Vorschlag: Düsseldorfer Oper in Duisburg
In der Debatte um die Düsseldorfer Oper fehlt bisher eine Frage. Die Beteiligten diskutieren darüber, ob das bisherige Gebäude an der Heinrich-Heine-Allee saniert oder ob ein Neubau geschaffen werden soll. Angesichts einer klaren Präferenz für Letzteres geht es dann vor allem um den Standort. Rheinpark, Wehrhahn und Medienhafen heißen die Favoriten. Und es gibt auch noch einige, die erörtern, was die Stadt neben Oper und Ballett in dem Gebäude noch bieten sollte, um es für mehr Bürger*innen interessant zu machen. Dabei fehlt aber folgende Frage: Brauchen wir überhaupt eine Oper, wünschen sich die Düsseldorfer*innen überhaupt ein saniertes oder neues Gebäude?
Wenn man nicht mit der Frage des „Wie“, sondern beim „Ob“ anfängt, und dann die „Variante Nein“ durchspielt, entstehen neue Perspektiven. Eine davon möchte ich hier vorstellen: die Düsseldorfer Oper in Duisburg. Es gäbe dann keine Oper mehr in der Landeshauptstadt, sondern ausschließlich eine in Duisburg, die beide Städte betreiben.
Zum Hintergrund: Die beiden Städte haben 1956 eine bis heute bestehende Opernehe geschlossen, die Deutsche Oper am Rhein hat deshalb zwei Spielstätten. Die Rahmenbedingungen sind in beiden Häusern gleich, damit Produktionen gleichermaßen in Düsseldorf und in Duisburg möglich sind. Premieren finden entsprechend mal dort und mal hier statt.
Und nun vier Gründe, die für die Idee der Düsseldorfer Oper in Duisburg sprechen:
Die Kosten
Nach Angaben der Stadt kostet eine Sanierung des Gebäudes an der Heinrich-Heine-Allee mindestens 457 Millionen Euro. Die grobe Schätzung für einen Neubau beginnt bei 636 Millionen Euro. Die Erfahrung solcher großen Bauprojekte lehrt, dass die Summe im Laufe der Jahre noch steigt. Es ist schön, in einer Stadt zu leben, in der solche Ausgaben diskutiert werden können. Aber das heißt nicht, dass man so viel Geld auch wirklich ausgeben muss. Zumal bei einem Neubau noch die Investitionen für die entsprechenden Inhalte hinzukämen. Die Oper könnte ein solches Haus nicht mit den heutigen Mitteln bestreiten. Sie müsste einen größeren Etat für ein Programm erhalten, das dem Gebäude angemessen ist.
Die Stadt könnte stattdessen andere Schwerpunkte im Haushalt setzen. Das gilt insbesondere für bezahlbaren Wohnraum, ein Thema, das im Vergleich zu vielen anderen noch keinen herausgehobenen Stellenwert im städtischen Etat hat. In Düsseldorf wurde zwar viel gebaut und das Handlungskonzept Wohnen sieht auch größere Anteile öffentlich geförderter und preisgedämpfter Wohnungen vor. Die Mietpreise hat das aber noch nicht wesentlich beeinflusst. Das würde geschehen, wenn die Stadt deutlich mehr selber bauen würde.
Echte regionale Zusammenarbeit
Eine gemeinsame Oper in Duisburg würde eine neue Form der Kooperation und der Solidarität bedeuten. Düsseldorf tauscht sich in verschiedenen Netzwerken mit den Kommunen in der Region aus, und es gibt zum Beispiel im Nahverkehr oder im Tourismus gemeinsame Projekte. Das hat das Konkurrenz- und Kirchturmdenken gemildert. Aber zu sagen „Wir verzichten auf eine Oper auf unserem Stadtgebiet und betreiben sie gemeinsam in der Nachbarstadt“ wäre noch einmal etwas anderes, ein wirklich herausragendes Beispiel für regionale Zusammenarbeit.
Zu interkommunalen Zusammenschlüssen kommt es meistens aus der Not heraus. Hier geschähe das freiwillig. Und wäre damit auch Ausdruck einer echten Solidarität. Duisburg leidet immer noch an den Folgen des Strukturwandels. Die Stadt kann nicht so agieren wie Düsseldorf, und das liegt nicht an mangelnder wirtschaftlicher Kompetenz. Es liegt vor allem an weitaus geringeren Gewerbesteuer-Einnahmen und im Vergleich deutlich höheren Sozialausgaben, verursacht durch bundespolitische Gesetzgebung. Wenn man nun gemeinsam ein attraktives Kulturangebot schafft, würde das Duisburg helfen.
Das Gebäude
Das Stadttheater in Duisburg, in dem die Oper beheimatet ist, kennen viele Düsseldorfer nicht. Wie schade das ist, zeigt unser Foto dieses schönen Baus. Er entstand 1911 und 1912, wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und danach äußerlich weitgehend unverändert wieder aufgebaut. Das Stadttheater bietet heute 1118 Zuschauern Platz. Sein Vorbau wird von zwölf Meter hohen Säulen getragen und greift damit antike Vorbilder auf. Auf dem Dreiecksgiebel steht ein Zitat aus Friedrich Schillers „Huldigung der Künste“:
Mit allen seinen Tiefen seinen Höhen
Roll ich das Leben ab vor deinem Blick,
Wenn du das große Spiel der Welt gesehen
So kehrst du reicher in dich selbst zurück
Die Anbindung
Als Argument gegen die Idee der Düsseldorfer Oper in Duisburg könnte man die Anreise anführen. Allerdings ist diese erstaunlich leicht. Mit dem Auto braucht man vom Düsseldorfer Stadtzentrum bis in die Tiefgarage gegenüber dem Duisburger Theater etwas mehr als 20 Minuten. Menschen, die nördlich der Düsseldorfer Innenstadt wohnen, schaffen es noch schneller.
Wer auf den öffentlichen Nahverkehr setzt, kann mit dem Regionalzug in 17 Minuten vom Düsseldorfer zum Duisburger Hauptbahnhof fahren und dort für zwei Stationen die Straßenbahn nehmen oder zwölf Minuten laufen.
Info: Die Stadt Düsseldorf veranstaltet unter dem Titel „Oper neu denken“ mehrere Foren für Bürger*innen. Eine Aufzeichnung des ersten Dialogforums ist hier zu sehen, zwei weitere sind für den 10. Juni und den 25. August geplant. Die anderen Möglichkeiten, sich an den Foren zu beteiligen, etwa der Ideen-Austausch, sind hier zu finden.
Weiterführende Links
In der Mitgliederzeitung des Heimatvereins Düsseldorfer Jonges, „Das Tor“, gibt es in der Juni-Ausgabe ein Pro & Contra zur neuen Oper (Seite 4 bis 6).
Der frühere Zakk-Chef Jochen Molck hat einen Gastbeitrag zum Thema für die „Rheinische Post“ geschrieben.
Zum Stadttheater Duisburg und seiner Geschichte gibt es ein Youtube-Video.