Düsseldorf will tote Gärten neu beleben
Überspitzt ausgedrückt könnte man es so beschreiben: Wer einen Schottergarten anlegt, sieht die Natur als Feind und meint, eine finale Waffe gegen sie gefunden zu haben – den buchstäblichen Entzug der Lebensbasis jeder Pflanze. Denn er bedeckt den Boden mit einem Vlies oder einer Folie, kippt Steine darauf und geht davon aus, unerwünschten Pflanzenwuchs für alle Zeit ausgeschlossen zu haben. Ein Irrtum, übrigens.
Die Optik kommt jenen Menschen entgegen, denen das Fehlen klarer Struktur jeglicher Art ein Gräuel ist. Was wächst, wächst, wie es will und kann. Nicht gerade oder geordnet, sondern natürlich im wahrsten Sinn des Wortes. Das gilt für alles, was da sprießt. Ganz schlimm wird das bei der „Spontanvegetation“ empfunden. Das ist Amtsdeutsch und heißt im Volksmund Unkraut.
Die mit Steinen bedeckte Freifläche schien die Lösung. Wer durch Düsseldorfs Einfamilienhaus-Viertel fährt, sieht sie häufig. In der Regel allerdings nur vor dem Haus, dahinter sind sie eher selten. Oft steht dort vorne noch ein einsamer Baum, manchmal hier und da ein paar der Pflanzen von der robusten Art wie Kirschlorbeer. Ein bei – sagen wir: unengagierten – Garteninhabern beliebtes immergrünes Gewächs, das vermutlich sogar in der Wüste überleben könnte. Beliebt sind auch streng gestutzte, also in Form gebrachte exotische Bäume, wie man sie hier bei uns normalerweise aus gutem Grund nie zu sehen bekäme. In Kombination mit dem kahlen Boden ohne Grün wurden sie zur beliebten Ästhetik in einigen Vierteln.
Die Nachteile dieser Gartengestaltung werden immer wieder betont. Wasser kann nicht versickern, Kleinstlebewesen und vor allem Insekten (besonders Bienen und Hummeln) finden dort keine Nahrung. Dass das unerwünscht und am Ende auch für den Menschen schädlich ist, spricht sich langsam herum. Nun beginnen immer mehr Städte, gegen diese Form der Gestaltung vorzugehen.
Das Land NRW unterstützt das und hat Schottergärten bereits zum 1. Januar in der Landesbauordnung ausgeschlossen. Damit können Kommunen ihrerseits nun leichter aktiv werden. Ein Experte dazu: „Bereits das bestehende Gesetz sah vor, dass nicht überbaute Grundstücke wasseraufnahmefähig gestaltet und begrünt werden müssen. Weil Schottergärten diese Merkmale nicht haben, sind sie also faktisch schon lange verboten.“
Bei der Diskussion über Schottergärten geht es um viel mehr als Geschmackfragen, sagen auch Klimafachleute. Insbesondere an heißen Sommertagen heizen sich die Steine so stark auf, dass sie noch nachts Hitze abgeben und das Mikroklima in der Stadt beeinträchtigen. Ein Aspekt, den die meisten Inhaber solcher Areale wohl nicht auf dem Schirm hatten.
In Düsseldorf haben CDU und Grüne nun im Umweltausschuss ein Projekt auf den Weg gebracht. Die Mehrheits-Kooperation im Rathaus will ein abgegrenztes Gebiet in der Stadt definieren, in dem man das Problem „Schottergärten“ beschreiben und erfassen lassen kann. Dort will man dann gezielt auf die Anwohner mit solchen Anlagen zugehen und in Gesprächen sowie per Post zugestellten Informationen ein Bewusstsein schaffen. Mit diesen Erkenntnissen will man anschließend die Diskussion fortsetzen. Außerdem wollen CDU und Grüne mit Hilfe der zuständigen Ämter der Stadt ein dreijähriges Förderprogramm konzipieren, durch das man die Entsiegelung der Flächen finanziell unterstützt.
Dass solche Ideen, um im Bild zu bleiben, auf fruchtbaren Boden fallen, ist wahrscheinlich. Weil viele, die vor ein paar Jahren ihre Vorgärten zugeschüttet haben, inzwischen feststellen, dass dennoch so manches Grünzeug auftaucht: Laub, Staub von der Straße und andere Stoffe lagern sich zwischen den Steinen ab und bilden im Laufe der Zeit genug Basis für neues Wachstum. Wer das verhindern will, muss die Steine reinigen – und das ist dann doch sehr aufwändig.
Was einmal mehr zeigt: Am Ende ist die Natur eh stärker.