Restauranttipp: Thun, Tapas, Trödel
Natürlich muss man zuerst den Namen erklären – Emmafisch. Nein, das Magazin gleichen Namens von Alice Schwarzer („Emma“) hat nichts damit zu tun. Dafür die Straße: Das Restaurant liegt an der Emmastraße in Oberbilk. Sie bildet eine Verbindung zwischen Oberbilker Allee und Volksgarten. Die Karte ist zwar vielfältig, doch die eindeutige Vorliebe der Küchencrew liegt bei allem, was aus dem Wasser kommt und Schuppen hat. Oder Panzer. Oder Schalen.
Ein bisschen erinnert dieses Ensemble an den Bilker Bahnhof, bevor dort der potthässliche Einkaufbunker namens Düsseldorf Arkaden gebaut wurde. Viele werden sich erinnern an das Caruso, ein italienisches Restaurant mit begnadeter Kulinarik. Oder einige andere Betriebe in einem eher verrotteten Ambiente, das die Menschen aber vor allem wegen seiner fehlenden optischen Perfektion liebten. Für Hygienefanatiker war das Ganze eher nicht geeignet.
Verrottet ist beim Emmafisch nichts, auch nicht die Umgebung. Aber eben auch nicht piekfein oder gar elegant, nicht mal kühler Stil in der angesagten Beton-Stahl-Holz-Ziegelwand-Optik oder irgendwie anders durchdesignt. Nein, was dem Auge geboten wird, scheint eher dem Zufall überlassen. Das einzige erkennbare Konzept ist der Gedanke, kein Konzept zu haben. Und auch keins haben zu müssen.
Die riesige Halle war früher wohl mal eine Autowerkstatt, der Eingang ist daher auch ein Rolltor, das sich locker auf vier oder fünf Meter hochfahren lässt. Wo die Gäste an Tischen oder Bänken sitzen, hat man grob bearbeitete Bretter auf den Betonboden geschraubt. Das sieht gut aus und hilft im Winter gegen Fußkälte. Tische und Stühle vieler Stilrichtungen sind locker und mit reichlich Platz dazwischen arrangiert, aber die wichtigen Hingucker hängen an den Wänden, stehen in oder auf Regalen: ein paar Radios aus den 50er Jahren (ich erinnere mich, dass meine Oma so eins hatte), daneben meterweise verstaubte Bücher wie aus einem Antiquariat.
Ein paar der Bilder an der Wand widersprechen der These, Kunst habe was mit Können zu tun, ein paar andere belegen sie. Es gibt schräge Deko-Figuren, zum Beispiel die possierliche alte Dame mit Dutt aus Kunststoff, die das Schild mit dem Hinweis zur Toilette trägt. Mittendrin im Raum steht ein gebraucht aussehender, abgewetzter Flügel, der wie die arme Verwandtschaft von Bechstein und Co wirkt. Die optische Orgie aus Nippes und Gedöns ist unübersichtlich, aber ansehnlich. Als hätte eine glückliche Hand das Ganze zu einem gigantischen Wimmelbild arrangiert, auf dem man auch beim x-ten Hingucken noch was Neues entdeckt. Dazwischen Blumentöpfe und eine Menge von dem Zeug, das der Rheinländer gern als „Stehrömken“ bezeichnet. Weil es nur rumsteht und außer erstaunten Blicken viel Staub sammelt.
Woher das alles kommt? Vom Trödel, erzählt jemand vom freundlichen Service, aber vieles werde auch von den Gästen mitgebracht. Man ahnt den Dialog daheim:
Sie: „Das muss weg.“
Er: „Auf keinen Fall, viel zu schade.“
Sie: „Dann schenken wir es dem Emmafisch.“
So oder so: Danke dafür. Denn als Teil dieses optischen Ensembles findet alles einen neuen Sinn und freut die Besucher. Der Spruch „Das Auge isst immer mit“ bekommt so eine ganz neue Bedeutung.
Läuft der Betrieb auf hohen Touren, schwebt über allem der Duft von heißem Olivenöl und gegrilltem Fisch. Der wird bald jenen Punkt erreicht haben, der den Unterschied ausmacht zwischen frisch filettiertem Red-Snapper und Fischstäbchen aus der Pfanne. Nix gegen die viereckigen panierten Dinger, aber verglichen mit der Kochkunst der Frauen und Männer im Emmafisch saufen sie leider gnadenlos ab.
Und das gilt nicht nur für Thun, Dorade und Schalentiere. Weil es ja auch Menschen gibt, denen suspekt ist, was vor dem Verzehr im Wasser lebte, bietet das Restaurant auch an, was heutzutage angesagt ist: Tapas wie in Spanien, Pasta wie in Italien – das sieht man bei Emma sehr großzügig. Passend zum Stadtteil, in dem Dutzende Nationalitäten leben, arbeiten, kochen und essen gehen.
Weiterführender Links
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