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Düsseldorf ist ausgetrocknet

Was die Düsseldorfer:innen nach vielen Wochen ohne Regen auf den Rheinwiesen und in den Parks sehen, nennen Experten schwere oder sogar „außergewöhnliche Dürre“. Ich erkläre, was das für Pflanzen bedeutet und was man dagegen tun kann.
Veröffentlicht am 15. September 2022
WGZ-Bank-Park Düsseldorf
Der Park hinter dem Düsseldorfer Hauptbahnhof ähnelt einer hügeligen Steppe, mit struppigen Resten von Rasen, staubigen Flächen und vereinzelten Bäumen. Foto: Andreas Endermann

Im WGZ-Bank-Park ist die Wiese nicht gelb. Sie ist weiß. Die „Grünanlage“ hinter dem Düsseldorfer Hauptbahnhof ähnelt einer hügeligen Steppe, mit struppigen Resten von Rasen, staubigen Flächen und vereinzelten Bäumen. Mitten in der Stadt wird an dieser Stelle besonders deutlich, wie trocken der Sommer 2022 war. Wo sich Menschen eigentlich aufhalten würden, um sich zu erholen, vermittelt der Boden einen Eindruck, dass man schnell weitergehen möchte.

Ein Leser von VierNull hatte uns auf den WGZ-Bank-Park und seine bittere Situation aufmerksam gemacht. Ich habe nach meinem Besuch dort eine Reihe von Fragen an die Stadt geschickt. Aus den drastischen Antworten habe ich gelernt, wie sich die Sommer in Düsseldorf verändert haben und warum 2022 noch einmal extra heftig war.

Wenig Niederschlag, viel Dürre

Vergleicht man die Zeit seit 2010 mit den Durchschnittswerten der Jahrzehnte zuvor, fällt der Unterschied sofort auf. So waren etwa 2022 der März, der Juli und der August besonders trocken. Im März fielen 48,8 Millimeter Niederschlag weniger als im Schnitt, im Juli waren es 48,3 Millimeter weniger. Im August lagen die Niederschläge im Norden und Süden der Stadt zum Teil unter zehn Millimeter, lediglich im Düsseldorfer Zentrum waren es knapp 20 Millimeter.

Das hat für den Boden sowohl an der Oberfläche als auch in seiner Gesamtheit gravierende Folge. Der Dürremonitor des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung kennt fünf Stufen. Die drei höchsten lauten „schwere Dürre“, „extreme Dürre“ und „außergewöhnliche Dürre“. Der Oberboden in Düsseldorf befindet sich danach mindestens im Stadium „schwere Dürre“ und immer häufiger in der höchsten Stufe. Das für Pflanzen verfügbare Wasser liegt bei unter zehn Prozent. Deshalb kommt die Stadt zu folgender Einschätzung: Es bestehe „die begründete Annahme, dass diese sich in den nächsten Monaten und Jahren in einer erhöhten Abgangsquote auch von Bäumen in Parks und Grünanlagen ausdrücken wird“. Gemeint ist, dass zahlreiche Bäume eingehen werden.

Erschwerende Faktoren: Versiegelung, Verdichtung, Stein-Vorgärten

Die Suche nach Ursachen bringt uns zurück in den Park hinter dem Hauptbahnhof. Dort kann man lernen, wie die Folgen von hohen Temperaturen und geringen Niederschlägen in einer Stadt wie Düsseldorf noch verschärft werden. Dass auf den weißen Wiesen so wenige Bäume stehen, hängt mit der U-Bahn zusammen. Weil darunter die Tunnel Richtung Oberbilk und Eller verlaufen, bleibt kaum Raum zum Wurzelschlagen. Folglich pflanzt die Stadt dort auch kaum etwas.

Hebt man den Blick vom Boden, fällt einem auf, wie viele höhere Gebäude rund um den Park stehen. Dann braucht es weder Fantasie noch ein meteorologisches Studium, um zu verstehen, dass diese Verdichtung der warmen Luft kaum eine Chance gibt, sich zu bewegen und zu entweichen.

Am Rande des Parks gibt es eine kleine Wildblumenwiese. Auch sie hat sichtbar gelitten und doch ist sie Grün-Tönen merklich näher als der Rest der Anlage. Das zeigt dann, warum der Trend zu steinernen Vorgärten an anderen Stellen in Düsseldorf zwar Menschen mit Hang zur Ordnung Freude bereitet, mit Blick auf das Gesamtklima aber bedenklich ist. Mehr wilde Gärten wären folglich ein Schritt, um Dürren zumindest abzumildern.

Andere Wege: Entsiegelung und Sonnensegel

Dass in Düsseldorf in den vergangenen Jahrzehnten zu viele Flächen versiegelt wurden, ist inzwischen im Bewusstsein – und eine Gegenbewegung erkennbar. Auf hiesigen Schulhöfen werden die steinernen Flächen wieder aufgebrochen. Stadt, Bürgerstiftung und ein Sponsor kümmern sich um das Thema und meldeten Grün statt Grau zum Beispiel von der St.-Michael-Schule in Lierenfeld oder der Heinrich-Heine-Schule in Heerdt. 16 Höfe stehen auf dem Programm, das die Partner mit einer Million Euro ausgestattet haben.

Damit Parks und die dortigen Spielplätze im Sommer noch genutzt werden können, sind Sonnensegel als Schattenspender eine wichtige Hilfe. Die können laut Stadt aber nur unter einer Bedingung aufgehängt werden: Es muss an dem Ort eine Spielplatzpatin oder einen Spielplatzpaten geben. Wenn sich keiner um das Sonnensegel kümmert, ist es wahrscheinlich bald beschädigt oder weg.

Düsselgrün macht Hoffnung

Die Antworten der Stadt auf unsere Fragen zum WGZ-Bank-Park klingen vielfach bitter. Man bewässere Rasenflächen bei lang andauernden Trockenphasen grundsätzlich nicht, um Ressourcen zu schonen und weil sich Rasen sehr schnell regeneriert, heißt es darin zum Beispiel. Aus der letzten Antwort aber keimt Hoffnung. Darin geht es um den Verein Düsselgrün und sein an den Park angrenzendes Gelände. Der Verein arbeitet dort in vielfacher Hinsicht vorbildlich:

  1. Er kultiviert alte Sorten und setzt bei der Bepflanzung auf Insektenfreundlichkeit.
  2. Er setzt auf Kompostwirtschaft.
  3. Er arbeitet mit Schirmen und Sonnensegeln.

In der Praxis führt das zu einem Gemeinschaftsgarten, in dem es diverse Obst- und Gemüsesorten gibt, aus Paletten gebaute Bänke stehen und viele Hochbeete, aus denen es wächst und wuchert. Und so vergesse ich fast die weiße Wiese, über die ich herkommen bin.


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