fbpx
Foodforce Hilden
Bettina Narazny und Alex Thieme haben in Hilden Foodforce1 gegründet. Die Gäste kommen aus den Niederlanden, aus der Eifel und aus dem Ruhrgebiet. Foto: Andreas Endermann

Ein kleines Stück Amerika in Hilden-Hülsen

Burger allein reichen nicht. Das amerikanische Nationalgericht gibt’s inzwischen überall. Deshalb muss auch das Drumherum stimmen. In dem Diner Foodforce 1 am Düsseldorfer Stadtrand ist das Ambiente so herausragend, dass das Essen fast zur Nebensache wird. Ein Besuch mit Empfehlung für einen Ausflugstipp.
Veröffentlicht am 16. Juni 2023

Man rechnet ja mit vielem, aber doch nicht damit. Ich greife gerade nach dem Tablett, auf dem Burger und duftende Fritten liegen, da sehe ich es. Unter der Bestelltheke hängt der silberglänzende Kühlergrill eines Chevy. Ist mir bisher nie aufgefallen, aber das passt natürlich alles ins Bild hier. Zwei Meter weiter prangt das riesige Graffiti eines saftigen Cheeseburgers. Sehr amerikanisch. Auch beim zigsten Besuch bei Foodforce 1 macht man immer wieder neue Entdeckungen. Eine neue Leuchtreklame, ein Salz-Streuer in Burger-Form oder ein Poster des Films Breakfast at Tiffanys: Das Diner am Stadtrand von Düsseldorf ist mehr als ein normaler Imbiss, bei dem man amerikanisches Essen genießen kann. Es ist eine Liebeserklärung an die USA und das wahrscheinlich authentischste Stück USA weit und breit.

Die Wegbeschreibung: Wir verlassen den Düsseldorfer Stadtteil Hassels, unterqueren die Brücke der A59 auf Höhe der Abfahrt Benrath Richtung Osten auf der Hülsenstraße. Hier verschwimmt die Grenze zwischen Großstadt und Vorort, hier purzeln die Bodenpreise mit jedem Meter. Etwa ein Kilometer nach dem Hildener Ortseingang, wenn am Straßenrand ein khakifarbener Bus der US-Airforce und die Fahne der Vereinigten Staaten auftauchen, geht’s links rein. Das Diner liegt unscheinbar inmitten eines Gewerbegebiets im Stadtteil Hilden-Hülsen, umgeben von einer Autowaschanlage, einem Prüfzentrum des TÜV Nord und einem Autohaus.

Burger sind in Deutschland fast so verbreitet wie Döner oder Bratwurst, es ist nichts Besonderes mehr. Viele Gastronomen versuchen, mit ein oder zwei US-Accessoires in ihrem Ladenlokal ihren Burgern so etwas wie eine amerikanische Identität einzuhauchen. Das wirkt häufig sehr gewollt, aber wenig gekonnt. Bettina Narazny (48) und Alex Thieme (53) wollten es richtig machen – und einen Ort schaffen, zu dem man nicht nur des Essens wegen kommt. Die Restaurantfachfrau aus Berlin und der Koch aus Hilden lernten sich in den 90ern in der Küche der West LB kennen und später auch lieben. Nach der Auflösung der Landesbank machten sie sich 2013 selbständig. Zunächst bauten sie einen Air Stream, das ist ein amerikanischer Wohnwagen, zum Food-Truck um, der für Firmen, Feiern oder öffentliche Veranstaltungen gebucht werden konnte.

Die Sache mit dem Diner ploppte 2019 ganz zufällig auf. Ein Klassenkamerad von Thieme hatte das Grundstück, auf dem sich mal eine Blechfabrik befand, gekauft. Auf einem Teil des Geländes schwebte ihm Gastro vor. Thieme erfuhr bei einem Klassentreffen davon, man kam ins Gespräch. Ein Diner war damals nur ein Traum – und wurde kurze Zeit später Realität. Ein paar Monate später, nach viel Papierkram und Arbeit, stand der Container, aus dem seitdem die Burger verkauft werden. Den Bus der US-Airforce entdeckte Thieme im Westerwald und holte ihn nach Hilden. Dass das Diner mal so groß werden würde, ahnten die beiden 2019 noch nicht. Heute ist Foodforce 1 längst kein Geheimtipp mehr. Besucher kommen aus den Niederlanden, aus der Eifel und aus dem Ruhrgebiet. Das Diner kann auch für Hochzeiten oder andere Feiern gebucht werden. Besonders beliebt ist der Ort für Autotreffen: Mustang, RAM, Opel, alles.

Narazny und Thieme haben sich von Urlauben in den USA – hauptsächlich von der Westküste – inspirieren lassen. Sie sind Jäger und Sammler, entdecken regelmäßig neue Accessoires, mit dem sie ihr Gelände schmücken. Einiges, wie zum Beispiel Nummernschilder oder Leuchttafeln, haben sie von Gästen geschenkt bekommen. Ganz fertig wird dieses kleine Museum für amerikanische Popkultur, das dieses Diner inzwischen ist, also nie sein. Was noch fehlt? Thieme träumt von einem alten Oldtimer, in dem Kinder spielen und den er bepflanzen kann. Und er sucht nach einer großen Leuchtreklame am Straßenrand, wie man sie an US-Highways häufig sieht, um die Aufmerksamkeit noch stärker auf das Diner zu lenken.

Ein Spaziergang über das Gelände: Das Grundstück, auf dem sich Diner und Parkplatz befinden, ist etwa 120 Quadratmeter groß. Darauf befindet sich ein großer Container, in dem unter anderem die Küche, Personal- und Wirtschaftsraum sowie eine Toilette untergebracht sind. Zum Innern des Areals hin ist der Container offen. Hier können Burger, Fritten, Hot Dog und Spare Ribs bestellt werden.

