Einer der größten Schätze der Stadt: die Bücherei

Im Jahr 1990 waren meine Familie und ich fast ein Jahr lang ohne Strom. Ich war damals 13 Jahre alt und meine größte Sorge war, wie ich trotz dieser Umstände weiter lernen konnte. Eine Stadtbücherei, in der ich lesen oder meine Hausaufgaben hätte machen können, gab es leider nicht. Außerdem war es damals wegen des Terrorismus, extremer Gewalt und Unsicherheit auf den Straßen von Peru recht gefährlich, Hilfe außerhalb der eigenen vier Wände zu suchen. Ich erinnere mich, dass meine Lust zu lernen so groß war, dass ich zum Lesen das Licht einer Straßenlaterne nutzte, die sehr nahe an der Mauer vor dem Zugang unseres Hauses stand. Wenn die Nacht aber stockdunkel wurde, erledigte ich meine Hausaufgaben und las in unserer Küche beim funzeligen Licht einer kleinen Petroleumlampe. Trotz all dieser Schwierigkeiten hatte ich in diesem Jahr die besten Schulnoten. In &bdquo;meiner“ Hausecke, in der mich das Licht der Straßenlaterne und manchmal auch das Mondlicht erreichten, konnte ich stundenlang lesen. Es waren harte Zeiten, aber gleichzeitig haben sie mich viel gelehrt. Seither sind mehr als 30 Jahre vergangen, aber meine Geschichte wiederholt sich noch immer. Denn bis heute gibt es in Peru und Lateinamerika viele Kinder und Jugendliche, die durch verschiedene Umstände gezwungen sind, unter prekären Bedingungen zu lernen. So ging zum Beispiel 2019 ein Video viral, in dem einige Kameras den zwölfjährigen Jungen Víctor Angulo im Norden Perus aufnahmen. Auf der Straße liegend machte er seine Hausaufgaben, nur beleuchtet von einer Laterne. Seine alleinerziehende Mutter hatte kein Geld, den Strom zu bezahlen. Wegen dieses Videos erhielt Victor Hilfe von vielen Menschen aus der ganzen Welt und wurde später &bdquo;Botschafter des Lesens“ in Peru. Nun habe ich Ihnen diese Geschichten nicht erzählt, um Ihre Stimmung zu trüben oder Sie über die Situation in anderen Ländern verärgert zu machen. Ich wollte Ihnen damit aber ein wenig die Augen öffnen, dass einer der größten Schätze von Düsseldorf &bdquo;die Stadtbücherei“ ist. Und das ist schon sehr lange so. 1886 eröffnete im Erdgeschoss einer Turnhalle an der Bleichstraße mit nur 862 Bänden die erste &bdquo;Volksbücherei“ der Stadt. So hieß sie bis 1966, seither so, wie wir sie heute alle kennen. Die Geschichte der Stadtbücherei ist einerseits eine dynamische Entwicklungs- und Anpassungsgeschichte. Gleichzeitig aber ist es eine Geschichte von Stärke und Ausdauer, denn trotz zweier Weltkriege und, vor kurzem, einer Pandemie, stand sie wie ein Fels in der Brandung, um weiterhin ihre Dienste für die Bewohner dieser Stadt zu leisten. In den 136 Jahren seither hat die Stadtbücherei bedeutende Veränderungen und Entwicklungen erlebt, etwa die Eröffnung der Büchereien in den Stadtteilen - das erste Mal übrigens 1889 an der Talstraße in Bilk. Heute gibt es 13 Filialen über die ganze Stadt verteilt. Eine weitere wichtige Veränderung, ein neues Informationszeitalter, begann mit dem Jahreswechsel 1985/86. Damals startete die neue Zentralbibliothek, und damals war das Video eines der ersten Medien einer neuen Ära. Ein Medium, das seinerzeit für viele Kontroversen sorgte. Als ich das erste Mal in der &bdquo;alten“ Zentralbibliothek war, hat mich das Angebot am DVDs überrascht. Ich konnte nicht glauben, dass man in einer Bibliothek auch aktuelle Filme, Dokumentationen und Serien ausleihen konnte; in Peru ging das so nicht. Zudem empfand ich es als merkwürdig, wie viele Personen mit großen Tüten oder &bdquo;Einkaufswagen“ in der DVD-Abteilung hin-und herliefen, was bei mir den Eindruck eines Supermarkts hinterließ. Schon gar nicht aber hatte ich erwartet, dass diese Tüten oder &bdquo;Einkaufswagen“ voller DVDs waren. Auch ich habe mir dort viele Filme ausgeliehen, die mir geholfen haben, mich an eine neue Sprache und Stadt zu gewöhnen, wobei bis heute Biografien, Komödien, Serien und Dokumentationen zu meinen bevorzugten Medien gehören, die mich viel über die deutsche Kultur und Düsseldorf gelehrt haben. Meine Entdeckung der Romane und Hörbücher des peruanischen Schriftstellers und Nobelpreisträgers Mario Vargas Llosa in deutscher Übersetzung gehört sicher zu meinen schönen Erinnerungen an die &bdquo;alte“ Zentralbibliothek. Diese fast simultan auf Deutsch und Spanisch lesen zu können, war für mich interessant und lehrreich; wobei das deutsche Hörbuch seines Romans: &bdquo;Tante Julia und der Schreibkünstler“ mir besonders viel Freude gemacht hat. Und die Informationen aus der &bdquo;alten“ Zentralbibliothek haben mir bei meinen Kolumnen für VierNull geholfen, zum Beispiel beim &bdquo;Brief an dr Lorenz“, dem Text über das