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Kraftwerk, „Autobahn“ und die Welt von 1974

Vor 50 Jahren installierten die Düsseldorfer Elektronikpioniere das Album auf der musikalischen Weltkarte. Es schrieb Geschichte. Gastautor Konrad Schnabel schwelgt in Erinnerungen an die Zeit und die Stadt.
Von Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 22. November 2024
Band Kraftwerk Live in der Kunstsammlung NRW, Konzertreihe Der Katalog 12345678, 1. Konzert, LP Autobahn von 1974 Foto: Andreas Endermann
Kraftwerk präsentierte Autobahn im ersten von acht Konzerten im Januar 2013 in der Kunstsammlung NRW (Der Katalog 12345678)

Es kam aus der Vergangenheit und stürmte in die Zukunft. Es war neu, ungewöhnlich und prickelnd germanisch: „Autobahn“! Das wegweisende Album der Elektronikpioniere Kraftwerk aus Düsseldorf wurde im November 1974 veröffentlicht und elektrisierte weltweit die Charts. Seither rankt sich reichlich mythischer Efeu um die Protagonisten Ralf Hütter und Florian Schneider(-Esleben, verstorben 2020). Es wurde so viel über die geheimnisvollen Visionäre getuschelt, geschrieben und wiederholt, dass manche die Jubelprosa gar nicht mehr lesen wollen.

Unerzählt blieb bislang die Story eines Zeitzeugen, der kurz nach dem Erscheinungsdatum von „Autobahn“ 16 Jahre alt wurde. Sein jugendliches Ich neigte dazu, sich als musikalischer Influencer aufzuspielen. Sein Instagram waren Schulhof und Partykeller. Der Zeitzeuge bin ich, und da die Leserschaft von VierNull überwiegend aus Nachgeborenen zu bestehen scheint, sei mir der Exkurs in das Jahr 1974 gestattet, in eine noch vollkommen analoge Zeit, in der sich die Welt langsamer drehte, die Luft dreckig und der Sex sauber waren, Handys, KI, selbst CDs noch nicht mal als Science-Fiction galten.

Telefon gab’s nur mit Drehscheibe und Kabel in der Wand. Das TV bestand aus drei Programmen, startete am Nachmittag und endete spätestens um Mitternacht mit Warnton und Testbild. Wer über einen Farbfernseher (natürlich noch ohne Fernbedienung) und einen Anrufbeantworter verfügte, hatte bald viele neue Freunde. Vor einer Informationsflut war man noch bewahrt, dennoch war die Gegenwart voller Sensationen und die Zukunft weit offen. Deutschland wurde durch eine 1400 Kilometer lange Mauer mit Wachttürmen in eine Bundes- und Deutsche Demokratische Republik geteilt. So blieb es auch noch weitere 15 Jahre lang. Bonn hieß die Hauptstadt, und bezahlt wurde in D-Mark. Es war eine Zeit, in der noch ganze Berufsgruppen Autoritätspersonen waren (Priester, Lehrer, Polizisten und sogar Postbeamte).

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

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