Gastrotipp: Der Blick im Schillings geht nur in eine Richtung
Es beginnt, wie ein antikes Drama endet: mit der Katharsis. Auf dem Weg ins Schillings muss man vorbei an der seltsamen Architektur des Kö-Bogen II, über den immer noch zugigen Gründgens-Platz und durch die düstere Gasse zwischen kleinem und großem Schauspielhaus. Dann plötzlich wird man vom optischen Trauerspiel geläutert, es öffnen sich Gang, Blick und Miene. Das bleibt auch so, wenn man nach rechts ins Restaurant abbiegt, denn das Schillings ist maximal-verglast und gönnt seinen Gästen ganz viel Hofgarten. Und der gibt sich extra Mühe, in besonders vielen verschiedenen Tönen und Formen zu wachsen.
Die Schönheit hat allerdings einen Haken: Das Schillings kann eigentlich auf die Hälfte seiner Stühle verzichten – auf alle, die mit der Rückenlehne zum Park stehen. Vielleicht sind deshalb die meisten Tische rund, damit die größtmögliche Zahl der Besucher:innen so sitzen kann, dass sie etwas vom Hofgarten ab- und mitbekommt. Dem folgen Tische, Bänke, Teller, alles scheint kreisförmig. Auch die Gerichte haben keine Ecken und wenig Kanten. Sie sind – und die nächsten vier Wörter meine ich wirklich so – im besten Sinne gefällig.
Verantwortlich für Küche und Karte des Schillings‘ ist die Firma Bernstein Feinkost, die an der Lorettostraße ein sehr schönes Café mit einer sehr gefährlichen Patisserie betreibt (Bernstein & Inbar). Im Schauspielhaus gibt es mittags eine kleinere, aber nicht kleine Karte sowie weitere Vorschläge auf der Kreidetafel – abends dann das volle Programm und damit noch mehr Gründe für den Blick in die Karte mit Weinen aus den Heimatländern von Kleist, Fo, Ionesco und Mayorga.
Beim Testbesuch besteht das Schillings eine der Proben, die in meinem Leben leider schon viel zu oft schiefgegangen ist: die Cesar-Salad-Probe. Das Gericht scheint nicht schwer. Viele dehydrierte Hähnchen und/oder schwäbisch besoßte Blätter haben aber dennoch ein dickes Buch trauriger Geschichten zusammengebracht. Der Cesar Salad des Schillings (16 Euro) kommt dagegen in das reclam-dünne Heft mit den lobenswerten Ausnahmen. Das Fleisch wurde posthuhn mit Cajun-Gewürz umrandet und mit nicht viel mehr als Hartkäse und Ei gebettet. Die Sauce ist eigenständig, aber nicht -willig, auf Anchovis- oder Sardellen-Exzesse wurde zum Glück verzichtet. Und die Menge ist großzügig, aber nicht verschwenderisch.
Die Karte ähnelt dem Programm des Schauspielhauses in dieser Spielzeit: Viele Klassiker, leicht restauriert (Wiener Schnitzel, argentinisches Rind, Nobel-Currywurst, das obligatorische Wok-Gericht), dazwischen ein paar Überraschungen für die Suchenden, etwa ein Limettenrisotto zum Kabeljau oder ein Chili sin carne in vier Akten (18 Euro). Der Speise Kern ist die vielleicht beste fleischfreie Interpretation des Gerichts, die ich bisher gegessen haben. Darauf liegt Cheddar, der wahrlich nicht einsam seine Fäden zieht, darauf eine leichte Avocado-Sauce und darauf geröstete Kräuter.
Fazit
Die im Vorspann dieses Textes genannten drei Gründe, das Schillings zu schätzen: Ausblick, Handwerk, Herz. Auch gut: die wohl dosierte Kommunikation des Service. Verbesserungswürdig: mein Hinweg.
Das Restaurant
Schillings, Gustaf-Gründgens-Platz 1, Telefon 0211 94254919, E-Mail: [email protected], Internetseite: www.schillings-restaurant.de
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 12 bis 23 Uhr (Mittagessen: 12 bis 14.30, Abendessen: 17 bis 22.30 Uhr)