
Die “geheime“ Erstversion des berühmten Gemäldes
Dass wir nach dem mittäglichen Museumsintermezzo (zumindest gedanklich) am Strand von Ipanema landen – das war nicht abzusehen. Und es ist auch eher der „Bonus-Track“ zu dem, was hier eigentlich erzählt werden soll. Es beginnt nämlich so: Mein bester Freund P. und ich, wir besuchen im Stadtmuseum eines der bekanntesten Gemälde der Stadt. Es heißt Die Zeitgenossen und zeigt führende Köpfe der beiden Künstlervereinigungen Das Junge Rheinland und Rheingruppe. Gemalt wurde es von einem Gründer der ersteren: Arthur Kaufmann (1888-1971). Gemeinsam mit dem Dramaturgen und Bühnendichter Herbert Eulenberg sowie dem Schriftsteller und Illustrator Adolf Uzarksi rief er die Vereinigung 1919 ins Leben.
Ziel war es, aufstrebenden Künstlern eine Plattform zu bieten, um ihre Werke auszustellen. Als Gegenpol zum konservativ-akademischem „Kunst-Establishment“. Dem Jungen Rheinland traten rund 400 Künstlerinnen und Künstler des Expressionismus und der Moderne bei. Die Gruppe bestand bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933.
Erster Stock, Raum 117, hölzerner Parkettfußboden: Wir sitzen also vor diesem großformatigen Ölgemälde auf einer minimalistischen Bank – und blicken in 14 Gesichter. Ein Ensemble, sitzend und stehend: drei Frauen, zehn Männer. Hinzu kommt ein Bild im Bild: eine Staffelei mit einer Porträtzeichnung von Ernst te Peerdt, in der Mitte eingeklinkt.
Links unten fällt sofort der Maler Gert Heinrich Wollheim (1894-1974) ins Auge, als einziger ohne Anzug. Er hat die Beine übereinandergeschlagen. Mit rotblond-gewellten, leicht verwilderten Haaren, kurz getrimmtem Bart und einer Pfeife in der Hand schaut er nachdenklich, fast melancholisch ins „Nichts“. Dabei trägt er einen schwarzen, schlichten Mantel mit breitem Kragen, den man vom Stil her eher in der Jetztzeit als in der Weimarer Republik verorten würde.
„Der könnte exakt so und mit den gleichen Klamotten genau in diesem Moment gegenüber in der Zicke sitzen, Milchkaffee trinken und die Süddeutsche lesen, und keinem würde es auffallen“, kommentiert mein bester Freund P. „Hipster-Style, 1925. Nur die Pfeife – die müsste er weglassen.“
Neben Wollheim, im Zentrum des Bildes, sitzt Johanna Ey (1864-1947), als Kunsthändlerin und Galeristin „die“ prägende Figur in Düsseldorfs Künstlerszene des Kaiserreiches und der Weimarer Republik. 1930 bezeichnete die Berliner Illustrirte sie als „meistgemalte Frau Deutschlands“, was ihre Bekanntheit weiter steigerte. Im gleichen Jahr kam erstmals der (von ihr wenig geliebte) Kosename „Mutter Ey“ auf.
Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.
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