Ein Herz und eine Niere
Bettina und Antonia sitzen einander an einem großen Esstisch gegenüber. Vor ihnen steht Tee, zwischen den Tassen ein kleiner Teller mit Keksen. Dahinter ist an diesem trüben Winternachmittag der Rhein zu sehen. „Bis auf die Diagnose haben wir immer nur Glück gehabt“, sagt Mutter Bettina. Sie zitiert einen Satz ihrer, wie sie sie nennt, „äußerst optimistischen“ Tochter Emily. In ihrem Körper hat sie nur noch eine Niere, eine weitere trägt sie an ihrem rechten Ringfinger. „Den Ring hat Antonia mir einen Tag vor der OP geschenkt.“ Kurz darauf verschicken beide eine Anzeige mit einem gemeinsamen Foto, auf dem Antonia noch ein Kleinkind ist. „Ein Herz & eine Niere“ steht darauf.
Etwa 9000 Menschen stehen in Deutschland derzeit auf der Warteliste für ein Spenderorgan, die meisten von ihnen warten auf eine Niere. Viele dieser Menschen sind seit langem krank und seit Jahren auf Dialyse angewiesen. Antonia, heute 34, fühlte sich hingegen noch Tage vor ihrer Diagnose im September 2022 vollkommen fit. Am Wochenende zuvor holte sie mit ihren Freundinnen ihren Junggesellenabschied nach. Beim Padelturnier wurde sie Zweite, danach feierten sie bis 5 Uhr morgens im Club. Montags darauf stand eine Routinekontrolle mit Blutbild an. Das Ergebnis: fünf Prozent Restnieren-Leistung. Antonia muss sofort ins Krankenhaus.
„Mir ging es zu dem Zeitpunkt eigentlich wirklich gut“, sagt sie zwei Jahre später am Esstisch ihrer Eltern. Rückblickend habe sie sich vielleicht ein wenig müde gefühlt, aber das war alles. Nun im Krankenhaus beginnt die Zeit des Suchens. Niemand kann sich so richtig erklären, warum die Nieren der jungen sportlichen Frau plötzlich versagen. „Wir haben das alle gar nicht begriffen. Es war so unwirklich. Aber es kann eben jeden treffen“, sagt Bettina. Bei Antonia sind es die Medikamente, die sie wegen einer Darmerkrankung nehmen muss, die schließlich auf die Nieren schlugen. Und es wird klar: Die Organe werden sich nicht mehr erholen. Antonia muss an die Dialyse.
Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.
Unser Journalismus ist werbefrei und unabhängig, deshalb können wir ihn nicht kostenlos anbieten. Sichern Sie sich unbegrenzten Zugang mit unserem Start-Abo: die ersten sechs Monate für insgesamt 1 Euro. Danach kostet das Abo 8 Euro monatlich. Es ist jederzeit kündbar. Alternativ können Sie unsere Artikel auch einzeln kaufen.
Schon Mitglied, Freundin/Freund oder Förderin/Förderer?