Wahl-Statistik für Düsseldorf: Viele leise Verlierer, Linke stärkste Kraft in zwei Stadtteilen

Im Düsseldorfer Rathaus und auf der Party der Grünen in Flingern Süd erinnerte am Sonntag wenig an einen Wahlabend. Vielmehr ähnelte das Ganze einem WM-Achtelfinale zwischen Costa Rica und der Schweiz. Der Fernseher läuft, die Leute gucken ab und zu hin, aber große Emotionen löst das Geschehen auf dem Bildschirm nicht aus. So freute man sich über die hohe Wahlbeteiligung und nahm die weiteren Resultate zur Kenntnis: Düsseldorf ist künftig nur noch mit drei Abgeordneten im Bundestag vertreten. Thomas Jarzombek und Johannes Winkel (beide CDU) gewannen in den hiesigen Direkt-Wahlkreisen, Sara Nanni (Grüne) zog dank ihres sicheren Listenplatzes zum zweiten Mal ins Parlament ein. Deutlich spannender als ein müdes Achtelfinale war der Blick in die Tiefe der Ergebnisse, in die Stadtteile und Stimmbezirke. Dort gab es einige Überraschungen und erstaunlich viele leise Verlierer:innen, wie unser Überblick zeigt: CDU (28,0 Prozent der Zweitstimmen in Düsseldorf)Bei den Christdemokrat:innen kursierte vor der Prognose das Gerücht, die Union werde bundesweit mehr als 33 Prozent holen. Deshalb gingen die Protagonist:innen um 17.59 Uhr schon in die Hocke – und sprangen eine Minute später dann doch nicht hoch. Gemeinerweise verursachte die ARD eine doppelte Ernüchterung. Sie zeigte zunächst nur den Balken für die CDU (rund 23 Prozent), der anschließend auch in der Addition mit dem CSU-Resultat nicht über 30 Prozent wuchs. Prognose ernüchtert die erste Reihe bei der CDU-Wahlparty, unter anderem mit den Direktkandidaten Johannes Winkel und Thomas Jarzombek, Ratsfraktionschef Rolf Tups, Oberbürgermeister Stephan Keller sowie den Landtagsabgeordneten Angela Erwin, Peter Blumenrath, Marco Schmitz und Olaf Lehne. So begann ein &bdquo;Kann-ja-noch-werden“-Abend, an dem Hochrechnungen scheinbar spur- und die erste Rede von Friedrich Merz tonlos an den Beteiligten vorbeizog. Johannes Winkel, Bundesvorsitzender der Jungen Union und Direktkandidat im südlichen Düsseldorfer Wahlkreis, bearbeitete in dieser Zeit beständig Krawatte und Kragen seines Hemds. Er musste trotz Sieg im Wahlkreis um den Einzug in den Bundestag fürchten – wegen der Wahlrechtsreform und falls die Reserveliste nicht weit genug zog. Am Ende reichte es. Kreisparteichef Thomas Jarzombek schien frei von solchen Sorgen und wurde am Ende des Abends in seiner Unbekümmertheit bestätigt. Er verbesserte sein Resultat im Vergleich zu 2021 um rund fünf Prozentpunkte, und die Partei lag in 40 von 50 Stadtteilen vorn. Den Spitzenwert gab es in Niederkassel mit rund 45,9 Prozent. Besorgniserregend waren allerdings einige Entwicklungen im Düsseldorfer Süden. Dort holte die CDU nur etwas mehr als 25 Prozent der Stimmen. Wenn sie die verlorenen Wähler:innen suchen sollte, wird sie sie vermutlich bei der AfD finden, die im Süden der Stadt fast 13 Prozent schaffte. SPD (18 Prozent der Zweitstimmen in Düsseldorf)Die Düsseldorfer Sozialdemokratie ist ab sofort weder im Bundes- noch im Landtag vertreten. Bis jetzt waren Zanda Martens und Andreas Rimkus Teil der SPD-Fraktion in Berlin. Die eine verpasste den Wiedereinzug aufgrund eines schlechten Listenplatzes. Der andere kandierte nicht noch einmal, und sein Nachfolger Adis Selimi unterlag im Rennen um das Direktmandat mit einem Abstand von fast sechs Prozentpunkten. Einziger Hoffnungsschimmer in parlamentarischer Hinsicht: Der frühere Landtagsabgeordnete Markus Weske wird voraussichtlich nach der Kommunalwahl ins NRW-Parlament nachrücken. Applaus gab es bei der Wahlparty daher erst einmal nur für die Ergebnisse der anderen. Laut wurde es, als FDP und BSW in der ersten ARD-Prognose unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde lagen, ein paar Besucher klatschen auch für das gute Ergebnis der Linken. Der spätere Abend brachte wenig Veränderungen: Die SPD hat weniger Hochburgen als die Linke. Nur in einem Stadtteil, in Lierenfeld, holte sie die meisten Stimmen – mit 23,3 Prozent. Zanda Martens und Adis Selimi hatten es früher am Abend mit einer ersten Bewertung des SPD-Ergebnisses versucht. &bdquo;Das ist das Paradoxe. Wir haben eigentlich nichts falsch gemacht“, sagte die hiesige Parteivorsitzende und jetzt