3,7 Kilometer mehr U-Bahn für Düsseldorf

Es gibt Pläne, den Tunnel vom Kennedydamm bis zu Messe und Arena zu verlängern. Danach führt eine neue Röhre unter der Kaiserswerther Straße und eine unter dem Nordpark hindurch. Die Rheinbahn könnte mit vier Waggons pro Zug fahren.
Veröffentlicht am 2. Mai 2022
Rheinbahntunnel
Bisher tauchen die U-Bahnen am Kennedydamm wieder auf. Dort könnte man die Röhre aber verlängern - ein Anschlussstück wurden beim Bau des ersten Tunnels vorsichtshalber schon errichtet. Foto: Andreas Endermann

Die Straßenbahnstrecke vom Kennedydamm in Richtung Düsseldorfer Norden ist sehr eindrucksvoll. Leider nicht im positiven Sinne. Vielmehr zeigt die Strecke den Nahverkehrsnutzer:innen sehr eindrucksvoll den Unterschied zwischen Strecken im Tunnel und über der Erde. Unten geht es ohne Hindernisse zügig voran, oben bremsen Autos, Ampeln und Kreuzungen das Vorankommen. Wenn die Bahnen dann auch noch stark gefüllt sind – im Berufsverkehr, bei Messen oder Spielen der Fortuna – ist endgültig Schneckentempo angesagt. Es dauert lange, bis alle ein- und ausgestiegen sind, die Türen werden immer wieder blockiert, und komplett gefüllt fahren die Bahnen langsamer. Diese unbefriedigende Situation könnte sich aber ändern.

Die Stadt möchte ab Ende dieses Jahres mit der Öffentlichkeit über Pläne für neue U-Bahn-Tunnel diskutieren. Es geht dabei um zwei Abschnitte: den zwischen Kennedydamm und Nordpark (circa 1,7 Kilometer) sowie den zwischen Nordpark, Messe und Arena (circa zwei Kilometer). Je nachdem, wie die Düsseldorfer:innen die Ideen bewerten, könnte es 2026 einen entsprechenden Beschluss für bis zu 3,7 Kilometer neue U-Bahn geben. Eröffnet würde die Strecke realistischerweise in der zweiten Hälfte der 30er-Jahre. Ich habe mit dem Verkehrsdezernenten Jochen Kral und Andreas Herzog vom Amt für Brücken-, Tunnel- und Stadtbahnbau über die Pläne, die Varianten und die Kosten gesprochen.

Wie sehen die Pläne aus? Welche Varianten gibt es?
Bei der größtmöglichen Variante würde die Tunnelbohrmaschine an der Messe abtauchen und die Röhre bis zum Reeser Platz sowie von dort bis zum Kennedydamm graben. Am Kennedydamm gibt es aus den Zeiten, in denen der schon bestehende Tunnel einst gebaut wurde, ein Anschlussstück. Das ermöglicht, die alte und die neue Röhre zu verbinden.

Neben dieser komplett unterirdischen Variante gibt es drei weitere:

1. Die Bahnen fahren auf der Kaiserswerther Straße oberirdisch und dann ab Reeser Platz unter dem Nordpark unterirdisch zur Messe.

2. Die Bahnen fahren unter der Kaiserswerther Straße hindurch, aber oberirdisch am Rande des Nordparks.

3. Die Bahnen bleiben auf der gesamten Strecke oberirdisch. Neu entsteht dann die Route vom Reeser Platz zur Messehalle 1, also die oberirdische Verbindung am Rande des Nordparks.

Was kosten die verschiedenen Varianten?
Die Kosten sind grob geschätzt und würden sich bis zur Vollendung des Projekts erfahrungsgemäß noch deutlich nach oben entwickeln. Für einen Tunnel unter der Kaiserswerther Straße nahm die Stadt 2020 Kosten in Höhe von 215 Millionen Euro netto (257 Millionen Euro brutto) an. Für die gesamte Strecke vom Kennedydamm bis zur Messe und zur Arena werden in einer Machbarkeitsstudie 602 Millionen Euro netto (716 Millionen Euro brutto) kalkuliert. Bis zur Fertigstellung würde dieser Wert voraussichtlich in Richtung einer Milliarde Euro wachsen.

Was spricht für und gegen die komplett unterirdische Variante?
Dafür spricht, dass die Bahnen im Tunnel mit dem höchsten Tempo vorankämen, weil sie sich den Raum nicht mit anderen Verkehrsteilnehmern teilen, also von niemandem ausgebremst werden. Außerdem gäbe es mit dieser Variante auf der gesamten Strecke zwischen Hauptbahnhof und Messe/Arena ausschließlich Haltestellen, die 115 Meter lang sind, so dass dort Züge mit vier Waggons halten können. So kann die Rheinbahn bei Großereignissen zugleich mehr Menschen befördern. Schließlich hat diese Lösung auch ökologische Vorzüge: weniger Lärm für die Menschen in den umliegenden Vierteln und weniger Baumfällung entlang der Strecke.

