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Was ich dank eines Youtube-Kanals aus Düsseldorf über die chinesische Küche gelernt habe

Der Düsseldorfer Ning Ma veröffentlicht Videos, in denen er die Küche seines Heimatlands erklärt. Dabei spielt das Wort "Nicht" eine große Rolle, weil er auch mit einer Reihe von Mythen aufräumt. Was ich im Zuge dessen auch gelernt habe: Das erste chinesische Restaurant in unserer Stadt eröffnete schon vor 70 Jahren.
Veröffentlicht am 22. April 2022
Gebratener Goldener Reis
Die Videos von Ning Ma haben unsere Autorin inspiriert - und offensichtlich auch unseren Fotografen Andreas Endermann.

Ich dachte immer, eines meiner chinesischen Lieblingsgerichte in Düsseldorf sei „Knusprige Ente mit Süß-Sauer-Sauce“ – ein Gericht, das in China traditionell serviert wird. Meine Überraschung war entsprechend groß, als ich die Wahrheit über dieses Gericht entdeckt habe. Das verdanke ich dem in Düsseldorf lebenden Chinesen Ning Ma, der einen Youtube-Kanal betreibt. Er heißt „Ning kocht süß-sauer – nicht“. Ning bringt uns darin einfache, schnelle und auch Jahrtausende alte Rezepte bei und erklärt die Herkunft sowie die Bedeutung vieler Gerichte.

In einem von Nings Videos („Chinesisch? Von wegen! 5 chinesische Gerichte, die es in China gar nicht gibt“) habe ich dann gelernt, dass das Gericht „Knusprige Ente mit Süß-Sauer-Sauce“ nicht authentisch chinesisch, sondern eine westliche/deutsche Variante des Gericht ist. Und zwar aus zwei Gründen. Erstens: Die Ente wird in China gegrillt, wie zum Beispiel auch die „Peking Ente“, und nicht frittiert. Zweitens: Der süß-saure Geschmack in China entsteht aus Zucker, Essig und Soja-Sauce und nicht wie bei der westlichen Version aus Zucker, Essig und Ketchup.

Ich habe in diesem Zusammenhang noch etwas Überraschendes gelernt: Die Geschichte chinesischer Restaurants in Düsseldorf reicht schon 70 Jahre zurück. Das Buch „Düsseldorf in China. China in Düsseldorf. Eine Spurensuche“ dokumentiert sehr akribisch, wer wann und wo sein Lokal geführt hat. Danach war Woo Kwang-han der erste Betreiber. Er eröffnete 1952 an der Grabenstraße 5 – ganz einfach unter dem Namen „Chinarestaurant“. Das war das erste chinesische Restaurant in Düsseldorf und in Nordrhein-Westfalen.

Die Namen wurden später klangvoller, die Restaurants hießen dann „King Long“ („Goldener Drache“, Immermannstraße 35), „Mandarin“ (Steinstraße 23) oder „Tak Yee“ (Hohe Straße 24). In dem erwähnten Buch wird auch eine Ausgabe des „Spiegel“ von 1964 erwähnt. Danach hatte Düsseldorf Mitte der Sechziger zwölf chinesische Restaurants, die zweitmeisten der Bundesrepublik nach Hamburg. So begann die gastronomische Beziehung zwischen Düsseldorf und China, die bis heute anhält.

In meiner Heimatstadt Lima begann die Beziehung zur chinesischen Küche noch früher, mit der Ankunft der Chinesen in Peru im Jahr 1849. Damals benötigte Peru dringend Arbeitskräfte, da das Land wegen des Exports von Baumwolle, Zuckerrohr und Guano einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebte. Deshalb kamen zwischen 1849 und 1874 etwa 100.000 junge chinesische Männer nach Peru, hauptsächlich aus der Gegend von Guangdong (Kanton) in Südchina. Sie arbeiteten an der Küste auf Baumwoll- und Zuckerrohrplantagen sowie bei der Gewinnung des Düngemittels Guano auf den der Küste vorgelagerten Inseln.

