Sechs Ideen für einen besseren ÖPNV

Der Hashtag ist sperrig, aber wahr. Unter #BusUndBahnWasLäuftNicht hat die Dachorganisation der Kinder- und Jugendvertretungen in NRW acht Probleme im ÖPNV zusammengestellt und acht Forderungen formuliert. Der Düsseldorfer Jugendrat greift die Initiative auf und verpasst seiner Sitzung am Donnerstag (17. Juni) eine extra-lange Tagesordnung. Aus den acht Punkten der Dachorganisation sind in Düsseldorf 15 Vorschläge geworden. Zu jedem gibt es einen eigenen Antrag. Der Jugendrat kann beschließen, Anträge und Anfragen an die zuständigen politischen Gremien zu stellen. In diesem Fall würden die Vorschläge also bei entsprechendem Votum an den Verkehrsausschuss gehen. Die Ideen dienen in erster Linie dazu, einen jugendgerechteren ÖPNV zu schaffen. Viele der Punkte sind aber auch für andere oder alle Bevölkerungsgruppen wichtig. Wir haben die Vorschläge nach Themen zusammengefasst und erörtern, wie die aktuelle Lage ist und wie gut die Chancen stehen, dass sich etwas ändert. Fahrkartenpreise Der Jugendrat schlägt ein besonderes Ticket für Unter-18-Jährige sowie Freiwilligendienstleistende, Auszubildende und Dual-Studierende vor. Es soll NRW-weit gelten und einen Euro pro Tag kosten. Einschätzung: Der Preis spielt eine große Rolle, wenn es gelingen soll, Menschen zu überzeugen, ihr Auto stehen zu lassen und Bus oder Bahn zu nehmen. Es braucht einen klaren finanziellen Vorteil, um die Entscheidung für den ÖPNV zu ermöglichen. Deshalb sind in Düsseldorf in der Vergangenheit Modelle diskutiert worden wie das 365-Euro-Ticket aus Wien (würde nicht NRW-weit, sondern fürs Stadtgebiet gelten) oder kostenloser ÖPNV (wie es in Monheim, Erlangen oder Augsburg gibt). Der Kooperationsvertrag der schwarz-grünen Ratsmehrheit ist in diesem Punkt allgemein gehalten und konzentriert sich auf Pendler. Denen möchte die Grüko &bdquo;preislich einen Anreiz zum Umstieg auf den ÖPNV“ geben. Außerdem sollen die &bdquo;Preise fairer und nachvollziehbarer werden.“ Passend zu diesem allgemeinen Vorhaben kommen Anreize aus Berlin, zum Beispiel ein &bdquo;Förderprogramm für attraktive Fahrpreistarife“. Daraus können Kommunen bis zu 15 Millionen Euro erhalten. Es gibt also noch keine konkreten Pläne, die in die Richtung des Jugendrat-Vorschlags gehen. Aber es gibt eine grundsätzliche Absicht und mögliches Fördergeld. Die Idee kommt also zu einem guten Zeitpunkt, um ein günstiges Ticket für junge Fahrgäste ins Bewusstsein der Entscheider*innen zu bringen. Taktung Zu diesem Punkt gibt es gleich mehrere Vorschläge. Auf den Schüler*innen-Linien sollen morgens und nachmittags mehr Busse und Bahnen unterwegs sein, Freizeitangebote sollen besser angebunden werden, und alle Nachtexpresse sollen im 30-Minuten-Takt fahren. Einschätzung: Ein höherer Takt braucht mehr Fahrzeuge. Das heißt: Die Politik entscheidet in solchen Fällen über hohe Ausgaben. Und es braucht Geduld, da Bahnen nicht wie Autos bestellt werden können, sondern immer Maßanfertigungen sind. Es dauert deshalb mehrere Jahre, bis sie geliefert werden. Soweit die Bedenken. Dennoch herrscht weitgehender Konsens, dass in den nächsten Jahren der Anteil der ÖPNV-Nutzer steigen soll. In einer Vorlage für den Verkehrsausschuss heißt es zum Beispiel, dass &bdquo;Stadt und Rheinbahn mit einer Fahrgastzunahme in und um Düsseldorf von mindestens einem Drittel oder mehr bis zum Jahr 2030“ rechnen. Die Politiker*innen haben in dem Ausschuss deshalb auch über mögliche neue Bahnstrecken in Düsseldorf gesprochen. Sie sind also zu den Ausgaben bereit, die Rheinbahn hat auch schon entsprechende Investitionen geplant. Aber wie gesagt: Die Umsetzung wird Jahre dauern. Kurzfristiger scheint ein anderer Fortschritt möglich. Bei den Nachtexpressen gibt es tatsächlich noch Spielräume. Von den acht Düsseldorfer Nachtexpress-Linien fahren bisher nur drei im 30-Minuten-Takt. Die anderen sind stündlich unterwegs. Haltestellen Auch zu den Stationen gibt es mehrere Vorschläge aus dem Jugendrat. Es geht darum, Schutz vor Belästigungen und Übergriffen jeglicher Art zu bieten und dabei den städtischen Ordnungs- und Servicedienst (OSD) einzubinden. Außerdem sollen