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Smoke BBQ: Texas-Feeling in Lichtenbroich

Im Norden von Düsseldorf raucht es gewaltig: Zwei Männer, die ursprünglich mit Gastronomie nichts am Hut hatten, betreiben dort das einzige echte Barbecue-Lokal der Stadt. „Ein knallhartes Handwerk”, sagen sie
Von Frank Lorentz (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 15. Oktober 2024
Smoke BBQ am Mündelheimer Weg in Düsseldorf
Jonas Freitag (links) und Philipp Klages haben das Smoke BBQ in einem Gewerbegebiet in Lichtenbroich aufgebaut.

Mündelheimer Weg, eine Sackgasse in einem Gewerbegebiet in Lichtenbroich, unweit des Flughafens: Auf den ersten Blick lässt nichts an Texas denken. Schönmackers, ein Entsorgungsunternehmen, hat hier seinen Sitz. Schräg gegenüber ein Bürokomplex, wo Firmen mit Namen wie „enplify” oder „Rad-Lagerlogistik” untergebracht sind. Daneben „Sodick Deutschland”, Hersteller von „Erodiermaschinen”. Läge nicht der Duft nach Holzkohle in der Luft, man könnte meinen, es handele sich um ein urdeutsches Gewerbegebiet wie jedes andere.

Dass es so intensiv nach Holzkohle riecht, liegt an Smoke BBQ. Es ist ein Barbecue-Lokal, das einzige in Düsseldorf; das nächste vergleichbare befindet sich in Dormagen. Aus einem am Eingang stehenden Räucherofen (Smoker) steigt an diesem Samstagnachmittag konstant Rauch auf. Vor dem Lokal parkt ein schwarzer Ford-Ranger-Pickup. Auf dem Kfz-Kennzeichen, hinter dem D, die Buchstaben TX – für Texas.

Der Wagen gehört zu dem Lokal, das Barbecue wie in Texas zubereitet, also auf die Südstaaten-Art. Das heißt: Fleischstücke, die kurz gebraten zäh wie Schuhsohlen wären – Spare Ribs etwa oder Schweineschulter, klassische „Schmorstücke” –, werden bis zu 14 Stunden bei einer Temperatur von um die 60 Grad in der Abluft eines Holzfeuers gegart. Das Fleisch fällt, wenn es gar ist, praktisch von allein vom Knochen. Kein Gas, kein Elektro, keine Raucharomen. Stattdessen echtes Holz, echtes Feuer, echter Rauch und ein schonender Garprozess. Mit anderen Worten: Ein Barbecue, das den Namen verdient, hat mit Grillen so viel zu tun wie ein Ford Ranger mit einem Dreirad. (Dies als freundlicher Wink an alle, die zum BBQ einladen und dann am Webergrill stehen.)

Langsam kommt an diesem Nachmittag Leben in die Straße. Ohne das Lokal wäre sie wahrscheinlich von Freitagnachmittag bis Montagmorgen im Tiefschlaf. Ein Fußgänger-Paar stiefelt in das Lokal, und dann noch eins, und noch eins. Auf Laufkundschaft braucht in diesem Winkel der Stadt niemand zu hoffen. Wer den Mündelheimer Weg aufsucht, muss ihn aufsuchen wollen. Und zu Smoke wollen seit geraumer Zeit sehr viele Menschen.

„Den Geruch nach Rauch könnte ich rund um die Uhr haben”, sagt Philipp Klages, geboren 1982 in Düsseldorf und einer der beiden Chefs in der Lichtenbroicher Texas-Außenstelle. Mit drei Tischen ging er 2019 an den Start, in dem schwarzen Holzkabachel, das heute am Rand des Restaurantgeländes steht und das Klages einst bei Ebay-Kleinanzeigen gekauft hatte. Eine ehemalige Kebab-Bude.

Seine Eltern lebten, vor seiner Geburt, zehn Jahre in Texas, darum war ihm Barbecue schon immer ein Begriff. Allerdings begann er sein Berufsleben nicht in der Gastronomie – als Medienökonom produzierte er unter anderem Filme. Von professioneller Gastronomie hatte er, wie er erzählt, nicht den Hauch einer Ahnung, als er das Kabachel kaufte, um dem Lockruf seines wahren Interesses zu folgen und Räucherfleisch unters Volk zu bringen. Learning by doing, wie man so schön sagt. Heute bietet das Lokal auf einer überdachten Terrasse 20 rustikale Tische. Es gibt zwölf fest angestellte Mitarbeiter und knapp 20 freie. Pro Woche wandern 800 Spare Rips – der Bestseller – in den Magen der Gäste. Sechs Raummeter Holz gehen wöchentlich in Rauch auf.

Auf den zweiten Blick ist es in dem Lichtenbroicher Gewerbegebiet doch ein bisschen wie in Texas. Dort finden sich nämlich die Barbecuelokale häufig am Straßenrand, in unscheinbaren Blechhütten. Straßenrand und Gewerbegebiet – der Unterschied ist nicht so groß. Und letztlich hat es ebenso wie eine Landstraße auch einen verwegenen Charme. Jedenfalls kann die Abwesenheit von Schnickschnack, zumal in einer fashion- und designaffinen Stadt wie Düsseldorf, ansprechend wirken. Das denken sich möglicherweise auch die 30 Männer plus eine Frau, die sich gerade (kurz vor 18 Uhr) dem Lokal zu Fuß nähern. Unternehmenskundschaft. Neben der Lokalterrasse erstreckt sich eine Halle, wo Kurse wie „Feuertonnen BBQ” und das „Texas BBQ Seminar” stattfinden oder Firmen-Incentives mit Südstaaten-Feeling. Mit dem Vorteil, dass man sich den teuren Flug über den Atlantik sparen kann. 

