Rundgang mit Peter Doherty: „Meine Ziele? Hm. Ein paar Pfunde abnehmen?“
Ich wusste von ihm nur, was alle wissen: Dass er Rockmusiker ist. Dass er mit dem Supermegatopmodel Kate Moss zusammen war. Dass er alle Drogen, die er in die Finger bekam, konsumiert haben soll, was ihm eine Menge Scherereien einbrachte, zum Beispiel mit seinen Bands (den „Babyshambles”, gibt es immer noch, und „The Libertines”, gibt es nicht mehr) und mit der Polizei. Im Grunde mit allen. Skandalrocker hat man ihn genannt.
Und nun war Peter Doherty in Düsseldorf. Der 1979 geborene Brite, der mittlerweile in der Normandie leben soll, ist nicht nur Rockmusiker und bricht zuweilen nachts besoffen in einen Musikladen ein, um eine Gitarre und eine Schallplatte zu klauen (so geschehen 2011 in Regensburg). Er zeichnet auch und fertigt wilde Collagen an. Darum hatte ihn das NRW-Forum eingeladen, neben anderen Prominenten an der Ausstellung „Beyond Fame” teilzunehmen. Sie zeigt Kunstwerke von bekannten Menschen, die nicht als Künstlerinnen oder Künstler bekannt wurden, sondern als Politiker (Anton Hofreiter), Schauspielerin (Meret Becker), Wimbledonsieger (Michael Stich), Werbekoryphäe (Jean-Remy von Matt), Modefreak (Harald Glööckler) oder eben Skandalrocker.
Ich kam am Eröffnungstag gegen fünf im NRW-Forum an. Da war es noch einigermaßen leer. Seelenruhig schlenderten ein paar Promis durch die Räume. Hätte mir ein Bekannter nicht zugeraunt, guck mal, da hinten, Peter Doherty, ich hätte ihn nicht erkannt. Im Kopf hatte ich die Bilder, die vor Jahren durch die Medien geisterten und auf denen Doherty immer fahl und verschwitzt aussah, dazu dieser fahrige, kalte Junkieblick. Jetzt aber spazierte da hinten ein stattlicher, wohlbeleibter Herr im grauen Anzug, mit grauer Schiebermütze auf dem Kopf und mit einer fast schon buddhahaften Ausstrahlung, selbst von hinten. Ich sprach ihn an.
„Peter, hast du Ziele im Leben?”, fragte ich. Wie ich darauf kam – ich habe keine Ahnung. Doherty sah mich an, als überlegte er: Was ist denn das für eine bescheuerte neoliberale Frage. Er rückte seine Mütze zurecht. Seine grauen Haare waren verschwitzt. Die 44 Jahre sah man ihm nicht an. Er wirkte älter. Auch als Landschlossbesitzer im 19. Jahrhundert hätte er eine gute Figur gemacht. In der Brusttasche seines Sakkos steckten drei Zigaretten, Filter nach oben. Anstelle einer Antwort fragte er zurück (wir sprachen Englisch miteinander): Ob es mir etwas ausmachen würde, mit ihm durch die Ausstellung zu gehen.
Das ist jetzt eine gemeine Stelle, den Text auszublenden, das wissen wir.
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