Ex-Abgeordnete. Außenpolitische Ereignisse, das dominante Migrationsthema und eine sabotierende FDP hätten die gute Arbeit der Sozialdemokraten überschattet, lautet ihre Erklärung für die enormen Verluste im Bund. &bdquo;Das ist eine bittere Niederlage, muss man nicht lange drumherum reden“, sagte Adis Selimi. Die Düsseldorfer SPD-Parteivorsitzende Zanda Martens am Wahlabend auf der Suche nach positiven Ergebnissen für ihre Partei. Andreas Rimkus vertrat bis jetzt die SPD im Bundestag. Für das neue Parlament hatte er nicht mehr kandidiert. Grüne (17,7 Prozent der Zweitstimmen in Düsseldorf)Die Vertreter:innen von Partei oder Ratsfraktion feierten nicht im Rathaus, sondern sechs Kilometer entfernt in der Event-Location &bdquo;Dr. Thompson’s“ in Flingern Süd. Die offizielle Erklärung lautete, man habe viele neue Mitglieder und daher einen Raum gemietet, der groß genug für alle ist. So wenig, wie man darin eine merkwürdige Botschaft an die anderen Parteien sehen wollte, so wenig schien die Stimmung zu trüben zu sein. Dabei gab es statistisch einigen Anlass: Die beiden Direktkandidierenden verloren im Vergleich zur Bundestagswahl 2021 jeweils mehr als drei Prozentpunkte. Das Zweitstimmen-Resultat ist das schwächste seit acht Jahren. Bei der Europawahl 2024 war die Partei erstmals wieder knapp unter 20 Prozent gerutscht. Nun waren es keine 18 Prozent mehr und nur noch Platz drei hinter der SPD. Dazu passt die Entwicklung bei den Hochburgen. Die Zahl der Stadtteile, in denen die Grünen die stärkste Partei sind, sank auf fünf: Unterbilk, Friedrichstadt, Flingern Nord, Bilk und Stadtmitte. Von früheren Werten jenseits der 30 Prozent war man auch dort überall weit entfernt. Fernsehabend statt Wahlparty: die Bundestagsabgeordnete Sara Nanni (links) im Gespräch mit Parteisprecherin Sophie Karow. AfD (11,3 Prozent der Zweitstimmen in Düsseldorf)Die Partei hat in Düsseldorf erneut hinzugewonnen: Nach 8,4 Prozent bei der Europawahl im vergangenen Jahr waren nun zwei wesentliche Resultate zweistellig: Direktkandidatin Andrea Kraljic holte 13 Prozent im Süden, der Anteil bei den Zweitstimmen im gesamten Stadtgebiet lag bei 11,3 Prozent. Und nachdem die AfD bei der Abstimmung 2024 schon in einem Stadtteil die meisten Stimmen aller Parteien geholt hatte, waren es nun zwei: Garath (31,0) und der Hafen (21,8). Die Linke (10,5 Prozent der Zweitstimmen in Düsseldorf) Die Ratsfraktion der Linken und weitere Mitglieder der Partei feierten ihre Erfolge in Berlin und Düsseldorf. Wahlabende im Rathaus liefen in den vergangenen Jahren immer bitter für die Linke. Meist war kurze Zeit nach der ersten Hochrechnung rund um die rote Fahne niemand mehr zu sehen. Umso mehr genossen die Beteiligten den gestrigen Abend. Der Sekt war schon vor 18 Uhr offen, mit den Gläsern in der Hand engagierten sich die Protagonist:innen als Stimmungsbeauftragte bei den anderen &bdquo;Partys“. Wie viel Grund zum Feiern es gab, wurde erst später klar. In zwei Stadtteilen war die Linke stärker als alle anderen Parteien: in Flingern Süd (22,8) und Oberbilk (21,0). FDP (6,8 Prozent der Zweitstimmen in Düsseldorf) Gruppenbild der FDP-Spitze (von links): die stellvertretende Vorsitzende der Ratsfraktion, Christine Rachner, die Direktkandidierenden Moritz Kracht und Lida Azarnoosh und Fraktionschef Mirko Rohloff. Auf den Ausgang des Abends waren die Düsseldorfer Liberalen offenbar mental vorbereitet. &bdquo;Wir sind Nahtod-Erfahrungen seit 1949 gewöhnt“, sagte einer der FDP-Repräsentanten im Rathaus. Anders als im Bund holte die Partei in Düsseldorf zwar mehr als fünf Prozent der Zweitstimmen, aber dennoch für ihre Verhältnisse ein bitteres Ergebnis. 2021 hatten beide Direktkandidieren zweistellige Resultate, nun war es jeweils weniger als die Hälfte. Positive Werte musste man im Detail suchen und konnte man tatsächlich nur dort finden: Im Stimmbezirk 4104 an der Cimbernstraße in Oberkassel holten die Liberalen 15,5 Prozent. Sonstige Das Bündnis Sahra Wagenknecht kam in Düsseldorf auf rund 4,2 Prozent der Zweitstimmen. Von den übrigen kleineren Parteien schafften es Volt und Die Tierschutzpartei auf Werte um 1,0 Prozent. Zum Schluss noch eine besonders schöne Zahl: 92,7. So hoch lag die Wahlbeteiligung in Himmelgeist.

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