In Lima wie in Düsseldorf: Geschmack der aufgehenden Sonne
Es gibt eine Sonne, die jeden Tag aufgeht und seit vielen Jahren die Kochherde zweier völlig unterschiedlicher Kulturen und in zwei weit voneinander entfernten Städten entzündet. Die aufgehende Sonne, von der ich spreche, heißt Japan. Wer hätte allerdings gedacht, dass Düsseldorf und meine Heimatstadt Lima von dem gleichen Geschmack, von der gleichen Kultur beeinflusst sind: der japanischen.
Ich war jedenfalls sehr überrascht, als ich vor einigen Jahren zum ersten Mal „Klein-Tokio“ mit seiner unverwechselbaren „Immermannstraße“ entdeckte. Viele fragen sich sicher, warum die Japaner gerade diese Straße gewählt haben, um dort Restaurants, Supermärkte, Hotels und andere Geschäfte zu eröffnen? Dabei ist die Antwort ganz einfach, denn in dieser Straße haben viele japanische Firmen ihre Büros. Diese erste Begegnung mit „Klein-Tokio“ erinnerte mich an die Geschmäcke, Düfte, Farben und Texturen, die in meiner Heimatstadt Lima auf ganz besondere Weise nachgezeichnet werden.
In diesem Monat, in dem Düsseldorf noch 160 Jahre deutsch-japanische Freundschaft feiert, möchte ich Ihnen auch etwas über die kulinarische, peruanisch-japanische Geschichte erzählen. Eine Geschichte von den Japanern, die nach Peru kamen, und ihren Nachkommen, die heute dort „Nikkei“ genannt werden.
Jemandem, der mit der Gastronomie oder der Geschichte Perus nicht vertraut ist, mag das seltsam vorkommen. Aber diese gastronomische Hochzeit zweier Kulturen begann im April des Jahres 1899, als 790 Japaner als Vertragsarbeiter an der peruanischen Küste landeten, um auf den Baumwoll- und Zuckerrohrfarmen zu arbeiten. Zwischen 1899 und 1923 arbeiteten dann bereits 18.000 Japaner, darunter auch Frauen, auf diesen Farmen. Nach dem Auslaufen ihrer Verträge entschieden sich viele dieser Einwanderer, vom Land in die Stadt Lima zu ziehen, um sich wirtschaftlich zu verbessern.
Während des Anpassungsprozesses geschah etwas sehr Interessantes. Die Einwanderer wollten ihre traditionellen Gerichte weiterhin zubereiten, fanden aber nicht die gewohnten Zutaten und begannen, diese durch lokale Ingredienzien zu ersetzen. Aber auch traditionelle peruanische Gerichte, oft auf der Grundlage von Meeresfrüchten, wurden von ihnen durch Zutaten und Zubereitungsarten der japanischen Küche beeinflusst. Daraus entstand dann die „Nikkei-Cuisine.“
Aber erst im Jahr 1959, als Minoru Kunigami im Viertel Barrios Altos im Zentrum von Lima das Restaurant mit dem schönen Namen „La Buena Muerte“ („Der schöne Tod“ – benannt nach der gleichnamigen gegenüberliegenden Kirche) eröffnete, wurde diese peruanisch-japanische gastronomische Ehe bekannt. Beispiele für diese kulinarischen Einflüsse und Fusion finden wir zum Beispiel im Nationalgericht Perus, nämlich im „Ceviche“, das mit der Ankunft der Japaner verbessert wurde, wobei dann auch dessen Versionen mit japanischen Zutaten hergestellt wurden. Ceviche ist in Limettensaft gegarter Fisch. Ein weiteres Beispiel ist „El Tiradito“, ein Gericht mit rohem Fisch, das geschmacklich dem Ceviche sehr ähnlich ist, aber dessen Fischschnitte, die dem japanischen Sashimi sehr ähnlich sind, sehr viel dünner sind.
Ich möchte betonen, dass der Begriff „Nikkei Cuisine“ in der weltweiten Gastronomie nur zur Bezeichnung dieser peruanisch-japanischen Cuisine verwendet wird. Einer Küche, die bis zum heutigen Tag nationale und internationale Feinschmecker überrascht und erobert. So ist es denn auch nicht weiter verwunderlich, dass sich weltweit bis 2019 unter den zehn besten in einer Liste der 50 besten Restaurants der Welt auch ein solches der „Nikkei-Cuisine“ befand, nämlich in Lima, das „Maido“ („Herzlich Willkommen“) des Spitzenkochs Mitsuharu Tsumura.
Ich habe bisher leider noch kein Restaurant mit „Nikkei-Cuisine“ in Düsseldorf gefunden. Aber auch so gibt es insbesondere in diesem Monat viele schöne Möglichkeiten, die traditionellen Geschmäcke des Landes der aufgehenden Sonne zu probieren. Das gastronomische Angebot findet man nicht nur an der Immermannstraße, sondern auch an der Klosterstraße, der Oststraße, in Oberkassel, auf dem Carlsplatz, in der Altstadt und sogar in vielen Supermärkten in unserer Stadt.
Wenn Sie noch Ihre Zweifel haben, empfehle ich Ihnen zwei Bücher. Eines mit Zutaten und Rezepten der traditionellen japanischen Küche und das andere mit einigen Nikkei-Rezepten. Jetzt bleibt mir nur noch, Ihnen „Guten Appetit“, „Itadakimatsu“ und „Buen provecho“ zu wünschen.
Literatur und Links zum Thema
Gaston Acurio: PERU: das Kochbuch. Übersetzung ins Deutsch: Christa Trautner-Suder, Manuela Schoman, 2016.
Kimiko Barber. Die japanische Küche: mit wichtigen Originalzutaten und über 200 Rezepten. Übersetzung aus dem Engl. Von Jens Bommell.
Beide Bücher können Sie in der Zentralbibliothek Düsseldorf ausleihen.
Ein Video zu Klein-Tokio in Düsseldorf
Eine Seite zur japanischen Esskultur in Deutschland
Düsseldorf Tourismus bietet eine Stadtführung zur japanischen Küche an