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Der Fall Minouche: Was aus dem Opfer und den Tätern wurde

In der zweiten Folge des VierNull-Podcasts haben wir über ein Mordkomplott gegen einen Unternehmer gesprochen, das in den 1970er Jahren in Düsseldorf Schlagzeilen machte. Jetzt haben sich Zeitzeugen aus dem Umfeld der Beteiligten gemeldet.

Veröffentlicht am 22. März 2022
Fall Minouche
Viele deutsche, aber auch ausländische Zeitungen berichteten damals über den Fall Minouche. Unser Foto zeigt eine Seite aus dem "Spiegel". Andreas Endermann hat die Seite des Magazins fotografiert.

Diese Geschichte war damals, vor rund 50 Jahren, spektakulär und verursachte viele Schlagzeilen. Bis in die 1980er Jahre tauchten bisweilen Beteiligte auf, dann wurde es ruhig. Aber die Geschichte ging weiter, wie ich jetzt erfahren habe. Zeitzeugen haben mich kontaktiert, nachdem unser Podcast bei VierNull veröffentlicht wurde. Der Podcast läuft unter dem Titel „Kohle, Knast und Kaviar“ und seine zweite Folge haben wir „Küsse, Schüsse, Kugelfische“ genannt. Nach dem Gespräch mit diesen Personen, zu denen ich keine weiteren Angaben machen werde, habe ich mich entschlossen, hier eine Fortsetzung zu schreiben und zu schildern, wie es den damals Beteiligten nach dem Prozess und der Strafe ergangen ist. Dem Opfer – und den Tätern.

Aber zuerst gibt es eine Zusammenfassung – für die unter 60-Jährigen, die sich nicht erinnern werden. Und für die anderen, die wie viele Düsseldorfer zwar vom Fall Minouche gehört und das nie vergessen haben, aber die Details nicht kannten.

Der Fall
Anfang der 1970er Jahre beschließen die sehr schöne und junge Frau (Kosename Minouche) eines reichen Kaufmanns und ihr Liebhaber, den Gatten aus dem Weg zu räumen. Man will endlich ohne Heimlichtuerei zusammenleben, aber mit hohem Lebensstandard. Deshalb soll der Gatte sterben, und die Frau möchte das Erbe antreten. Doch der Plan misslingt: Mehrere Mordanschläge gehen fehl, auch der Versuch, den Mann mit Hilfe eines japanischen Kugelfischs zu vergiften, funktioniert nicht. Ein Attentäter trifft zwar mit zwei Gewehrschüssen, aber das Opfer überlebt. Im Prozess um den Mordversuch sieht es zuerst so aus, als habe die Frau mit ihrem Liebhaber den Mord geplant. Dann jedoch widerruft der Geliebte sein Geständnis, versucht die Frau zu entlasten. Am Ende geht er für über sechs Jahre in den Knast, die Frau bekommt zwei Jahre und zehn Monate und kann wegen zweijähriger Untersuchungshaft den Gerichtsaal in die Freiheit verlassen. Gemeinsam mit dem Gatten, der an ihre Unschuld glaubt, sie sofort auf die Kö zum Shoppen ausführt und mit ihr in den Urlaub fährt. Der Schütze wird wegen versuchten Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Er flieht aus dem Gefängnis, wird nach einigen Tagen wieder verhaftet und nach zwölf Jahren begnadigt. Ende der Geschichte.

Ende? Nein, sie ging weiter, wie ich jetzt erfahren habe.

Das Opfer, das auch Ehemann war
Nach Aussagen von Zeugen, die sich über viele Jahre im unmittelbaren Umfeld des Ehepaars aufgehalten haben, lebte das schwer verletzte und wieder genesene Anschlagsopfer nach dem Prozess weiter mit seiner Frau in der ehelichen Villa in Düsseldorf-Rath. Allerdings haben die beiden sich nach dem Prozess, soweit es ging, aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, tauchten nicht mehr dort auf, wo sie vorher häufiger gesehen worden waren. Er verfolgte weiter seine Geschäfte, sie kümmerte sich vor allem um das Haus, den Garten und die Haustiere. Zu ihrer Tochter aus erster Ehe, die angeblich den Mord an ihrem Stiefvater mitgeplant hatte, pflegte sie nur noch sporadisch Kontakt, und wenn, dann heimlich und per Telefon. Denn dieser inzwischen erwachsenen jungen Frau wollte der bei dem Anschlag Verletzte offenbar nicht verzeihen und versuchte, jeden Kontakt zu unterbinden.

Der Ehemann, dessen Tod seine Frau gemeinsam mit ihrem Geliebten geplant haben soll, ist nach Aussagen der Zeugen bis an sein Lebensende stets felsenfest davon überzeugt gewesen, dass seine Frau unschuldig war und niemals die Absicht hatte, ihn umzubringen oder umbringen zu lassen. Zumindest hat er das immer wieder betont.

Das, was im Prozess als „offene Ehe“ bezeichnet worden war, praktizierte vor allem der Ehemann weiter. Über Jahre hatte er parallel zu Minouche eine enge Beziehung zur Frau eines anderen, mit der er auch regelmäßig in seinem Ferienhaus am Mittelmeer war. Alle Beteiligten wussten von diesem Arrangement. Nachdem Minouche Anfang der 2000er Jahre an einem Hirntumor gestorben war, vererbte ihr Mann dieser Freundin die Villa. Eingezogen ist die mit einem anderen verheiratete Frau dort nie, nach dem Tod des Mannes 2017 stand das Haus lange leer, verkam sichtlich und wurde schließlich verkauft.

Der Täter, der Autor wurde
Der damalige Schütze, der das Opfer lebensgefährlich verletzte, hatte bereits im Gefängnis, aber auch danach sehr offen über die Tat gesprochen und unter seinem echten Namen mehrere Bücher veröffentlicht. Darin verarbeitete er unter anderem seine Erfahrungen im Knast als junger Krimineller. Mehrere Schriftsteller halfen ihm Mitte der 1980er Jahre, vorzeitig frei zu kommen, vor allem eine Düsseldorfer Autorin machte sich für ihn stark.  Es ist mir nicht gelungen herauszufinden, was danach aus ihm wurde. Die letzte Information über ihn, an die ich mich erinnere, ist aus den späten 1980er Jahren. Damals soll er an Krebs erkrankt sein.

Die Frau, die in Rath beerdigt liegt
Wenn er das nicht überlebt hat, sind inzwischen alle Hauptakteure des Falls Minouche tot und beerdigt. Die zentrale Figur, die diesem Drama den Namen gab, wurde nach ihrem Tod verbrannt. Nach Aussagen von Personen aus ihrem Umfeld wurde die Urne auf dem Grundstück in Rath begraben – dort, wo alles mit zwei Schüssen begann.

Die Podcast-Folge „Küsse, Schüsse, Kugelfische“ ist hier zu hören:


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