch sind, leichter machen sie das Leben für die Düsseldorfer SPD nicht. Sie steht vor mehreren Herausforderungen:
1. Programm und Erfolge sichtbar machen
2. Eine Bühne für Oberbürgermeister-Kandidat Fabian Zachel schaffen
3. Den Generationswechsel im Rat vollenden
Zu den Punkten im Detail:
Programm
Für eine Oppositionsfraktion hat die SPD in den vergangenen eineinhalb Jahren bemerkenswerte Erfolge erreicht. Sie hat dabei die Suche des Oberbürgermeisters nach Ja-Stimmen für die neue Oper geschickt genutzt. So beschleunigte sie die städtische Wohnungspolitik maßgeblich und verbesserte die Lage der Kultur- und Stadtteilzentren.
Das Problem: Bisher staunt über diese Erfolge vor allem die politische Blase. Außerhalb dieser ist es deutlich schwieriger zu vermitteln, dass und wie die SPD für Fortschritt gesorgt hat – auch weil es noch Jahre dauert, bis aus den jetzigen Beschlüssen Wirklichkeit wird, also zum Beispiel Mieten spürbar günstiger werden.
Die Sozialdemokrat:innen müssen es nun schaffen, die noch virtuellen Erfolge sichtbar zu machen. Dabei sind sie sich selbst die größte Gefahr. Denn eine ganze Reihe von Ratsmitgliedern möchte dann doch noch ein paar Partikular-Interessen und private Vorlieben berücksichtigt wissen. Daraus wird schnell eine Zahl von Themen, die sich nur schwer kommunizieren lässt.
Es braucht einen Fokus auf sozialdemokratische Fragen. Streng genommen gehören dazu weder die Klima- noch die Verkehrs- und auch nicht die Kulturpolitik. Die SPD kann sich als Partei der Wohnungspolitik profilieren. Daneben hat OB-Kandidat Fabian Zachel angedeutet, dass der Fachkräftemangel den Pflege-Bereich besonders trifft und er dem entgegenwirken möchte. Ein drittes mögliches SPD-Thema wäre Integration.
OB-Kandidat
Die Partei hat Fabian Zachel früh als ihren Bewerber präsentiert und nun viel Zeit, mit ihm zu überlegen, wie er Oberbürgermeister werden könnte. Der Kandidat selbst geht diese Herausforderung an, indem er der Welt sehr rege sein Gesicht und mit diesem Ausschnitte aus seiner Welt zeigt. Insbesondere über Videos in Sozialen Netzwerken versucht Fabian Zachel, Sympathien als leidenschaftlicher Düsseldorfer zu gewinnen. Die Botschaft: Er ist hier viel unterwegs und kennt seine Heimatstadt gut.
Das ist für eine erste und frühe Phase des Wahlkampfs keine abwegige Strategie. Sie beinhaltet allerdings keine klaren Kanten. Die politischen Positionen sind bisher nur unwesentlich härter als der Satz „Zukunft ist für alle gut“. Fabian Zachel sitzt nicht im Stadtrat, diese Bühne fällt zur Profilschärfung also weg. Die Partei muss bald andere Möglichkeiten für ihren Kandidaten finden.
Zusammenfassend kann man sagen: Die Fraktion im Rat hat gute Politik gemacht, das bekommen aber bisher nur wenige Leute mit. Mehr Aufmerksamkeit erhält ihr Bewerber, der aber noch keine klaren Ziele formuliert hat. Das ergänzt sich entweder ungewollt genial oder ist ein heftiger Zwiespalt.
Nächste Ratsfraktion
Nach der Kommunalwahl 2020 holten einige jüngere Sozialdemokrat:innen Sitze im Rat, es dominierten aber noch diejenigen, die dem Gremium schon in den Nuller Jahren angehörten. Die Jungen haben nun genug Erfahrung gesammelt, um künftig voranzugehen – wenn die Älteren denn zulassen, den Generationenwechsel zu vollenden.
Und selbst dann gibt es noch eine Herausforderung: OB-Kandidat Fabian Zachel hat angekündigt, in den Rat einziehen zu wollen. Die Partei muss ihn bei der Kommunalwahl also auf Listenplatz eins setzen und die Fraktion ihn anschließend mit einer prominenten Aufgabe versehen. Das engt den Raum für Sabrina Proschmann ein, der die SPD ihren Erfolg im Rat wesentlich zu verdanken hat.
Bisher treten die beiden einmütig auf. Sollte es Platzprobleme geben, wird dies voraussichtlich erst nach der Kommunalwahl sichtbar.
Fazit
Die Kommunalwahl findet parallel zur Bundestagswahl statt. Deshalb wird es eine überdurchschnittliche Beteiligung bei den Abstimmungen geben, meist hilft dies der SPD. Hinzu kommt, dass sie wahrscheinlich auch vom Amtsbonus des Bundeskanzlers profitieren kann.
Die Düsseldorfer Sozialdemokrat:innen besitzen folglich gute Chancen, im nächsten Stadtrat wieder stärker vertreten zu sein als jetzt mit 16 Sitzen. Zugleich könnte 2025 aber auch das Jahr sein, indem die SPD erstmals nicht in die Stichwahl um den Posten des Oberbürgermeisters einzieht. Das wäre der Fall, wenn die Kandidat:innen von CDU und Grünen die meisten und zweitmeisten Stimmen holen.
Die Folge wäre eine Last, die jetzige Erfolge und vordere Plätze auf Beliebtheitsskalen schnell vergessen machen würde.
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