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Fahrradgarage: Der lange Weg zu ein bisschen Amsterdam

Am Düsseldorfer Hauptbahnhof soll eine unterirdische Abstellanlage für 1900 Räder entstehen. Mit dem Thema beschäftigen sich gleich zwei Ressorts des Rathauses und zwei politische Arbeitsgruppen. Die Beteiligten sind sich alles andere als einig – was man unter anderem an fehlenden Protokollen sehen kann.
Veröffentlicht am 10. Oktober 2024
Fharradparkhaus Amsterdam
So sieht der Eingang des Fahrrad-Parkhauses in Amsterdam aus. Es könnte Vorbild für den Düsseldorfer Hauptbahnhof sein. Könnte. Foto: Imago/Jochen Tack

Am Hauptbahnhof von Amsterdam führen drei Laufbänder unter das Wasser einer Gracht. Wer sein Rad über die Laufbänder nach unten schiebt, kommt in eine Tiefgarage, die dank Fenstern in der Decke und an der Seite schön hell ist. In den weißen Säulen leuchten grüne Lampen, wenn in den doppelstöckigen Ständern einer Reihe noch Plätze frei sind. 7000 Räder können dort abgestellt werden. „Amsterdam ist noch ein bisschen großartiger geworden“, heißt ein Video, in dem das Parkhaus vorgestellt wird. 2,3 Millionen Menschen haben es bisher angeschaut.

Düsseldorf könnte eine kleine Version einer solchen Garage unter dem Konrad-Adenauer-Platz am Hauptbahnhof bekommen. Aber man tut sich offensichtlich schwer. Viele Varianten, viele Beteiligte, wenig Einigkeit – so stellt sich die Situation im Herbst 2024 dar. Letztlich droht die Tiefgarage zum nächsten bitteren Beispiel für die zähe Entwicklung des hiesigen Radverkehrs zu werden. Das Projekt hat im Wesentlichen zwei Knackpunkte:

  1. Einfahrt: Zur Wahl standen eine normale Rampe und eine so genannte Treppenrampe. Die normale Rampe ist letztlich eine Strecke, die in einer Straße vor dem Hauptbahnhof beginnt und über die man mit ein paar Grad Gefälle unter den Platz rollt. Die Treppenrampe besteht aus langgezogenen Stufen, über die man läuft, während man das Rad neben sich auf einer glatten Fläche nach unten schiebt.
  2. Anfahrt: Der Hauptbahnhof ist bisher denkbar schlecht ans Radnetz angeschlossen. Deshalb wird erörtert, wo man Radwege schafft: auf dem Vorplatz oder auf der Straße, die parallel zum Hauptgebäude verläuft und auf der heute vor allem Busse unterwegs sind.

Bei den Beratungen dieser Themen fallen zwei Dinge auf: die lange Dauer und das Fehlen von Protokollen. Zu den Beteiligten zählt die Kleine Kommission Radverkehr. Kleine Kommissionen sind Arbeitsgruppen des Stadtrates, in denen Fachpolitiker:innen vertieft über große Projekte und Detailfragen informiert werden und Empfehlungen für die Gremien entwickeln. Die Kleinen Kommissionen tagen nicht öffentlich. Nach ihren Treffen werden Protokolle in der Sitzung des Stadtrats veröffentlicht – in der Regel sehr knapp und so, dass maximal diejenigen sie verstehen, die dabei waren.

Die Protokolle der Kleinen Kommission Radverkehr sind allerdings nicht in den Ratssitzungen im Juni oder September zu sehen gewesen. Das hat mich stutzig gemacht. Die Beteiligten sagen dazu nichts und verweisen darauf, dass die Protokolle ja dafür da sind, die Öffentlichkeit zu informieren. Oder dazu da sein sollten.

Nach meinen Informationen liegt die Ursache in beiden Fällen im Amt für Verkehrsmanagement, das für die Protokolle zuständig ist. Im Frühjahr soll es das Protokoll nicht rechtzeitig eingereicht haben. Im Spätsommer sollen wesentliche Aspekte der Sitzung gefehlt haben, so dass der Vorsitzende der Kommission sich weigerte, das Protokoll zu unterschreiben.

Es lohnt sich deshalb, einen genaueren Blick auf die Beteiligten zu werfen, um zu verstehen, wo es hakt:

Stadtplanung
Die Radgarage ist Teil des großen Umbaus des Konrad-Adenauer-Platzes. Die Fläche vor dem Hauptbahnhof soll schöner und die Haltestellen der Straßenbahn neu platziert werden. Die Deutsche Bahn möchte ein Hochhaus errichten und das heutige Bahnhofsgebäude erweitern. Federführend für diese Fragen ist das Dezernat von Cornelia Zuschke, das unter anderem für Stadtplanung zuständig ist.

