Das Kino im Café Muggel schließt
Traurige Nachrichten sollten schonend überbracht werden, Kalle Somnitz hat deshalb Seite 26 gewählt. So weit muss man durch die aktuelle Ausgabe des Kulturmagazins „Biograph“ blättern, um die Nachricht des Inhabers der Düsseldorfer Programmkinos zu finden. Dort schreibt er: „2025 wäre das Souterrain-Kellerkino im Café Muggel 50 Jahre alt geworden und März 2024 hätte ich es 30 Jahre lang betrieben. Gerne hätten wir diese Jubiläen gefeiert, doch jetzt ist uns gar nicht mehr zum Feiern zumute. Am 30. Juni dieses Jahres wird das Souterrain geschlossen.“
Damit endet eine Geschichte, die Anfang der 1970er Jahre und mit Helmut Kettler begann. Der Gastronom eröffnete an der Dominikanerstraße in Oberkassel ein Café im holländischen Stil – das Muggel – und richtete im Keller eine Weinstube ein. Doch die Oberkasseler tranken lieber ober- als unterirdisch und so entdeckten die Studierenden der Kunstakademie den Raum am Ende der schmalen Treppe. Sie zeigten dort ihre Arbeiten und inspirierten Helmut Kettler zum Umbau. 1975 startete dann das Souterrain als eines der ersten Programmkinos in Düsseldorf.
Was sind die Ursachen für das jetzige Aus?
Zur Schließung haben die zwei großen Krisen dieser Zeit geführt – und eine ursprüngliche Stärke des Souterrains. Die Pandemie traf des Kellerkino stärker als die anderen Häuser, weil es dort aufgrund der wenigen Quadratmeter noch schwieriger war, mit den Corona-Auflagen wieder den Betrieb aufzunehmen. Auch nach dem Ende aller Abstandsregeln blieb die geringe Größe, die das Publikum einst so geschätzt hatte, ein Fluch. Zu sehr hatte sich in den drei Pandemie-Jahren das Gefühl eingenistet, kleine Räume sollte man besser meiden. Deshalb verzeichnet das Souterrain bis heute erst wieder 75 Prozent der Besucherzahlen, die es vor Corona hatte. Die anderen Düsseldorfer Programmkinos sind laut Kalle Somnitz schon weiter.
Damit war das Souterrain anfälliger für die zweite große Krise: die Preissteigerung infolge des Ukraine-Kriegs. Der Inhaber erklärt, dass sich die Strompreise fast verdreifacht hätten und die Personalkosten seit 2017 um 30 Prozent gestiegen seien. Angesichts dessen könne man die gesunkenen Einnahmen des Kellerkinos selbst durch höhere Ticketpreise nicht mehr kompensieren.
Was bedeutet das für Düsseldorf?
Es ist das erste Mal seit langer Zeit, dass ein Kino schließt. Die Stadt hat einen großen Umbruch erlebt, als Ende der 1990er Jahre die Häuser rund um die Graf-Adolf-Straße schlossen (mein Kollege Sebastian Brück erinnert in diesem Text an die einstige Kino-Meile). Danach aber behielt die hiesige Kino-Landschaft ihre vertraute Form mit drei Multiplexen sowie sechs Programmkinos – und das trotz aller Krisen, die durch legale und illegale Streaming-Plattformen in den vergangenen Jahren entstanden. Bis jetzt.
Wie geht es weiter?
Kino-Fans einschließlich Kalle Somnitz hoffen auf Bilk und das Metropol-Kino an der Brunnenstraße. Das ist derzeit geschlossen, weil es erweitert wird. Dort entstehen zwei neue Säle mit 30 beziehungsweise 20 Plätzen. Der Gedanke dahinter: Aufgrund der Digitalisierung produzieren heute mehr Menschen Filme, folglich erscheinen auch mehr Werke. Zugleich ist die Zahl der Besucher pro Film merklich gesunken. Ausverkaufte Vorstellungen sind inzwischen die Ausnahme. Folglich kommen mehr zahlende Gäste ins Haus, wenn man in vier kleineren Sälen Filme zeigt statt in zwei größeren. Über die Pläne fürs Metropol habe ich hier geschrieben.
Das ab Juli ehemalige Souterrain bleibt der Kultur verbunden, aber mit einer neuen Ausrichtung. Café-Betreiber Alexander Esposito möchte den Raum optisch dem Muggel anpassen und einen Ort schaffen, an dem zum Beispiel Jazz-Konzerte stattfinden. Filme wird es dann nicht mehr geben, die Vorstellungen der nächsten drei Wochen sind die letzten an der Dominikanerstraße 4.
Weitere Eindrücke aus dem Souterrain