Ehe Klages das Lokal eröffnete, stellte er einen Smoker in den Garten seiner Derendorfer Wohnung und experimentierte, wie er das perfekt gegarte Fleisch hinbekommt. „Wenn die Nachbarn beim Frühstück waren, lief bei mir schon seit Stunden der Smoker.” Barbecue, sagt er, sei „knallhartes Handwerk”. Die Temperatur muss gleichbleiben, und damit das so ist, ist das Feuer ständig zu kontrollieren. Er habe ganze Nächte damit zugebracht, hineinzustarren.

Die Sache mit dem Räuchern nahm so richtig Fahrt auf, als er eines Tages Jonas Freitag kennenlernte, der zu seinem Geschäftspartner wurde. Freitag, geboren 1992 in Duisburg, studierte zu der Zeit Jura in Bonn, war aber schon auf Abwegen (und brach das Studium bald ab). Mit einem seiner Professoren, einem glühenden BBQ-Fan, besuchte Freitag die Eröffnung eines American-Barbecue-Restaurants in Köln und war „maximal enttäuscht”: volltätowierte Typen, die ihr mageres Knowhow Youtubefilmchen verdankten. Er besuchte ein Foodtruck-Festival in Hamburg und unternahm mit dem Professor, der eher schon ein Freund war, eine BBQ-Sause nach Texas. „Dort war mein Ehrgeiz geweckt.”

Insbesondere die dortigen Smoker hatten es ihm angetan. Er horchte sich um, wo die Pitmaster (so heißen die Meister in der Kunst des Barbecues) sie sich besorgt hatten. Antwort: „Den hat mein Onkel gebaut.” Oder: „Den hat mein Nachbar gebaut.” Oder: „Den hat mein Opa gebaut.” Freitag hatte aber weder Onkel noch Nachbarn noch Opa, der dazu imstande gewesen wäre. Weshalb er beschloss: Ich mache mir den Smoker selbst. In einem dreitägigen Crashkurs lernte er Mag-Schweißen. 2017 war sein erster großer Smoker, ein umgebauter Gastank, betriebsbereit. Heute steht er auf einem Wagen in der Halle, wo die Kurse stattfinden. „Taste of Texas Barbecue” steht oben drauf.

Alle Smoker in dem Lichtenbroicher Lokal sind selbst gebaut. Ebenso alle Blumenkästen und was man sonst noch so braucht für ein authentisches Industrieromantik-Flair. In einer Werkstatthalle, gleich hinter Schönmackers, entwerfen und frickeln und basteln die beiden Gatsronomieseiteneinsteiger, was das Zeug hält. Selbst ist der Mann.

Und zu lernen gibt es noch genügend. Denn jeden Tag ist die Luft etwas anders. Und das Holz. Und das Feuer. Und das Fleisch. „Es gibt keine zwei gleichen Fleischstücke” sagt Jonas Freitag, der in diesem Jahr eine Fortbildung zum „Fleischsommelier” absolviert hat und sich mit Spezialistenfragen folgender Art beschäftigt: Wie verhält sich Duroc-Schweinefleisch im Smoker? Und Iberico? Und Sattelschwein? Was macht Kirschholz mit einem Duroc-Schwein im Unterschied zu Erle? Zu Esche? Und zu Buche? (Basiswissen für Einsteiger: Fruchthölzer sorgen für Aroma, Buche ist mild.) „Die wichtigste Eigenschaft ist Geduld”, sagt Jonas Freitag. Doch etwas Tempo kann ebenfalls nicht schaden, weshalb das Duo die Expansion in Angriff nimmt. In Derendorf eröffnet in Kürze eine Filiale von Smoke BBQ, hinzu kommt ein Onlineshop. 

Früher Abend inzwischen, die Hütte ist ziemlich voll. Etliche Spare Rips werden serviert, Chicken Wings, Pommes. Nicht auf Porzellan, sondern auf silbernen Tabletts. Ursprünglich, sagt Klages, schwebte ihm eine szenige Hiphopper-Kundschaft vor. Davon hat er sich verabschiedet – das Publikum ist deutlich älter. Viele junge Leute und Familien, aber auch viele ältere. 60 Jahre plus. „Den Hiphop musste ich aus dem Businessplan nehmen”, sagt er mit einem Lachen. Stattdessen verbreiten die Restaurant-Lautsprecher Bluegrassmusik, was man in den Südstaaten halt so hört. Schaut man sich das Treiben eine Weile an, fragt man sich irgendwann möglicherweise, warum niemand einen Cowboyhut trägt. Doch das ist sicher nur noch eine Frage der Zeit.  

Adresse und Öffnungszeiten des Smoke BBQ in Düsseldorf

Adresse Mündelheimer Weg 31, Telefon 0211 87978770, E-Mail: [email protected], Internet: https://smokebbq.de/

Öffnungszeiten Montag bis Freitag 12 bis 21 Uhr, Samstag und Sonntag 13 bis 21 Uhr

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