Altbier oder die japanische Küche. Im November 2021 gab es dann noch eine große Veränderung: Die neue Zentralbibliothek am Konrad-Adenauer-Platz 1 wurde eröffnet. Es ist eine moderne Bibliothek mit Herz und Hirn. Ich finde nur positive Worte für die neue Bibliothek, sie ist einfach ein Traum. Die folgenden sechs Dinge haben mich besonders beeindruckt: Zweisprachige Märchen in der Kinderbibliothek Spanisch, Englisch, Französisch, Griechisch und Persisch sind einige der Sprachen, in der man bilinguale Märchen für seine Kinder ausleihen kann. Ich halte das für eine gute Motivation für die Kinder und für die Eltern, um eine neue Sprache zu erleben und zu lernen. Ich frage mich, wie viele Sprachen die Kinder und Jugendlichen im Durchschnitt in zehn Jahren in Düsseldorf sprechen werden. 2. Ein 3D-Drucker, den man frei nutzen kann Nach einem kostenfreien 3D-Druck-Einfühungskurs, den die Bibliothek anbietet, können deren Kunden und Kundinnen den 3D-Drucker für ein eigenes Projekt frei nutzen (ab 16 Jahren). Für mich ist das ein nachahmenswertes Beispiel der Demokratisierung von Technologie. 3. Das Studio, in dem man Podcasts aufnehmen kann Was für eine lobenswerte Überraschung, dieses Studio in der Bibliothek zu finden. Dort kann man Podcasts aufnehmen und diese auch selbst bearbeiten. Allerdings muss man, um dieses kostenlose Angebot nutzen zu können, vorher eine Reservierung machen. In dem Studio wird auch der Podcast der Stadtbücherei aufgezeichnet, der hier zu finden ist. 4. Wörterbücher aus mehr als 30 Sprachen Düsseldorf ist definitiv eine internationale Stadt, was auch diese neue Bibliothek bestätigt, bietet sie doch außer Wörterbüchern in mehr als 30 Sprachen noch Grammatikbücher, Romane, Hörbücher oder Spiele, um eine neue Sprache zu lernen. 5. Gefühlt 2000 Steckdosen Ich habe sie nicht gezählt, aber wenn Sie Ihr Smartphone aufladen möchten, werden Sie überall in dieser Bibliothek eine Steckdose finden. 6. Die Bibliothek der Dinge Mit Bezug zu aktuellen Themen gibt es seit Ende April &bdquo;Die Bibliothek der Dinge“. Wir kaufen oft Dinge, die wir nur ein paar Mal wirklich benutzen oder brauchen, danach landen sie vergessen in unseren Kellern. Nach dem Motto &bdquo;Leihen statt kaufen" kann man in der Bibliothek nun auch Gegenstände wie eine Gitarre, eine Nähmaschine, einen Hula-Hoop-Reifen und vieles mehr ausleihen. Mehr dazu finden Sie hier. Bis heute fühle ich mich in der neuen Zentralbibliothek wie ein Kind in einer Schokoladenfabrik. Und ich werde sicher nicht müde werden, dort alles auszuprobieren. Abschließend möchte ich einen Absatz aus dem Unesco-Manifest über öffentliche Bibliotheken zitieren, das im November 1994 veröffentlicht wurde. Ich tue es, damit Sie für einen Moment aufhören, an das zu denken, was Sie nicht haben, und schätzen, was Sie haben; nämlich das Privileg, einen der größten Schätze, den wir alle in dieser Stadt haben, genannt die Stadtbücherei, nutzen zu dürfen. &bdquo;Freiheit, Wohlstand und die Entwicklung der Gesellschaft und des Einzelnen sind grundlegende menschliche Werte. Diese Werte werden nur verwirklicht, wenn gut informierten Bürgern die Möglichkeit gegeben wird, ihre demokratischen Rechte auszuüben und eine aktive Rolle in der Gesellschaft zu spielen. Konstruktive Beteiligung und die Entwicklung der Demokratie hängen von zufriedenstellenden Bildungsangeboten und kostenlosem und unbegrenztem Zugang zu Wissen, Gedankengut, Kultur und Informationen ab.“ Weiterführende Links und Informationen Die Seite der Stadtbüchereien Überblick über die Veranstaltungen in den Stadtbüchereien Die neue Zentralbibliothek bietet zweimal pro Woche eine Führung durch das neue Haus am Konrad-Adenauer-Platz 1 an: dienstags ab 17 und samstags ab 11 Uhr. Treffpunkt ist die Promenade am Eingang im zweiten Obergeschoss des KAP1. Das Programm der Literaturtage und des Bücherbummels Mehr zum Netzwerk Düsseldorfer Lesebande und zum Düsseldorfer Lesefest gibt es unter www.leseban.de Die Lesepaten-Initiative hat die Internetseite www.duesseldorf-liest-vor.de Zwei Videos zum Thema Bibliothek: "The Booksellers" und "Ex libris" Weitere Bilder Schöner Ausblick: Wer in der zweiten Etage der Zentralbibliothek arbeitet oder liest, bekommt dieses Panorama geboten. Foto: Andreas Endermann Nützlich und Hingucker: der große Globus der Bücherei. Foto: Andreas Endermann Alles so schön bunt hier. Farben spielen bei der Orientierung eine große Rolle. Das gelbe Treppenhaus verbindet die beiden Etagen der Zentralbibliothek. Foto: Andreas Endermann

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Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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