Dort hat man die jahrzehntelangen Verhandlungen zwischen Stadt und Bahn über den Konrad-Adenauer-Platz erlebt, dort hofft man nun, dieses große Projekt endlich umsetzen zu können. Die Frage von Radwegen und Tiefgarage spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Deshalb halten die Varianten, die das Dezernat vorlegt und bevorzugt, die Fortschritte für den Radverkehr knapp. So haben sich die Planer:innen zum Beispiel für die kleinere Treppenrampe ausgesprochen.

Verkehrsverwaltung
Das zuständige Amt ringt nicht nur mit Protokollen, sondern auch mit dem Radwegebau. Neue Strecken und Routen liegen in den vergangenen Jahren bei einstelligen Kilometer-Zahlen. Das Problem setzt sich am Hauptbahnhof fort. Viele Varianten stießen auch bei den Radfreunden auf Kritik. Sie favorisieren Wege entweder am Rand des Vorplatzes oder auf der Straße vor dem Bahnhof. Dort würden sie die heutige Busspur so aufteilen, so dass die Busse nur noch in einer Spur zur Friedrich-Ebert-Straße fahren könnten und der übrige Platz für den Radweg genutzt würde. Diesen Wunsch will das Amt nicht gerne erfüllen. Mit Rücksicht auf die Rheinbahn schlägt es vor, dass die Radfahrenden einfach auch in der Busspur fahren sollen.

Kleine Kommission Konrad-Adenauer-Platz
Eine Art Vereinigung der Hobby-Stadtplaner des Rates. Es sind vor allem ältere Herren, die gerne über Beobachtungen sprechen, die sie auf ihren Reisen durch andere Städte und Länder gemacht haben. Sie ließen sich im Frühjahr von einer Falschinformation leiten. Damals erklärte ein „Experte“, in den Niederlanden baue man Garagen nicht mehr mit normalen Rampen, sondern mit Treppenrampen. Da viele Kommissionsmitglieder die Niederlande natürlich bestens kennen und um deren Vorreiterrolle im Radverkehr wissen, stimmten sie umgehend für die Treppenrampe. Allerdings stimmte die Aussage des „Experten“ nicht. Mittlerweile ist die Fehleinschätzung bekannt und ein Kompromiss mit Rollbändern der neue Liebling.

Kleine Kommission Radverkehr
Auch dort sind alle politischen Richtungen des Stadtrats vertreten, dennoch sind die Sympathien für Fahrräder deutlich ausgeprägter. Die Beteiligten haben die Sorge, dass das Parkhaus am Ende so wenig attraktiv gestaltet wird, dass es floppt. Das wäre dann für die Politiker:innen, die andere Verkehrsmittel bevorzugen, das künftige Totschlag-Argument für diverse Fahrrad-Ideen.

Deshalb setzt sich diese Kommission mehrheitlich mit Vehemenz für eine attraktive Zufahrt ein. Das ist eine Rampe, über die Radfahrende schnell auf ihren Parkplatz kommen. Und das sind sichere und breite Wege auf der Straße vor dem Hauptbahnhof.

Wegen der beschriebenen Protokoll-Probleme und Konflikten mit dem Amt hängt die Kleine Kommission Radverkehr ein gutes Stück hinter der anderen zurück. Die Stadtplanungs-Freunde prägen mit ihren Protokollen und Abstimmungsergebnissen bisher die politische Meinungsbildung.

Wie es weitergeht
Das Rathaus scheint dieses Jahr noch eine Abstimmung im Stadtrat zu wollen. Die Beratungen sollen so abgeschlossen werden, dass in der Ratssitzung im Dezember eine Entscheidung fällt, die dann auch im städtischen Haushalt berücksichtigt werden kann. Bei der Zufahrt deuten sich als Kompromiss überdachte Rollbänder in der Mitte der Rampe an. Bei der Anfahrt ist offen, ob man Rad oder Bus den Vorzug gibt beziehungsweise Einschränkungen zumutet.

Fazit
Andere Städte wie Köln oder Bonn geben bei Fahrradgaragen richtig Gas. Düsseldorf hat einen ähnlichen Bedarf und locker drei Stellen, an denen ein bisschen Amsterdam möglich wäre: am Hauptbahnhof, im Umfeld des Carlsplatzes und am Bilker Bahnhof. An der letztgenannten Stelle hatte der Bau für einen Radturm sogar schon einmal begonnen. Weil dann aber das zuständige Unternehmen pleiteging, kam man nur bis zum Sockel. Er wurde wieder beseitigt. Vielleicht hätte man ihn als Mahnmal für die Verkehrswende stehen lassen sollen.

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