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Französische Brunnenkresse für den Düsseldorfer Carlsplatz

Was so alltäglich klingt, ist in Wahrheit ein sehr besonderes Kraut, das man nicht überall bekommt. Der Verkaufsstand der Familie Schier mitten in Düsseldorf ist einer dieser Orte. Wie es dazu kam, ist eine Geschichte, die mit einer großen Liebe begann.
Von Alessa Brings (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 17. Juli 2024
Obst und Gemüse Schier auf dem Carlsplatz in Düsseldorf
Philipp Schier ist Spezialist für französische Brunnenkresse. Seine Familie hat seit vielen Jahren einen Stand auf dem Carlsplatz.

Der Verkaufsstand der Familie Schier auf dem Carlsplatz: Was dort angeboten wird, sieht appetitlich aus. Obst, Gemüse, Salate und Kräuter, Nüsse, Eier und allerlei Eingemachtes. Präsentiert werden Köstlichkeiten aus Deutschland, Italien und vor allem aus Frankreich.

Und nicht nur das Auge genießt, sondern auch die Nase – Tomaten, Pilze und Kräuter duften. Über alles legt sich ein Hauch von Fruchtsüße. Es sei denn, der Wind geht so, dass er über den Stand des belgischen Backhauses nebenan weht. Dann riecht es nach Quiche und geschmolzenem Käse.

Dazwischen, nicht ganz so auffallend: runde tiefgrüne und fleischige Blätter und dicke Stängel. Das sind die Erkennungszeichen der Brunnenkresse, die Familie Schier jede Woche frisch aus Frankreich bezieht. Und um die geht es jetzt und hier.

Wieso Kresse? Die wächst doch in jedem Garten. Jein, denn die Brunnenkresse unterscheidet sich eindeutig von anderen Arten, wie der Garten- oder der Sakurakresse. Nicht nur aufgrund ihres Äußeren, auch ihr pfeffriger Geschmack und ihre zahlreichen Nährstoffe grenzen sie ab von anderen Arten. Zudem gedeiht sie auf nassem Boden am besten und wächst vor allem an Bachläufen oder auch am Rand stehender Gewässer, während Gartenkresse nicht so wählerisch ist. Zudem ist Brunnenkresse echtes Superfood.

Philipp Schier, einer der Geschäftsführer des Stands, kommt aus der Produktionsküche. Dort kocht er frische Marmeladen, Saucen, Pestos oder Suppen. Dass fertige Speisen angeboten werden, hat einen einfachen Grund: „Wir verkaufen frische Ware. Wenn beispielsweise Erdbeeren nicht so gut laufen, koche ich sie lieber ein, anstatt sie schlecht werden zu lassen.“ Auch mit der Brunnenkresse arbeitet er: Er mischt sie in eine Gazpacho aus Tomaten und Paprika. Dadurch bekommt die kalte Suppe einen anderen, würzigen Geschmack.

Insgesamt zwölf Menschen arbeiten für den Stand, beraten, bedienen und packen mit an, wo es gerade nötig ist. Philipp und drei seiner fünf Geschwister gehören dazu. Sie leiten das Unternehmen, das bereits seit mehreren Generationen in der Familie liegt. Dass die Geschwister heute über sich sagen können, Expert:innen für französische Spezialitäten zu sein, verdanken sie – wenn man die Geschichte von Beginn an betrachtet – ihrer Großmutter. Und wenn man zeitlich noch weiter zurückgehen möchte, auch der damaligen Zeit.

Denn mitten im Zweiten Weltkrieg schrieben unverhofft eine junge Französin und ein junger Deutscher ihre eigene Geschichte. Eine, die nichts mit Hass und Krieg zu tun haben sollte, sondern mit Liebe und Hoffnung. Jakob Schier, also der Großvater der heutigen Betreiber:innen, war während des Kriegs Soldat und geriet in Frankreich in Kriegsgefangenschaft. Die verbrachte er auf einem Bauernhof. Die junge Louise arbeitete dort als Magd. Der dunklen Zeit und der aufgezwungenen Feindschaft zum Trotz verliebten die beiden sich und wurden ein Paar.

Nach dem Krieg gingen die zwei nach Düsseldorf zurück und arbeiteten auf dem Schier’schen Familienhof. Es wurde das geerntet und auf den Marktplätzen am heutigen Carlsplatz und am Düsseldorfer Rathaus verkauft, was die Saison hergab: Kohlrabi und Buschbohnen im Sommer, Kohl im Winter. Louise und Jakob bekamen zwei Kinder, Elisabeth und Michél.

Michél übernahm den elterlichen Betrieb und schaffte ein neues Aushängeschild, das seine Mutter und die heutigen Kund:innen freut: Er konzentrierte sich auf französischen Spezialitäten. Damals wie heute kamen und kommen jeden Mittwoch frische Produkte direkt von Rungis (französisch: Marché d’intérêt national de Rungis), dem größten Großmarkt Europas in Paris. Von dort beziehen Schiers zum Beispiel Walderdbeeren, Waldchampignons und eben die Brunnenkresse, die Louise Schier aus Frankreich kennt.

