Wahl-Videos: Von Boulevard-Theater bis Flug-Show

Eine gedruckte Zeitung in einem Internet-Video zu nutzen, ist ungefähr so zielführend wie die Ansprache „Hey kids“. Mit einer gedruckten Zeitung beginnt eines der jüngsten Videos, mit denen der OB-Kandidat der SPD von sich überzeugen möchte. Fabian Zachel betrachtet eine Geschichte in der „Rheinischen Post“ und tut so, als würde er die Fraktionsvorsitzende Sabrina Proschmann anrufen, die ebenfalls eine Print-Ausgabe vor sich hat.
Durch regelmäßige Schnitte entsteht der Eindruck eines Dialogs über den Zeitungsartikel. Der Kandidat spielt Kandidat und kämpft sich auf Augenhöhe mit dem Lebenswerk von Peter Steiner. Für die Jüngeren: Das war in Zeiten, als gedruckte Medien noch gängig waren, ein Darsteller, der mit seinem bayerischen Boulevard-Theater auf RTL zu sehen war. Heute nicht mehr vorstellbar.
Dass Videos dieses Jahr eine wichtige Rolle spielen werden, haben alle politischen Protagonist:innen in Düsseldorf früh erkannt. Sie probierten im vergangenen Jahr einiges aus und erhöhten ihre Reichweite. Aber spätestens jetzt nach der Bundestagswahl wird es ernst, jetzt sollten die bewegten Bilder die Wählerinnen und Wähler erreichen. Ich habe deshalb die jüngeren Beiträge der OB-Kandidat:innen von CDU, SPD, Grünen und FDP analysiert: Was sind ihre Themen? Wie lange dauert es, bis die Botschaft erkennbar wird? Wie hoch sind Sympathie- und Peinlichkeitsfaktor?
Stephan Keller
Der Oberbürgermeister hat entweder schon ordentlich Spenden gesammelt oder bei der CDU ist noch Geld aus dem Bundestagswahlkampf übrig. Die Partei und ihr Kandidat investieren erkennbar viel Geld in Videos, die ein Festival von Filtern und Flugeinlagen sind. Alles ist in Bewegung: der Bewerber ebenso wie die Kameras. Sie schweben durch Räume, kreisen über die Stadt und gehen vorweg, wenn er erläuternd durch Düsseldorf schreitet.
Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.
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