fbpx

In Düsseldorf boomen die Weinbars

Zwischen Burgunder, Bordeaux und Bardolino bieten diese Lokale alles an, was im Glas schön aussieht, gut duftet und schmeckt. Vor allem junge Menschen schätzen das Getränk, dem kreative Winzer und Gastronomen ein neues Image verpasst haben.
Veröffentlicht am 28. Juli 2023
Vino Weinbar in Düsseldorf
Erst vor wenigen Tagen eröffnet: Die Weinbar Vino's an der Bilker Straße, Ecke Carlsplatz. Foto: Markus Luigs

Wein schlürfen, schlotzen, schwenken, schnuppern, kauen, aus jedem Schluck mit verklärtem Gesichtsausdruck und geschlossenen Augen eine Zeremonie machen und dann vermeintlich kluge, aber gänzlich unverständliche Kommentare abgeben – das war gestern. Wer heute tief ins Burgunderglas schaut, ist immer öfter noch keine 30 und sucht dort vor allem leichten Genuss und Entspannung gemeinsam mit Freunden. Diese Entwicklung haben viele Gastronomen erkannt. Was man hier an der steigenden Zahl der Weinbars erkennt. Damit ist ein Trend nach Düsseldorf gekommen, den es in Süddeutschland, vor allem in der Pfalz, Franken und Baden, schon länger gibt: Weinstuben sind dort Tradition. Es sind gemütliche Kneipen, in denen es nur dieses eine Getränk gibt und dazu kleine, deftige Leckereien wie Flammkuchen oder Brot mit Käse und Schinken. Hier bei uns ist der Charakter in Teilen anders. Das Ambiente schwankt zwischen cool und historisch, je nach Location.

Uralt ist beispielsweise das Gemäuer in der Eiskellerbar nahe der Kunstakademie in der Altstadt. In dem alten Gemäuer war einst – der Name deutet es an – das Lager für Eisblöcke, die man vor Erfindung der Kühltechnik dort winters einlagerte und über den Sommer zum Kühlen nutzte. Das gibt dem Ganzen eine sehr heimelige Atmosphäre – das Wort cool würde hier buchstäblich passen. Im Grunde ist der Erfolg dieser Location typisch für alle anderen: Menschen jedes Alters sitzen dort und genießen das, was Winzer in Deutschland, Italien, Frankreich oder Österreich aus Trauben gemacht haben. Ebenfalls typisch: Ein breites, aber nicht erschlagendes Angebot – und für jedes Budget etwas dabei.

Völlig anders ist Concept Riesling auf dem Carlsplatz: Da steckt die Idee schon im Namen. Keine Ahnung, ob die Gründer wirklich ahnten, welchen Trend sie da setzten, als sie aus einem Weinverkaufsstand auf dem Carlsplatz mit Verkostung einen Ausschank machten. Wie sie ticken, zeigt dieser Spruch: „Wir wollen ein unkomplizierter Ort sein, an dem wirklich alle großartige Weine von handwerklich arbeitenden Familienweingütern trinken.“ Das sagt einer der Gründer, und diese Idee wird konsequent umgesetzt. Der Andrang dort ist enorm, der Stand wurde zu einer Partylocation, was anfangs auch Ärger verursachte, wie ich hier beschrieben habe. Das ist jedoch inzwischen vorbei. Man hat nun sogar einen eigenen Toiletten-Container nebenan.

Schräg gegenüber, an der Ecke Bilker Straße, ist das neueste Baby dieses Booms vor ein paar Tagen an den Start gegangen: Vino’s heißt die Bar, in der es ebenfalls ausschließlich um Weine geht. Früher war diese Location eine Galerie, bis ein paar junge Investoren auf die Idee kamen, das Haus innen neu zu gestalten. Ähnlich wie in der Eiskellerbar ist im Vino’s der Keller ein absoluter Hingucker: Dieses Gewölbe ist mehrere hundert Jahre alt, und wer genauer schaut, der sieht, wie kunstvoll einst gemauert wurde. Ebenfalls sehr nahe liegt das Weinlokal Galerie am Karlplatz – außer einem sehr großen Angebot verschiedener Weine bietet die offene Küche ein umfassende Karte.

Wie weit diese neue Leidenschaft geht, welche gänzlich neuen Konzepte sie schafft, hat Antonios Askitis gezeigt. Er übernahm zusammen mit Fabian Veldmann am Graf-Adolf-Platz den in Jahre gekommenen, aber dennoch kultigen Pommes-Frites- und Currywurst-Berliner Imbiss und machten daraus eine neue Lokalität namens Pelican Fly, mit Pommes und Wein. Ihr Kalkül geht auf, der Andrang ist gewaltig. Weder Adresse noch das Gebäude hätte man sich vor nicht allzu langer Zeit als Ort für Wein-Kultur vorstellen können. Nun sind sie es.

Auch Altstadt-Gastronom Walid El Sheikh hat die neue Beliebtheit erkannt. Ausgerechnet an der Hunsrückenstraße, wo man sich vor noch wenigen Jahren eine Weinbar nicht hätte vorstellen können, machte er aus einer alten Kneipe ein Lokal für Wein und nannte es Fett – weil er diesen Begriff mag, mit dem junge Frauen und Männer das bezeichnen, was ihnen richtig gut gefällt. Demnächst will El Sheikh in Oberkassel eine weitere Bar mit diesem Schwerpunkt eröffnen.

Aber warum orientieren sich Menschen neu, für die vor noch nicht allzu langer Zeit ein Wodka mit RedBull der Gipfel des Trinkgenusses war? Marktbeobachter sehen mehrere Gründe. Über die letzten Jahre hat vor allem eine neue Generation von Winzern, darunter viele Frauen, den Wert des Produkts entdeckt und die Qualität gesteigert. Es kamen neue Sorten auf den Markt, sie arbeiten mit kreativen Designern an Namen und Flaschenetiketten. Ein Beispiel: Schauen Sie doch mal auf die Flaschen von Weingut Uli Metzger aus der Pfalz – er spielt großartig mit seinem Namen. Die Bilder könnten auch in einer Fleischerei hängen und man lernt viel über tierische Anatomie. Oder der Betrieb Hans Baer, ebenfalls aus der Pfalz: Er lässt einen putzigen Bären auf einem Fahrrad übers Etikett radeln. Da macht schon das Hinschauen Spaß.

Spätestens als Günter Jauch in das Geschäft einstieg, war klar: Da ist Bewegung drin, man erschließt mehr und mehr bisher nicht gekannte Zielgruppen. Was sich auch auf der ProWein in Düsseldorf zeigt, die vom sehr kleinen Anfangsangebot der Düsseldorfer Messe zum Shootingstar wurde und deutlich zeigt, wie jung das Publikum heutzutage ist.

Noch ein Pluspunkt: Allen Lokalen ist eine breite Auswahl an so genannten offenen Sorten gemeinsam. Man muss also nicht gleich eine ganze Flasche ordern. Das macht das Vergnügen kostengünstiger. Das kommt an bei einem Publikum, das so weit weg ist von reifen alten Herren, für die ein Grand-Cru-Glas mit Cheval blanc oder Petrus, bei kleinerem Portemonnaie ein Dornfelder vor sich das Maß aller Dinge ist.

Weitere Adressen in Düsseldorf
Finn’s Wein & Kitchen, Tannenstraße 23a

Friedrich Weinbar, Akademiestraße 22

Lido Bistro, Speditionstraße 15a

Rheinton, Gartenstraße 28

Vino Tinto, Bagelstraße 124

WyNo, Birkenstraße 47a

En de Canon, Zollstraße 7


Lust auf weitere Geschichten?