fbpx

Niemand kann überall sein, Walter schon

Walter Schuhen taucht seit Jahren bei allen wichtigen Veranstaltungen der Stadt auf. Dabei hat er weder Amt noch Job, die ihn dazu berechtigen. Wie hat der Kerl das hinbekommen?
Veröffentlicht am 1. September 2022
Walter Schuhen
Wo ist Walter? Auch das DGB-Hoffest ließ sich Walter Schuhen nicht entgehen. Foto: Andreas Endermann

Gesucht wurde ein Pate für den Schabracken-Lippfisch. Pinguine, Haie, alles kein Problem für den Aquazoo, aber wer wollte schon ein Tier mit so einem Namen? Walter Schuhen wollte. Er spürte eine Verbindung. Sagt Walter Schuhen. Seit 2018 zahlt er jedes Jahr 75 Euro für einen Fisch, der im besten Fall neun Zentimeter groß wird.

Walter Schuhen ist – weniger platt lässt es sich nicht sagen – ein Phänomen. Die Rheinische Post schrieb vor einigen Jahren über ihn, er habe „wie kein zweiter Düsseldorfer die Fähigkeit, Einladungen für alle gesellschaftlichen Kleinst- bis Großereignisse in dieser Stadt zu erhalten.“ Dabei sitzt er weder im Stadtrat noch in einem Unternehmensvorstand noch gehört ihm ein Unternehmen. Er weiß selbst am besten, dass sich einige Leute von Rang und Namen in der Stadt fragen, was er in ihren Kreisen überhaupt zu suchen hat, dieser schmächtige Typ von 60 Jahren mit Hornbrille, fliehender Stirn und einem Gesicht, das keinen Bartwuchs erwarten lässt. Um darauf eine Antwort zu finden, habe ich Walter Schuhen mehrfach getroffen und auf zwei Veranstaltungen begleitet.

Dass ich ihn im Folgenden nur noch Walter nennen werde, ist bloß ehrlich. Unser erstes Treffen in seiner Altstadt-Wohnung ist kaum 20 Minuten alt, da bietet er mir das Du an. Walter duzt beinahe gnadenlos. Der frühere Oberbürgermeister Joachim Erwin ist für ihn bloß Jochen, mit Helge meint er selbstverständlich den Kunstberater Achenbach. Nur einige Minuten später gibt er mir eine ausgedruckte Liste, ein DIN-A4-Blatt. Darüber steht: „Was hat Walter Schuhen für Düsseldorf bewirkt?“ Fein säuberlich führt er dort unter den Punkten Sport, Wirtschaft, Sozial, Politik, Kultur, Kunst und Brauchtum, Tourismus seine Leistungen für die Stadt auf. „Andreaskirche Faltblatt chinesisch“, „Weihnachtsbäume Unicef/Commerzbank“, „Metro Marathon Düsseldorf“ und so weiter. Stand: 3. Januar 2020.

Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.

Unser Journalismus ist werbefrei und unabhängig, deshalb können wir ihn nicht kostenlos anbieten. Sichern Sie sich unbegrenzten Zugang mit unserem Start-Abo: die ersten sechs Monate für insgesamt 1 Euro. Danach kostet das Abo 8 Euro monatlich. Es ist jederzeit kündbar. Alternativ können Sie unsere Artikel auch einzeln kaufen.

Start-Abo: 6 Monate für 1 Euro

Artikel einzeln kaufen

Schon Mitglied, Freundin/Freund oder Förderin/Förderer?

Hier einloggen


Lust auf weitere Geschichten?