Heinemann-Familiengrab auf dem Nordfriedhof geschändet

Der Grabraub in der Nacht zu Mittwoch vom Nordfriedhof ist umfassender als alle bisher in Düsseldorf entdeckten Delikte dieser Art. Oft werden Vasen, Ketten oder andere Gegenstände aus Metall von Gräbern entwendet. Aber ein solcher Schaden wie jetzt ist noch nie entstanden. Die Polizei schätzt den Wert der Beute auf einen hohen sechsstelligen Betrag.
Auch das Grab der Düsseldorfer Chocolatier-Familie Heinemann wurde von den Tätern heimgesucht. Beerdigt sind dort die Eltern des heutigen Firmeninhabers, Heinz-Richard Heinemann, und sein vor einem Jahr verstorbener langjähriger Partner Horst Mindt. Heinemann hatte den Raub entdeckt, als er die Grabstätte besuchte. Sein Empfinden beschreibt er als eine Mischung aus Fassungslosigkeit, Trauer und Wut.
Der Tatbestand
Laut Aussagen von Betroffenen wurden insgesamt 15 Gräber geplündert. Nach Maßstäben unserer Beerdigungskultur ist jede Beschädigung eines Grabmals nämlich mehr als nur ein materieller Schaden, da die Tat ein tiefer Eingriff in die Empfindung, die Trauer der Hinterbliebenen ist. Bestatter Claus Frankenheim wertet das als absolut empörend, er spricht von „Grabschändung vom schlimmsten Ausmaß“. Juristisch ist die Beschädigung eines Grabs oder Teilen davon eine Schändung. Werden Gegenstände entwendet, ist es strafrechtlich ein Grabraub. Beides ist als Störung der Totenruhe strafbar nach Paragraf 168 Strafgesetzbuch.

Der Tatort
Der Nordfriedhof ist mit 70 Hektar einer der großen Friedhöfe Düsseldorfs. Er liegt zwischen Danziger und Ulmenstraße im Stadtteil Derendorf. Auf den zum Teil prachtvoll gestalteten Gräbern und Gruften finden sich Namen von Industriellen wie Poensgen, Henkel und Haniel. Aber auch die in den 1950er Jahren berühmte und damals von einem nie gefassten Täter ermordete Prostituierte Rosemarie Nitribitt liegt dort begraben.
Die Täter
Die Polizei ist sicher, dass eine reisende Tätergruppe diesen Raub begangen hat. Zu ihren Hintergründen, auch zur Herkunft, hat man auf Erfahrungen basierende Vermutungen, aber noch keine konkreten Erkenntnisse. Das Muster spreche fallerdings für bestimmte Annahmen. Es handele sich um Profis, die ausspähen, wo es sich lohnt zuzuschlagen, und dann nachts schnell Beute machen und verschwinden.
Der Tatablauf
In diesem Fall waren die Beutestücke so schwer, dass ein Transport mit kleinem Gerät nicht möglich war. Die Spuren zeigen, dass man mit einem großen Fahrzeug auf den Friedhof gekommen ist. Außerdem dürfte man einen Kran genutzt haben, weil die einzelnen Figuren allein mit Körperkraft nicht zu bewegen wären. Aus den Halterungen im Stein oder im Beton wurden die Beutestücke mit der Flex gelöst. Dass Zeugen durch Lärm aufmerksam wurden ist unwahrscheinlich, die nächsten Wohnhäuser sind weit weg. Nachts ist der Friedhof verschlossen, deshalb haben die Täter sich durch ein aufgebrochenes Nebentor Zugang verschafft. Es gibt keine Bewachung.
Die Beute
Es geht um Kupfer. Aus diesem Bunt-Metall bestehen fast alle Grabzugaben. Figuren in Lebensgröße oder noch darüber wiegen, je nach Ausführung, mehrere hundert Kilogramm. Sie herzustellen ist aufwändig, da es sich oft um Einzelanfertigungen handelt. Es muss eine Gussform erstellt und dann gegossen werden. Solche Figuren kosten immer fünfstellig, die besonders prachtvollen werden mit jenseits der 50.000-Euro-Grenze bezahlt.
Begehrt ist das reine Material: Da der Kupferpreis derzeit bei sieben bis neun Euro pro Kilogramm liegt, lohnt sich der Diebstahl für die Verbrecher. Einige der jetzt verschwundenen Skulpturen waren von Künstlern geschaffen worden. Es ist daher auch möglich, dass sie zur Beute wurden, weil sie besonders wertvoll sind. Die Polizeifotos der gestohlenen Figuren sind hier zu finden.
Die Abnehmer
Im Prinzip jeder Schrotthändler. Da man jedoch anhand der Machart von Grabschmuck sieht, woher er kommt, brauchen die Räuber Hehler, die mit ihnen gemeinsame Sache machen. Dass es die ausreichend gibt, ist unzweifelhaft. Außerdem: Sobald das Material eingeschmolzen ist, gibt es keine Hinweise mehr auf die Herkunft.
Aufruf der Polizei
Die Ermittler bitten Zeugen, die etwas zu den Tätern, dem Fahrzeug oder den Figuren sagen können, sich unter der Telefonnummer 0211 8700 zu melden.