Die Chinesen, die mit Acht-Jahres-Verträgen nach Peru kamen, waren aber nicht nur geschickt im Ackerbau, sondern auch in der Küche. Sie konnten ihre Rezepte und Kochtechniken sehr gut den lokalen Produkten anpassen. Die Besitzer der Ländereien gaben den chinesischen Arbeitern damals Küchenutensilien, damit sie ihr eigenes Essen zubereiten konnten. Die Landbesitzer waren außerdem vertraglich verpflichtet, den Arbeitern täglich eine Ration Reis zur Verfügung zu stellen. Obwohl Reis schon mit der Ankunft der Spanier im 16. Jahrhundert im Land eingeführt wurde, wurde dadurch eine große Nachfrage und massiver Reis-Anbau in Peru ausgelöst.

Mit den Jahren entstand so ein neuer und wichtiger Ausdruck im Peruanischen. Die kantonesischen Begriffen „Chi“ und „Fan“ bedeuten „essen“ und „Reis“. Daraus wurde „Chifa“, der Oberbegriff für ein Restaurant, in dem diese Fusion aus chinesischer und peruanischer Küche angeboten wird. Dieser Name entstand in den 30er Jahren unter den Limeños (so nennt man die Einwohner von Lima), als sie hörten, wie die Chinesen mit dem Ruf „Chifan“ zum Essen in den von ihnen betriebenen Fondas (kleinen Restaurants) riefen. Das älteste Chifa von Peru, das bis heute existiert, wurde 1927 in Lima an der Capon-Straße im Zentrum von Lima unter dem Namen „San Joy Lao“ eröffnet.

Eines der bekanntesten Fusion-Gerichte ist „Chaufan“. Das Gericht bestand ursprünglich aus kurzgebratenem, sautiertem Reis, der mit dem kombiniert wurde, was in der Küche an Fleisch, Geflügel und Gemüse übrig war. Später wurde die Spezialität um Sojasauce sowie in kleine Stücke geschnittenen Omeletts erweitert und zum beliebtesten Gericht des Landes. Es entstanden immer neue Varianten, zum Beispiel mit Meeresfrüchten und Fisch.  

So wurde aus „Chaufan“ mit der Zeit für die Peruaner „Arroz Chaufa“ oder einfach „Chaufa“. Rezepte findet man auch in „Peru. Das Kochbuch“ des renommierten peruanischen Kochs Gaston Acurio. Es ist in der Düsseldorfer Zentralbibliothek erhältlich.

Wenn Sie das Originalrezept des chinesischen gebratenen Reis nachkochen möchten, hilft wieder Ning Ma, in diesem Fall mit seinem Video „Gebratener, goldener Reis (Reis mit Eigelb)“. Und wenn Sie noch nicht wissen, wie man chinesischen Reis richtig kocht, ist das auch kein Problem. Die einfache Erklärung gibt es in dem Clip „Reis kochen mit Wissen: Die universelle Formel für guten Reis“ erkennen. Hätte ich dieses Video schon gesehen, als ich 14 Jahre alt war, hätte mir mein Vater nicht unentwegt vorhalten können, dass mir immer der Reis angebrannt ist.

Ich hoffe, Sie haben Appetit bekommen, denn Düsseldorf hat ein großes chinesisches Gastronomie-Angebot, auch für jemanden, der lieber zu Hause kocht. Ich möchte meinen Text mit einem tausendjährigen Gedicht über den Reis schließen, einem wichtigen Lebensmittel, das heute auf jedem Tisch der Welt zu finden ist. Wenn Sie wollen, können Sie dieses Gedicht auf Chinesisch im Video „Das ideale schnelle Gericht nach der Arbeit: Gebratener Reis mit Eiern“ hören. Es beschreibt, wie viel harte Arbeit nötig ist, um Reis ernten zu können, und wie wertvoll jedes einzelne Korn ist:

Der Bauer harkt seine Reispflanzen in der Mittagssonne.
Sein Schweiß tropft auf die Erde.
Wer von uns weiß, dass jedes Reiskorn in unseren Schüsseln gefüllt ist
mit der Verbitterung seiner Arbeit.

Weiterführende Links

Der Youtube-Kanal von Ning Ma ist hier zu finden.

Mehr zur chinesischen Kultur gibt es auf der Seite des Düsseldorfer Konfuzius-Instituts.


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