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Walid El Sheihk: Protest gegen seine neue Weinbar in Oberkassel eskaliert

Der Betreiber mehrerer Lokale in der Altstadt plant im linksrheinischen Düsseldorf ein weiteres. Aber dort sind einige Anwohner dagegen. Nun hat man die Türschlösser zu dem Ladenlokal mit Sekundenkleber verstopft. Damit erreicht der Protest eine neue Qualität.
Von Hans Onkelbach (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 2. Oktober 2023
Walid El Sheikh
Walid El Sheikh vor dem Ladenlokal, in dem er die Bar en Rouge eröffnen möchte. Jetzt hat jemand die Türschlösser demoliert.

Der in der Altstadt sehr präsente Gastronom Walid El Sheikh (unter anderem Fett-Bar und Sir Walter) arbeitet seit einigen Monaten daran, an der Sonderburgstraße in Oberkassel eine weitere Weinbar zu eröffnen. Dort hat er eine Immobilie angemietet, in deren Erdgeschoss über viele Jahre ein Friseur arbeitete. In dem Geschäft möchte er ein Weinlokal eröffnen. Bar en Rouge soll es heißen, weil er hofft, dort besonders viele Freunde des Rotweins bewirten zu können.

Von Anfang an gab es Skepsis in der Nachbarschaft. Ein harter Kern von Anwohnern fürchtet sich vor dem angeblichen Lärm einer solchen Gastronomie. Bisher war der Protest nur ein verbaler, nun jedoch wurde eine Grenze überschritten: Unbekannte haben nachts die Türschlösser des Lokals mit Sekundenkleber demoliert. Die Beseitigung des Schadens wird etliche hundert Euro kosten. Das ist Sachbeschädigung, das Ganze bekommt juristisch eine neue Dimension.

In einem Beitrag auf seiner Facebook-Seite hat El Sheikh den Vorgang öffentlich gemacht. Darin schreibt er: „Liebe Bürgerinitiative „gegen die geplante Weinbar in OBK“, ich stelle mich jeder Kritik und begegne jedem persönlichen Gespräch offen, mit Geduld und der Bereitschaft, ins Detail zu gehen. Diese Haltung habe ich nach wie vor. Ich habe meine Türen für eine öffentliche Begehung geöffnet, und auf all Ihre Fragen habe ich ehrlich geantwortet. Dies alles gehört meiner Meinung nach zu einem bürgerlichen, demokratischen Miteinander. Ich bin zutiefst enttäuscht über den Sabotageakt an dem von mir angemieteten Objekt. Alle Türschlösser mit Sekundenkleber zu verkleben, um seinem Unmut Ausdruck zu verleihen, ist niederträchtig und kriminell. Dies werde ich natürlich zur Anzeige bringen und plädiere gleichzeitig an Ihre Vernunft, diesen Weg der Kritik nicht weiter zu verfolgen, da es uns alle als Gemeinschaft in unserer Stadt zu Verlierern macht.“

Binnen kürzester Zeit bekam er Dutzende Kommentare – durchweg positiv. Die Kommentatoren fordern ihn auf, sich nicht beirren zu lassen. Das will er auch nicht, sondern bietet weitere Gespräche an. Demnächst will er noch einmal zu einem Tag der offenen Tür in seinem neuen Betrieb einladen, und gern eine Kiste Wein hinstellen. Dass die Täter aus den Reihen der Protestierenden kommen, will er nicht unterstellen, am Ende weiß er nicht, wer das getan hat. Auf jeden Fall wird er einen Strafantrag stellen.

Der Vorfall fügt sich ein in eine Reihe von nachbarschaftlichen Streitigkeiten, die ich bei VierNull unter dem Titel „Es gibt nicht nur nette Nachbarn“ vor einigen Monaten beschrieben habe. Anlass war seinerzeit ein Kleinkrieg, den in Niederkassel ein einziger Nachbar gegen einen Biergarten angezettelt hatte. Hunderte von Strafanzeigen ergingen gegen den Wirt, wegen Bagatellen und kaum messbaren Vorfällen. Angeblich, so berichtete es die „Rheinische Post“ vor einigen Tagen, ist dort inzwischen Ruhe eingekehrt. Den Betreiber des Biergartens wird es freuen, denn der Streit hat ihn sehr belastet.

Aber auch dort eskalierte die Situation. Weil Nachbarn meinten, der Beschwerdeführer sei Muslim, legten sie ihm einen Schweinekopf vor die Tür. Was prompt dazu führte, dass der Staatsschutz die Ermittlungen übernahm. Geklärt wurde der Fall bis heute allerdings nicht.

Neu sind solche zum Teil sehr aggressiven Proteste aus der Nachbarschaft nicht. Ein Beispiel: Das Open-Air-Kino, das heute jährlich im Rheinpark aufgebaut wird, war ursprünglich auf dem Burgplatz beheimatet. Auch dort gab es einen Anwohner (übrigens ein vom Standort stark profitierender Gastronom), dem das nicht passte. Er ließ nicht locker – und am Ende musste das Kino umziehen.

Andere Gastronomen berichten immer wieder von teils massiven Protesten von Frauen oder Männern, die nicht weit weg wohnen. Immer wieder müssen Wirte um punkt 22 oder 24 Uhr draußen jede Form von Bewirtung und womöglich entstehende Geräuschen unterbinden, weil es sonst umgehend eine Anzeige beim Ordnungsamt gibt. Übereinstimmend berichten die Betroffenen, meist gebe es beim Amt viel Verständnis, aber dort sei man halt an strenge Vorschriften gebunden, die eingehalten werden müssten.

Auffällig ist, dass vor allem in Vierteln, die wegen ihrer urbanen Qualitäten (lebhafte Gastronomie, viele Läden) als Adresse sehr beliebt sind, die Intensität der Proteste zunimmt. Im Grunde absurd: Man schätzt das Viertel wegen des reizvollen Umfelds. Aber sobald es als störend empfunden wird, versucht man, dagegen vorzugehen.

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