Das Carbonara-Duell
Der Ursprung und Bedeutung des Rezepts
Hans
Der Ursprung des alten Rezeptes ist zwangsläufig ein einfacher. Denn die Menschen, die es erfunden haben, nämlich die Köhler (Holzkohlemacher) waren oft tagelang im Wald, um aus geschlagenem Holz Holzkohle (italienisch: Carbone) zu brennen. Sie hatten weder Kühlschrank noch andere Annehmlichkeiten, aber sie hatten Nudeln, Eier, Speck und Käse dabei. Daraus entstand die Idee: Speck braten, Eier mit dem geriebenen Käse vermischen, diesen zähflüssigen Brei unter die Nudeln geben und den gebratenen Speck darüber – fertig waren Nudeln nach Art der Köhler: Carbonara.
Wir, die wir heute im Luxus leben, erlauben uns, lediglich das Eigelb zu nehmen. Eine Glaubensfrage. Dringender Tipp der besten Köchin meines Lebens: In die Pfanne mit dem Speck und den Nudeln eine Kelle vom Wasser geben, in dem Spaghetti gegart wurden. Das macht das Ganze geschmeidiger. Ich hab’s probiert. Und sie hat, wie immer, Recht.
Der andere Lehrmeister, der mir Carbonara beibrachte, war ein Koch in der toskanischen Stadt Cortona. Dort machte ich vor Jahren einen vierwöchigen Sprachkurs. Mit meiner damaligen Lehrerin ging ich oft zum Essen in eine besondere Trattoria. Die Eigner: ein Türke und eine Italienerin. Er stand am Herd, sie bediente – und seine Pasta war zum Niederknien. Er verriet mir den Trick mit dem Ei: nur das Gelbe.
Was in Deutschland als Spaghetti Carbonara auf den Teller kommt, wäre für ihn nicht akzeptabel. Jedenfalls nicht unter diesem Namen.
Christian
Da Pathos die Hauptzutat des Kollegen Onkelbach zu sein scheint, versuche ich in dieser Hinsicht ein paar Pluspunkte zu machen: Spaghetti Carbonara war das erste Rezept, das ich als Kind kochen konnte. Ich habe es von meiner Mutter gelernt (an dieser Stelle vergesse ich leider Mama zu sagen). So wusste ich früh, wie man Nudeln richtig zubereitet und dass Kochen großen Spaß macht.
Die Mit-Sahne-Version meiner Mutter hatte einen großen Vorteil. Sie beeindruckte sogar einen Menschen mit dem Energiebedarf eines Zwölfjährigen. Zumindest vorübergehend. Das hat sich später in eine Herausforderung gewandelt. Während des Studiums war ich nach einer Portion Carbonara mehrere Stunden nicht lernfähig. Heute esse ich nach unserem Rezept vorwiegend am Wochenende oder abends, wenn ich nichts mehr vorhabe.
Aber meine Liebe ist ungebrochen. Die meisten anderen Gerichte meiner Kindheit esse ich inzwischen nur noch ein, zweimal im Jahr. Diese Sauce aber ist ein treuer Begleiter durch alle zwölf Monate – und die viersilbige Frage meiner Mutter („Carbonara?“), wenn ich sie zum Essen besuche.
Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.
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