Gegen diese Variante sprechen vor allem die Kosten. Fördergeld von Bund und Land gibt es nur, wenn mit einem Tunnel neue Strecken erschlossen werden. Das gilt zwar für den Abschnitt unter dem Nordpark, nicht aber für die Kaiserswerther Straße, weil dort ja bereits heute Bahnen fahren. Für das Gesamtprojekt bleibt das Nutzen-Kosten-Verhältnis daher voraussichtlich unter dem Mindestwert für eine Förderung. Die Stadt müsste dann das Projekt also weitgehend alleine stemmen.

Wie sind die Varianten mit jeweils einem oberirdischen und einem unterirdischen Abschnitt zu bewerten?
1. Die Variante mit dem Tunnel ausschließlich unter dem Nordpark: Dafür spricht, dass Bund und Land sich wahrscheinlich stark an den Kosten beteiligen würden und die neue Messehalle 1 einen eigenen U-Bahnhof erhielte. Der Nordpark bliebe unberührt. Dagegen spricht, dass man das Potenzial der neuen Verbindung nicht ausschöpfen könnte. Auf der oberirdischen Strecke auf der Kaiserswerther Straße sind nur Züge mit drei Waggons möglich, folglich wären diese kürzeren Bahnen auch im neuen Tunnel unterwegs. Es kämen also weniger Menschen zugleich zu den Großveranstaltungen in Messe und Arena.

2. Die Variante mit dem Tunnel ausschließlich unter der Kaiserswerther Straße: Dafür spricht, dass deutlich weniger Bäume gefällt würden und die Stadt weniger Grundstücke kaufen müsste. Außerdem ist dies die einzige Möglichkeit, an der Kaiserswerther Straße barrierefreie Haltestellen zu schaffen. Die Kosten für den Tunnel müsste die Stadt selbst tragen, aber eben in einem viel geringeren Maße als bei der komplett unterirdischen Variante.

Fraglich ist, wie die Menschen in den umliegenden Vierteln auf den Vorschlag reagieren, die Bahn durch den Nordpark oder an ihm entlang zu führen. Es gibt verschiedene Ideen für Trassen. Sie berühren den Rand des Parks oder beinhalten Teile, die heute schon asphaltiert sind, also zwischen den Grünflächen liegen. Das ändert aber natürlich nichts daran, dass die Bahnen dort dann sicht- und hörbar unterwegs wären.

Was spricht dafür und dagegen komplett oberirdisch zu bleiben?
Pro-Argumente sind die deutlich geringeren Kosten und die schnellere Umsetzung. Auf der Contra-Seite: Für die komplett oberirdische Variante müssten bis zu 79 Bäume gefällt werden. Zudem könnte man dann nicht überall 115 Meter lange Haltestellen bauen, so dass die Bahnen wie heute mit maximal drei Waggons unterwegs wären – und sich weiterhin den Raum mit den anderen Verkehrsteilnehmern teilen müssten.

Wie geht es weiter?
Die Stadt hat offenbar aus ihren Fehlern in den Zeiten gelernt, in denen sie die U81 in Lohausen plante. Damals fühlten sich die Bürger:innen schlecht informiert und protestierten gegen die Pläne. Deshalb sollen die Düsseldorfer:innen in verschiedenen Formaten beteiligt werden, unter anderem mit Ortsbegehungen, Foren in Präsenz sowie Möglichkeiten, online Anregungen und Hinweise einzubringen. So hat es der Verkehrsausschuss gerade beschlossen. Erst wenn die Meinungen eingeholt sind, weiß die Stadt, welche Varianten nicht nur technisch machbar, sondern auch mehrheitlich akzeptiert sind.

Fazit und Einschätzung
Die komplett unterirdische Variante wäre verkehrlich ein großer Fortschritt für Düsseldorf, weil Messe und Arena in einem anderen Maße als heute erreichbar wären und man die Kaiserswerther Straße dann für die übrigen Verkehrsteilnehmer neu gestalten könnte. Allerdings ist fraglich, ob die Stadt die enormen Kosten stemmen kann und will.

Daher spricht vieles für die Variante, bei der die Bahnen unter der Kaiserswerther Straße fahren und oberirdisch am Rande des Nordparks. Ob das die Düsseldorfer:innen allerdings akzeptieren, werden erst die verschiedenen Beteiligungsverfahren zeigen.

Die anderen beiden Varianten (komplett oberirdisch und Bahnen oberirdisch auf der Kaiserswerther Straße) haben deutlich geringere Chancen, Wirklichkeit zu werden.

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