Karnevalsumzug im Mai hat kaum noch eine Chance

In den Social-Media-Kanälen entlädt sich seit Tagen ein Shitstorm gegen den WDR, weil er die Übertragung des Düsseldorfer Karnevalsumzugs am 29. Mai abgesagt hat. Wie schon so oft unterstellt man dem Sender, nahe an Köln und fern von Düsseldorf zu sein. Deshalb sei die Absage typisch. Bei der Aufregung übersehen aber viele einen wichtigen Fakt: Der Umzug im Mai wird nicht stattfinden. Denn ohne Übertragung gibt es keine Zahlungen an das Comitee Düsseldorfer Carneval (CC) und damit fehlt die finanzielle Grundlage für das Spektakel. Aus dem Umfeld des CC hört man zwar, es habe mit anderen TV-Sendern gesprochen. Aber dabei hat es kein anderes Ergebnis erzielt. Nun könnte nur noch ein sehr großzügiger Sponsor mit einer sechsstelligen Summe das Ganze retten. Aber damit rechnet keiner. Das CC ist damit doppelt getroffen: Weil schon die TV-Sitzung weggefallen war, waren die Jecken eh schon klamm. Nun auch noch auf die Überweisung für die Sendezeit am 29. Mai zu verzichten, ist katastrophal. Nicht zuletzt die Mottowagen von Jacques Tilly, die pro Stück leicht mindestens vier-, aber oft fünfstellige Summen kosten, können ohne das TV-Honorar nicht bezahlt werden. Dass andere Geldgeber oder Sender einspringen, ist unwahrscheinlich. Wegen des Ukrainekrieges festigt sich die Meinung, das Feiern von Karneval sei im Moment nicht angebracht. Die Kölner haben es bereits vorgemacht: Aus ihrem coronabedingt minimierten Zug wurde eine Friedensdemo. Die dann ziemlich gut besucht war. Auch im Düsseldorfer CC spricht man seit Tagen über den Gedanken, den Umzug Ende Mai komplett abzusagen. Wegen des Golfkriegs hat man das 1991 schon einmal gemacht, damals allerdings im Nachhinein als überzogen eingeschätzt. Diesmal sei die Lage eine andere, meint man. Der Krieg ist in Europa, und die Folgen für den Kontinent und die ganze Welt sind nicht absehbar. Viele Menschen haben große Angst. Die Nachricht des WDR kam vor ein paar Tagen wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Man werde den Düsseldorfer Karnevalsumzug nicht live übertragen, teilte der Kölner Sender mit, sondern im Laufe des Abends im Regionalprogramm darüber berichten. Wörtlich hieß es: &bdquo;Die Übertragung eines Karnevalsumzugs in der aktuellen Situation, in der in Europa Krieg herrscht und Millionen Menschen ihre Heimat verlassen mussten, ist für uns schwer vorstellbar. Schunkelnde Reporter, Reporterinnen sowie feiernde Kommentatoren und Kommentatorinnen wären im Sendeablauf - davon müssen wir derzeit ausgehen - unmittelbar umgeben von Bildern des Ukraine-Konflikts.“ Man verwies auf anderen Plattformen, auf denen man berichten wolle und schob noch nach: &bdquo;Wir wünschen den Düsseldorfer Jecken und dem Comitee Düsseldorfer Carneval (CC), den beteiligten Vereinen und ihren Mitgliedern am 29. Mai einen schönen Umzug.“ Die Düsseldorfer Jecken reagierten höflich-enttäuscht, waren aber intern empört. Denn bevor man sie informiert hatte, war schon eine Mitteilung an die Medien verbreitet worden. Daher gingen die ersten Reporter-Anfragen ein, während die WDR-Verantwortlichen erst mit dem CC sprachen. Dennoch bemühten sich die Düsseldorfer anschließend um Schadensbegrenzung und versuchten, den &bdquo;Brauchtumsumzug“ am 29. Mai als Demo für Frieden und Freiheit zu deklarieren und als Zeichen für die Freiheit, seine Meinung hier frei äußern zu dürfen. Außerdem, so CC-Sprecher Hans-Peter Suchand, werde dabei auch die Situation in der Ukraine eine Rolle spielen. Wie genau sagte er freilich nicht. Nach aktuellem Stand der Dinge hat sich das nun erledigt.

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