Das noch unbekannte Steakhaus in der Düsseldorfer Altstadt 

Anfang 2024 hat das Estilo Campo an der Berger Straße eröffnet. Inhaber und Küchenchef sind Argentinier, haben deshalb eine sehr gute Quelle für ihr Fleisch – und trotzdem gleich mehrfach das Wort vegan auf der Karte stehen.
Veröffentlicht am 26. Februar 2024
Estilo Campo in Düsseldorf
Das Estilo Campo hat unten ein paar Plätze an der Küche und in der ersten Etage (hier zu sehen) jede Menge.

Restaurants in der Altstadt kommunizieren deutlich. Große Schilder, große Buchstaben, große Fotos (von Gerichten, die selten so schön auf den Tisch kommen). Dazu steht oft noch ein Mitglied des Teams für den Erstkontakt vor der Tür. Und gegen Restzweifel an der eigenen Sichtbarkeit gibt es Flammensäulen und eine Tiefladerladung Terrassenmobilar. 

Das Estilo Campo hat ein Schild, eine Speisekarte im Glaskasten, einen Tisch mit zwei Stühlen auf der Berger Straße. Im Übrigen signalisiert nur das Licht von drinnen, dass man täglich von mittags bis spätabends geöffnet hat. Wir wurden bei unseren Testbesuchen (unser Fotochef Andreas Endermann und ich waren an verschiedenen Tagen unterwegs – und natürlich wie immer anonym) allerdings um so herzlicher empfangen. Wir konnten wählen zwischen den wenigen Erste-Reihe-Plätzen gegenüber der offenen Küche und den vielen in der ersten Etage.

Die Zurückhaltung nach außen wird erstaunlich konsequent durchgezogen. Der Inhaber und sein Team starten langsam, wollen die Gäste und deren Wünsche in Ruhe kennenlernen. Deshalb ist das Restaurant noch ein Geheimtipp. 

Selbst wenn sich das ändert, bleibt es etwas Besonderes. Denn in Düsseldorf gibt es abgesehen von Ketten im Wesentlichen zwei Arten von Steakhäusern: solche, die es mittlerweile seit 40 Jahren gibt und denen man das inzwischen auch ansieht, und solche, die populär wurden, als sich Menschen verstärkt viele hundert Euro teure Fleischzubereitungsgerätschaften in den Garten stellten. Die einen sind alt-, die andere zu modisch. 

Das Estilo Campo eröffnet eine dritte Steakhaus-Kategorie. Der Schwerpunkt der Speisekarte war angenehmerweise nicht der Schwerpunkt des Innenarchitekten. Eine Wand, die aus Weinkisten gemacht zu sein scheint, prägt den Raum, die Gäste sitzen auf dunkelgrünem Samt, die Lichter sind dezent und zahlreich. Gläser, Stoffservietten, Besteck – alles wirkt unaufdringlich-elegant und würde zu verschiedenen Küchen passen.  

Der Inhaber und der Küchenchef sind Argentinier und haben offensichtlich eine sehr gute Quelle für ihre Steaks. Das Wort Pampa verliert durch sie seinen gesamten schlechten Ruf, den es im Sprachgebrauch bekommen hat. Denn in diesen feuchten Landschaften leben die Rinder (Aberdeen Angus und Hereford Stiere), die traditionell grasgefüttert werden und die in Düsseldorf als Ribeye, Hüft-, Rump-, Filet- und Flapsteak auf den rechteckigen warmen Teller kommen.  

Letzteres ist der Geheimtipp im Geheimtipp: Das Flapsteak schmeckt saftig und intensiv. Normalerweise würde man jetzt den Satz schreiben, dass das Steakmesser mit dem Estilo-Campo-Logo durchs Fleisch glitt wie durch Butter. Ich finde allerdings, dass mein Messer das nur machen sollte, wenn ich Tartar bestelle. Beim Steak ist mir die Mitte zwischen zart und strukturiert deutlich lieber. 

Die Steaks lösen alle Versprechen von Karte und Küchenchef ein. Preislich liegen die 200 bis 400 Gramm schweren Stücke mit 25 bis 60 Euro im normalen Rahmen, mittags gibt es etwas günstigere Angebote. Noch über diesen Hauptgerichten und -akteuren stehen die Überraschungen der Karte, die es zumindest theoretisch möglich machen, mit Vegetariern und Veganern das Estilo Campo zu besuchen. Ob letztere von den Hinweisen zum Tierwohl auf der Karte wirklich überzeugt würden, wenn die wohl gehaltenen Tiere am Ende doch gegessen werden, wage ich zumindest für die meisten meiner fleischlos lebenden Freunde zu bezweifeln.

Sie würden sich aber kulinarisch ernstgenommen fühlen. Bei den Vorspeisen gibt es einen gegrillten Käse und Bratpaprika mit britisch rauchigem Salz. Und der vegane Hauptgang klingt angesichts der Grillkünste des Hauses reizvoll: Dafür kommt Blumenkohl auf den Rost, der von Curry, Senföl und Rote-Bete-Hummus umhüllt beziehungsweise begleitet wird. 

Das alles wäre schon locker eine Empfehlung wert, aber beim Testbesuch haben mich die vermeintlichen Randerscheinungen überzeugt wie ein Film, in dem Frances McDormand eine Nebenrolle spielt. Das begann beim Gruß aus der Küche. Das Brot stammt von einem bekannten Düsseldorfer Bäcker, wird dann mit allerlei roten Gewürzen und ein paar Kräutern eingerieben und kurz gegrillt. Dazu serviert das Estilo Campo mikroskopisch klein geschnittenes, eingelegtes Gemüse. Die Mischung aus leichter Schärfe, Salz, Röstaromen und der Säure des Gemüses hätte einen eigenen Platz im Vorspeisenteil der Karte verdient. Ich würde sofort mehr davon bestellen, 

Der feine Umgang mit Säure ist ohnehin eine aus meiner Sicht unterschätzte Kunst. Das Estilo Campo beherrscht sie zum Glück, wie sich beim Salat erneut zeigt. In anderen Häuser ist er dermaßen erkennbar eine Beilage, dass man sich fragt, warum er überhaupt serviert wird. Hier aber wirken die Blätter sorgsam ausgewählt, Quinoa, kleine Tomaten und das eben fein-saure Dressing so herzlich wie die umsorgende Kellnerin und der Küchenchef. Er fragt beim Abschied, wie es geschmeckt hat, und hört in Ruhe zu, was man sagt. 

Als ich wieder draußen stehe und in der Nachbarschaft das erste Riesenfoto von einem tropfenden Riesenburger sehe, fällt mir wieder ein, in welchem Stadtteil ich bin. 

Adresse und Öffnungszeiten 
Estilo Campo, Berger Straße 2, Telefon 0211 70069798, geöffnet: täglich 12 bis 22.30 Uhr, Internetseite: www.estilo-campo.de


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