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Gastro-Tipp: Wer diesen veganen Döner isst, muss geduldig sein

Viele Imbisse stellen sich auf veränderte Essgewohnheiten ein. Die Dönerbude Dene & Gör an der Graf-Adolf-Straße bietet seit einiger Zeit eine vegane Döner-Variante an. Die schmeckt - einen großen Unterschied zum fleischigen Rivalen gibt es aber.
Veröffentlicht am 22. Februar 2023
Dene Gör Düsseldorf
Unser Fotograf Andreas Endermann testet die Gerichte ebenso wie unsere Autor:innen und zeigt auf seinen Bildern, was am Ende übrigbleibt - hier: Erinnerungen an den Seitan-Döner von Dene & Gör.

Es geht ja nichts über das Gefühl von Vertrautheit. Kaum habe ich den Imbiss an der Graf-Adolf-Straße betreten, da überkommt es mich. Die riesigen Fleischspieße, die gläserne Verkaufstheke, dahinter Männer mit Handtüchern über der Schulter und weiter hinten Stehtische: Wenn man eine typische Dönerbude in Deutschland nachbauen wollte, sie würde so oder so ähnlich aussehen wie Dene & Gör. Bis auf eine Ausnahme: Das Logo von Fortuna Düsseldorf, das hier viele Wände ziert, dürfte außerhalb der Grenzen dieser Stadt in einem Imbiss nicht oft anzutreffen sein.

Im Laden gucken mich von der anderen Seite der Theke freundlich-erwartungsvolle Augen fragend an. Was darf’s sein? Ich finde das ja immer schwierig. Als ob man schon vorher genau wüsste, was man essen will. Ich könnte es mir jetzt leicht machen und einen Döner bestellen. Gerade wurde der Döner in einer Umfrage wieder zum beliebtesten Fastfood-Gericht gewählt, vor der Currywurst (hier nachzulesen). Angeblich gibt es in Deutschland mehr als 18.000 Dönerläden. Ich könnte also den 1000. Text über diese Erfolgsgeschichte schreiben. Nur: Will das noch irgendjemand lesen?

Aber ich bin ja aus einem anderen Grund hier. Denn bei Dene & Gör gibt es nicht nur Döner mit Hähnchen- oder Kalbfleisch, sondern auch mit Seitan, also vegan. Seitan ist vor langer Zeit von asiatischen Mönchen erfunden worden. Er wird mit Weizenmehl und Wasser zubereitet, ergänzt mit Kräutern und Gewürzen. Im Döner soll das, so habe ich gehört, ganz lecker sein. Und das will ich ausprobieren. Als ich den Seitan-Döner bestelle, geht alles ganz schnell: Der Mann zwischen der Theke und den Fleischspießen verschwindet kurz und kommt mit einem kleinen Gasgrill zurück. Aus einer Plastikbox nimmt er gemischtes Gemüse – Paprika, Zwiebeln, Pilze – und wirft es auf den Grill. In einer zweiten Box befinden sich beige Schnetzel, die etwas mehlig aussehen. Der Mann nimmt eine Handvoll und verteilt sie ebenfalls auf dem Grill.

Währenddessen beantworte ich seinem Kollegen schon die Fragen, um die in deutschen Dönerbuden-Theken niemand herumkommt. Salat komplett? Sauce? Scharf? Auch in puncto Schnelligkeit ist die Dönerbude für hungrige Menschen nicht zu schlagen. Ich bin noch keine drei Minuten hier, da liegt vor mir eine prall gefüllte Brot-Tasche. Knuspriges Brot, frischer Salat und Sauce – die Vielseitigkeit ist ja das, was den Döner so besonders macht. Die vegane Variante macht es sich leicht, baut darauf auf und profitiert von diesem genialen Erfolgskonzept.

Und dann suche ich mir eine geeignete Stelle und versuche den Döner – das ist ja immer wieder herausfordernd – möglichst unfallfrei zu essen. Nach drei, vier Bissen bin ich nicht sicher, ob ich schon ein Stück Seitan erwischt habe. Sehen kann ich die beigen, fleischähnlichen Stücke, aber es fällt mir schwer, sie herauszuschmecken. Ich mache mich also weiter auf die Suche, versuche, das Neue im Vertrauten zu finden. Das ist etwas komisch: Denn es wäre schlicht nicht vorstellbar, einen Döner mit Kalb- oder Hähnchenfleisch zu essen und das Fleisch nicht zu bemerken. Dann würde entweder mit dem Fleisch etwas nicht stimmen oder mit dem Geschmackssinn. Beim Seitan ist Geduld gefragt.

Irgendwann pule ich schließlich ein größeres Stück Seitan aus der Brottasche heraus. Die Konsistenz ist fleischartig, aber krümeliger. Der Geschmack erinnert ein bisschen an Fleischersatz aus Soja und ist ähnlich dezent. Seitan ist also eher scheu als aufdringlich, er lässt Salat und Sauce mehr Raum zur Entfaltung. Das muss man nicht gut finden, aber damit eckt man zumindest auch nicht an. Ganz anders als das Fleisch mit seiner stets intensiven Geschmacksnote spielt der Seitan im Döner damit keine Haupt-, sondern eine Nebenrolle. Mein Fazit: Mir schmeckt der vegane Döner gut. Einen kleinen Haken gibt es aber. Seitan ist pures Weizeneiweiß, also reines Gluten, deshalb ist das Gericht für Personen mit Glutenunverträglichkeit leider nicht geeignet.

Der Seitan-Döner hat einen strategischen Vorteil: Er erweitert die oft stark eingeschränkten Auswahlmöglichkeiten in Imbissbuden. Für Vegetarier und Veganer war das in der Vergangenheit nicht einfach. Ihnen blieb am Ende oft nur die Wahl zwischen Pommes, Salattasche und Falafel. So war man – mangels Alternativen – fast gezwungen, Fleisch zu essen. Die Zeiten haben sich aber verändert. Viele Menschen gehen heute auf Distanz zum Fleisch und ändern ihre Essgewohnheiten. Fleischersatz-Produkte boomen, die Supermärkte bauen ihr Sortiment weiter aus (wir haben hier darüber berichtet). Schnitzel aus Sojaprotein oder veganer Döner sind vielleicht so eine Art Placebo – sie sind zwar nicht genau wie Fleisch, aber irgendwie ein bisschen. Das reicht offenbar vielen und gefällt vor allem denjenigen, die den kräftigen Fleischgeschmack gar nicht brauchen.

Zum Preis: Ein Seitan-Döner kostet 6,80 Euro, die „normalen“ Dönertaschen bei Dene & Gör zwischen 6 und 7 Euro, so wie in vielen anderen Dönerbuden in Düsseldorf. Klingt viel, ist inzwischen aber ziemlich normal. Es gibt sogar die ersten Imbisse, die das Gericht für zehn Euro verkaufen (wie dieser Artikel aus Frankfurt zeigt). Der Mindestlohn sowie gestiegene Kosten für Energie, Fleisch und andere Lebensmittel haben die Preise steigen lassen. Dennoch: Ein günstigeres und zugleich adäquates Gericht dürfte es kaum geben. Man bekommt auch im Jahr 2023 in Deutschland kaum irgendwo so viel Essen fürs Geld wie beim Döner. Der ist und bleibt das Nonplusultra im deutschen Imbiss-Kosmos.


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