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Düsseldorf pollert sich ein

Die Säulen aus Beton oder Stahl dienen dem Schutz oder leiten den Verkehr. Und es werden immer mehr. Neue kommen gerade in der Altstadt hinzu. Obwohl Poller behindern, ist ihr Image positiv. Weil sie zwar Barrieren sind, aber eben nicht für alle.
Von Hans Onkelbach (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 13. Februar 2025
Poller an der Neustraße in der Altstadt Düsseldorf
Gut ein- und abgepollert ist diese Stelle an der Neustraße in der Altstadt.

Es gibt eine Menge Wörter im Sprachgebrauch, die wir einfach so nutzen, ohne zu wissen, woher sie eigentlich stammen. Poller ist so ein Begriff. Er kommt aus dem Französischen: Das Wort ist von altfranzösisch poltre abgeleitet und bedeutet übersetzt Balken. Unsere Nachbarn nutzen es ebenfalls, entsprechend abgewandelt oder identisch: niederländisch Poller, englisch und französisch Bollard, spanisch Bolardo. Und, nun ja, für uns etwas komisch, in Dänemark und Norwegen heißen sie Pullert.

Wie auch immer: In Düsseldorf haben Poller eine große Bedeutung und diese wächst in jüngster Zeit sogar noch. Es gibt sie rund oder eckig, ein- und ausfahrbar, fest verankert oder mobil, mit dem Namen Guss- oder Hubpoller, aus blankem Stahl, rot-weiß und in feinem Grün gestrichen mit Kettenhalterung an der Kö. Man sieht: Es ist ein weites Feld, das man betritt, sobald man diese Form der Abgrenzung hinter sich gelassen hat. Bei uns stehen sie fast überall und doch aus höchst unterschiedlichen Gründen.

Als Auto-Sperren zum Beispiel. Auf den Parkplätzen an der Messe stehen hunderte, vielleicht sogar tausende dieser rot-weißen Pinne. Sie sperren ab, leiten um, halten von manchen Flächen fern und zwingen die automatisch langsam fahrenden Menschen am Steuer in die gewollte Richtung. In dieser Flut von Metall-Baken muss man schon genau hinschauen, um auf dem rechten Weg zu bleiben. Der manchmal auch nach links führt. Je nach dem.

An Messe und Stadion ist noch etwas anderes wichtig: Falls es dem Bedarf entspricht, können diese schmalen Säulen ruckzuck aus ihrer Verankerung genommen und beiseitegestellt oder für andere Routen neu eingesteckt werden. Dazu bedarf es allerdings eines besonderen Werkzeugs, ähnlich einem Inbusschlüssel mit dreikantigem Einsatz. Asphaltierte Zufahrten zum Rhein werden mit demselben Modell für Fahrzeuge mit mehr als zwei Rädern geblockt. Der Zweck aller: Sie halten unerwünschten Verkehr ab, schützen aber nicht.

Das gilt dagegen umso mehr für die wuchtigen Poller aus Stahl, die an der Königsallee vor mehreren Läden installiert sind. Sie wurden eingebaut, als in den frühen 2000er Jahren eine neue Form des Raubs in Mode kam. Verbrecher rasten mit stabilen Autos – gern genommen wurden große Audi-Modelle – in die Auslagen, vor allem von Juwelieren, und durchbrachen mit der Wucht der tonnenschweren Fahrzeuge sogar Panzerglas. Uhren und Schmuck, nun buchstäblich greifbar, wurden zusammengerafft und man floh in einem zweiten Fahrzeug, weil das als Tatwerkzeug genutzte den Einsatz in der Regel nicht überstanden hatte. Heute verhindern die im Boden verankerten Säulen solche Aktionen. Wo sie in den Beton gesetzt wurden, gab es Überfälle dieser Art nicht mehr. Geschäfte, die das anfangs nicht für nötig befunden hatten, rüsteten doch noch auf, nachdem sie Opfer geworden waren. Seitdem ist Ruhe.

Apropos Abwehr: Terrorangriffe auf Weihnachtsmärkte und andere Feste unter freiem Himmel schufen eine gänzlich neue Form von Pollern – in Form von gewaltigen Betonblöcken. Sie wiegen jeweils mehrere Tonnen und sehen aus wie gigantische Lego-Steine. Versetzt angeordnet sind sie eine wirksame Abwehr gegen größere Fahrzeuge. Die kommen womöglich noch nach einigem Rangieren durch, aber eine höhere und damit gefährliche Geschwindigkeit wird dank dieser Blöcke nicht erreicht.

Ebenfalls effektiv sind die meist nicht mehr als einen Meter hohen Säulen vor allem für die Regelung nicht gewollter Verkehrsbewegungen. Sie gibt es neuerdings auf der Mühlenstraße in der Altstadt zu sehen. Weil dort auch abends und an den Wochenenden jeder bis zum Burgplatz durchfahren konnte und am Ende nichts mehr ging, pflanzte man diese variable Sperre aus mehreren Elementen in die Straße. Bei Bedarf fährt sie nach oben und riegelt ab, Berechtigte können sie mit entsprechender Technik wieder verschwinden lassen und durchfahren.

Diese Strecke soll jetzt erstmal phasenweise abgepollert werden, freitags und vor Feiertagen ab 18 Uhr, samstags schon zwei Stunden früher. Künftig soll das Ganze dann in allen Nächten der Woche geschehen und bis auf ein paar Stunden am Samstagmorgen auch das gesamte Wochenende. Für Taxis soll dann auch noch eine Sonder-Poller-Regelung gefunden werden. Die Kurzfassung: Ein Dutzend darf immer durch.

Poller MŸhlenstrasse
An dieser Stelle der Mühlenstraße in der Altstadt werden Hubpoller den Verkehr zum Burgplatz begrenzen, vor allem nachts und am Wochenende.

Da der Hubpoller sich in der Regel langsam bewegt, ist es an anderen Stellen schon zu kuriosen Unfällen gekommen. Weil Autofahrer meinten, die im Zeitlupentempo ausfahrenden Säulen noch eben überqueren zu können und die Geschwindigkeit falsch einschätzten, geriet ihr Wagen auf eine Art Hebebühne. Die Fahrt war zu Ende, ebenso wie der bisher intakte Zustand der unteren Technik. Vor allem Ölwannen halten so etwas nicht aus. Sie sind nicht dafür konstruiert, das Gewicht des Pkw zu tragen, wenn Druck von unten kommt.

Eine Abwehr der anderen Art, allerdings auch im Zusammenhang mit Autos, sind die Schranken in der Nähe des Mannesmannhochhauses. Das sind sozusagen waagerechte und lediglich auf Wunsch senkrechte Poller. Seitdem die Stadt sie einbaute, gibt es auf der Promenade keine Autoposer mehr, die früher dort gern ihre dezibelstarken Kisten vorgeführt haben. Poller-Regel halt: Autos müssen draußen bleiben.  


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