Die Macht der alten Dame – Esther Betz wird 100
Erstmals bewusst gesehen habe ich Esther Betz Anfang der 1980er Jahre. Und zwar im Treppenhaus des damals flammneuen Gebäudes der „Rheinischen Post“ an der Zülpicher Straße in Heerdt. Mit Kollegen kam ich aus der Kantine, und sie sprach uns an – sichtlich erfreut angesichts der munteren jungen Truppe, die bei der Zeitung arbeitete. Ihrer Zeitung. Mich verblüffte und freute, dass sie meinen, der damaligen Mode entsprechend üppigen und tiefschwarzen Schnurrbart lobte.
In den Jahren danach traf ich sie oft. Vor allem, weil ich von 1999 bis 2015 als Lokalchef der RP in Düsseldorf arbeitete, waren diese Begegnungen zwangsläufig. Denn Esther Betz war und ist immer noch durch und durch Düsseldorferin. Sie liebt diese Stadt, beobachtet aufmerksam die Details in Politik, Kultur und Wirtschaft und gab schon immer gerne, aber nicht in der Öffentlichkeit, ihre Kommentare dazu ab. Dass sie die Zeitung, ihre Zeitung, nutzt, um ihren Blick auf die Dinge darzulegen, gar Einfluss zu nehmen, habe ich nie erlebt bei ihr. Die Trennung von Redaktion und Verlag war ihr wichtig.
Was nicht bedeutete, dass sie in internen Runden nicht ihre Meinung sagte. Und die war immer sehr klar. Häufig war ich dabei, wenn sie in den hausintern üblichen Herausgebersitzungen nach Wahltagen auf die Ergebnisse reagierte. Wenn nicht die ihr nahestehende Partei, die CDU, gewann, sondern die Sozialdemokraten vorne lagen, registrierte sie das spürbar verärgert. Grüne sah sie mit Skepsis, Linke sowieso.
Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.
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