Zu sehen, wie die nächste und übernächste Generation der Familie ihre beiden Heimatländer miteinander bis heute verbindet, hat Louise Schier glücklich gemacht. Durch das kleine Stückchen Frankreich mitten in Düsseldorf bleibt der Spirit von Philipps Großmutter auch nach ihrem Tod erhalten. Immerhin war es doch irgendwie sie, die die Brunnenkresse nach Düsseldorf gebracht hat.

Im Anbau ist Familie Schier heute nicht mehr tätig. Die Produkte werden auf dem Großmarkt oder international eingekauft und weiterverkauft. „Ich sehe uns als Genusshändler“, sagt Philipp Schier. Die Kund:innen kommen, weil sie lecker essen wollen und wissen, was sie erwartet. Manche kommen, weil sie bestimmte Produkte von einem bestimmten Bauern haben wollen, andere, weil sie die Spezialitäten schätzen, die man sonst nirgendwo kaufen kann, wie eben auch die Brunnenkresse.

Die ist übrigens ein echtes Superfood. „Dagegen kann eine Avocado einpacken“, sagt einer von Philipps Brüdern. Tatsächlich ist Brunnenkresse gesund, vor allem aufgrund ihrer hohen Nährstoffdichte. Sie steckt voller Vitamine, wie Vitamin A, K, E und C, außerdem voller Folsäure, sowie den Mineralstoffen Kalzium, Magnesium, Phosphor, Kalium, Eisen, Zink und Natrium, schützt also vor Viren, Bakterien und Pilzen. Außerdem ist sie mit 20 Kalorien pro 100 Gramm leicht. Wer sich jetzt denkt: „Jawoll, dann esse ich nichts anderes mehr“, dem müssen wir zur Vorsicht raten. Brunnenkresse sollte aufgrund ihrer Senföl-Glycoside nicht in großen Mengen verzehrt werden. Verzehrt man diese Glycoside in großen Mengen, können sie Blasen-, Nieren- und Magenreizungen hervorrufen können. Doch dazu müssten Sie eine Salatschüssel voller Brunnenkresse am Tag essen.

Die Brunnenkresse passt zum Beispiel roh auf einen gemischten Salat. Durch ihre leichte Schärfe im Abgang gibt sie ihm eine pfeffrige Note. Wer davon allein nicht satt wird, kann diesen natürlich leicht ergänzen. Gegrillte Garnelen passen gut dazu: Die leichte Schärfe betont den Geschmack der Meeresfrüchte und wird im Mund zu einem Geschmackserlebnis.
Wer lieber etwas Warmes aus der Brunnenkresse zaubern möchte, kann eine Suppe kochen. Das Rezept sieht wie folgt aus:

Zutaten (für vier Personen):
1 EL Pflanzenöl
1 Schalotte
300 g Brunnenkresse
800 ml Gemüsebrühe
Gewürze (Salz, Pfeffer, Muskat nach Belieben)200 ml Schlagsahne

Zubereitung:
Schalotte würfeln. Brunnenkresse waschen und putzen. 200 Gramm Brunnenkresse waschen und hacken. Die Schalottenwürfel in Öl anbraten, bis die Zwiebeln glasig sind, dann die gehackte Brunnenkresse hinzugeben und kurz mitbraten. Das Ganze mit Gemüsebrühe auffüllen und etwa 20 Minuten köcheln lassen. Sahne zugießen. Mit dem Pürierstab fein pürieren. Nach Belieben würzen und mit frischer Brunnenkresse garniert servieren.

Alternativ können Sie ein Pesto anstatt mit Basilikum mit Brunnenkresse machen.

Zutaten:
150 g Brunnenkresse
80 g Pinienkerne
30 g Parmesan
3 Zehen Knoblauch
80 ml Olivenöl
Eine halbe Zitrone
Salz, Pfeffer

Zubereitung:
Brunnenkresse waschen und trocknen, die Blätter von den Stielen trennen und fein hacken. Pinienkerne ohne Fett in einer Pfanne rösten, bis sie goldbraun sind. Parmesan fein reiben, Knoblauchzehen schälen und halbieren. Zitronensaft auspressen, Zitronenschale fein abreiben.

Kresse, Pinienkerne, Parmesan, Zitronensaft und -schale gemeinsam mit dem Knoblauch in einen Mixer geben zu einem Pesto pürieren. So viel Öl hinzugeben, bis ein sämiges Pesto entsteht. Mit Salz und Pfeffer würzen.

Kleiner Tipp: Wenn Sie einen Bachlauf im Garten haben, können Sie versuchen, einen Teil der gekauften Brunnenkresse dort im wahrsten Sinne des Wortes Wurzeln schlagen zu lassen. Sollte dies nicht klappen: Jeden Mittwoch kommt die Kresse ja auf den Carlsplatz …

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