Ein paar Meter weiter steht das Highlight, ein originaler Airforce-Bus, den mal zum Glück nicht nur angucken, sondern auch betreten kann. Über dem Fahrersitz hängt ein blaues Army-Hemd, als wäre der Fahrer nur kurz mal weg. Hier ein paar Cadillac-Spielautos, da ein Haufen Comics, Coca-Cola-Leuchtreklame, ein Schild mit Uncle Sam „I want you for US Army“, Poster von der Route 66 und Johnny Cash. Amerika links, rechts, oben, überall. Spätestens jetzt hat man das Gefühl, die Kulissen eines 80er-Jahre-US-College-Films betreten zu haben. Den Boden ziert stilecht ein Schachbrettmuster. Der Innenraum des Busses ist mit Tischen und Sitzbänken eingerichtet. Ganz hinten steht eine Jukebox. Wir könnten „I was made for loving you“ von Kiss oder „Mit 66 Jahren“ von Udo Jürgens hören. Nein, ich drücke auf G3 und höre kurz darauf „Heart of glass“ von Blondie.

Foodforce Hilden

Foodforce Hilden

Foodforce Hilden
Blick in den Airforce-Bus, in dem auch eine Musikbox steht. Fotos: Andreas Endermann

Draußen vor dem Airforce-Bus steht – ja wirklich – eine in eine US-Fahne eingewickelte Freiheitsstatue. Daneben lehnt an einer Palme lässig die Figur eines Indianers. Er hält die Hand an der Stirn – so als würde er nach Cowboys Ausschau halten. Im Außenbereich zwischen Bus und Container finden Gäste etliche Sitzmöglichkeiten. Auch hier ist nichts, was nicht amerikanisch ist: Coca-Cola-Sonnenschirme, Nummernschilder, eine alte Kühlbox, rote Ölfässer als Stehtische, Goodyear-Autoreifen, Retro-Blechschilder mit Werbung für Limonade, Bier, Chevrolet, Texaco oder Esso. Weiter geht’s, ich nähere mich dem Eingang. Hier steht ein überdachter Pavillon, davor eine Figur von James Dean. Wieder werde ich in die Vergangenheit zurückkatapultiert, ins Amerika der 60er Jahre. Über einem der Tische im Pavillon thront Marilyn Monroe in einem knappen weißen Kleid mit Schlafzimmerblick. Wer auf einem der Hocker davor Platz nimmt, kann beim Essen ihre Gegenwart genießen. Auf den Tischen stehen die Servietten-Spender, wie sie in vielen amerikanischen Diners zu finden sind, auf einem Sideboard ein altes Radio.

Wer häufiger hier ist, entdeckt immer etwas Neues – Dinge, die beim letzten Mal nicht aufgefallen oder neu hinzugekommen sind. So viel USA, da spielt einem der Kopf schnell mal einen Streich. So wie neulich: Während mein Sohn sich mit Wassereis in der einen und Lenkrad in der anderen Hand in einem roten Fahrtautomaten vergnügt, schweift mein Blick umher. Plötzlich sehe ich einen Mann mit einer roten Mütze, der vor dem Airforce-Bus sitzt, und mich trifft fast der Schlag. Ist das nicht … ? Das schießt mir durch den Kopf. Als ich ein paar Schritte näher ran gehe, sehe ich es: Natürlich steht nicht „Make America great again“ auf der Kappe und der Mann ist natürlich auch nicht Donald Trump. Aber passen würde es. 5456 Meilen bis Las Vegas – das steht auf einem Schild am Eingang. Es fühlt sich deutlich näher an. Man würde sich nicht wundern, wenn gleich ein Pickup auf dem Parkplatz hält und Bruce Springsteen aussteigt.

Zum Abschied will ich von Alex Thieme noch wissen, wie er seinen Burger am liebsten isst. Da lacht er etwas verlegen. Er liebe es, für seine Gäste Burger zu machen, aber könne selbst keine mehr essen. Das hat man dann davon, wenn man jeden Tag so viele zubereitet. Thieme isst inzwischen lieber asiatisch oder deutsch-bürgerlich, Roulade oder Schnitzel. Erst im Wegfahren entdecke ich von der Straße aus die riesige Silhouette von Batman auf der Rückseite des Hauptcontainers.

Amerikanisches Fastfood, die alten Superhelden, leuchtende Reklametafeln und dieser ganze Schnickschnack: So haben wir die USA durch Filme und Serien lieben gelernt. Es soll ja Menschen geben, die eigentlich nur dafür ins Flugzeug steigen und hinfliegen. Aus eigener Erfahrung will ich davon gar nicht abraten. Aber wer es sich ganz leicht machen und nicht viel Zeit verlieren will, der kann auch einfach nach Hilden fahren.

Adresse, Öffnungszeiten und Fest
Adresse: Foodforce 1, Großhülsen 2, 40721 Hilden

Öffnungszeiten:
April bis Oktober: Dienstag bis Freitag 12-20 Uhr, Samstag und Sonntag 14-20 Uhr.
November bis März: Dienstag bis Freitag 12-19 Uhr, Samstag und Sonntag 14-19 Uhr.

Fest: BurgerBoom am 18. Juni von 12 bis 19 Uhr mit Livemusik und viele schönen Autos

Weitere Eindrücke vom Foodforce-Gelände

Foodforce Hilden

Foodforce Hilden

Foodforce Hilden
Fotos: Andreas Endermann

Lust auf weitere Geschichten?