die Haltestellen an sich verbessert werden, also Wartehäuschen und Sitze erhalten, Fahrradabstellmöglichkeiten, Verknüpfungen mit anderen umweltfreundlichen Verkehrsarten, Begrünungen und freies Wlan. Einschätzung: Für das Sicherheitsgefühl gilt Ähnliches wie für den Ticketpreis. Es muss sich spürbar etwas verändern, damit mehr Menschen den ÖPNV schätzen lernen. Es darf keine Angsträume geben. Dies könnte ein Einsatzgebiet sein für die 150 neuen OSD-Mitarbeiter*innen, die die Stadt bis 2025 einstellen möchte. Das erscheint insbesondere dann möglich, wenn der OSD nach der Pandemie nicht mehr die Einhaltung von Corona-Regeln kontrollieren muss. Ein wichtiges Thema, für das allerdings bisher das nötige Bewusstsein bei den entscheidenden Politiker*innen nicht sehr ausgeprägt wirkt. Die Haltestellen sind auch darüber hinaus ein Punkt, an dem es noch deutliche Verbesserungsmöglichkeiten gibt. An vielen Stationen müssen die Fahrgäste noch über die Straße zur Bahn, es fehlen Häuschen, Sitzgelegenheiten und/oder ausreichend Platz für Wartende. Eine fundierte Hoffnung auf Verbesserung ist mit einem Landesprogramm verbunden: Stadt und Rheinbahn haben sich in dem Wettbewerb für die zweite Runde qualifiziert, an dessen Ende bis zu 20 Millionen Euro Fördergelder winken. Der Plan: Es sollen Mobilitätsstationen entstehen, an denen ÖPNV und andere Verkehrsmittel (vor allem Fahrräder) verknüpft werden. Darüber hinaus hat die Stadt angekündigt, in Pempelfort, Derendorf und Golzheim neue Fahrgastunterstände zu testen. Damit sind Wartehäuschen gemeint, die beispielsweise begrünt sind oder Solaranlagen auf dem Dach haben. Barrierefreiheit In den drei Anträgen zur Barrierefreiheit stehen Vorschläge zu rollstuhlgerechten Haltestellen, rollstuhlgerechten Fahrzeugen sowie akustischen und optischen Informationen für seh- und hörbehinderte Menschen (ebenfalls in Fahrzeugen und an Haltestellen). Einschätzung: Im Jugendrat kommen mit den drei Anträgen weitere wunde Punkte zur Sprache. Es gibt immer noch zahlreiche Haltestellen, an denen die Fahrgäste vom Bordstein über die Straße in die Bahn steigen. Solche Stationen sind für Rollstuhlfahrer*innen wenn überhaupt nur mit großem Aufwand nutzbar. Ähnliches gilt für Sehbehinderte, die an zu wenigen Haltestellen Leitlinien vorfinden. Optimismus scheint an dieser Stelle wenig angebracht: Der Umbau von Haltestellen ist zeit- und personalaufwändig. Pro Jahr wird aktuell immer nur eine Handvoll Stationen angegangen. In den Bahnen und Bussen sind in aller Regel Plätze für Menschen im Rollstuhl, mit Rollator oder Kinderwagen. Diese reichen allerdings schon heute oft nicht mehr aus. Wenn die Zahl der Fahrgäste in dem beschriebenen Maße steigt, verschärft sich das nochmals. In den neuen Zügen, die die Rheinbahn bald einsetzen will, gibt es in der Mitte mehr Stellflächen. Das Problem scheint also erkannt und angegangen zu werden. Die Fahrgastinformationen für Seh- und Hörbehinderte in den Bahnen und Bussen haben sich deutlich verbessert. Es gibt nahezu in allen Fahrzeugen Infoanzeigen und passende Durchsagen. An den Haltestellen ist dies anders. Nach wie vor sind die elektronischen Anzeigen nicht flächendeckend vorhanden. Knöpfe, mit denen sich Sehbehinderte die Angaben ansagen lassen können, gibt es noch seltener. In diesem Punkt setzen die Verantwortlichen zu sehr auf Förderprogramme. Hier braucht es ein anderes Bewusstsein und die Bereitschaft zu mehr eigenen, also städtischen Investitionen. Fahrzeuge Zu den Bussen und Bahnen selbst gibt es die Anregung, mehr Busse zu elektrifizieren und alle Fahrzeuge mit freiem Wlan auszustatten. Einschätzung: Die Elektromobilität war bei der Rheinbahn noch nicht weit fortgeschritten. Ein Brand auf dem Betriebshof in Heerdt, der acht von zehn E-Bussen und Teile der Ladeinfrastruktur zerstörte, hat die Entwicklung noch weiter zurückgeworfen. Auf Anfrage unserer Redaktion teilte die Rheinbahn mit, dass zwei ältere Modell noch fahren können. Damit sind im Moment vier E-Busse unterwegs. Im Kooperationsvertrag der Grüko steht die Absicht, &bdquo;Fahrzeugflotte schneller klimaneutral umzustellen“. Laut Rheinbahn sollen die ersten Wasserstoff-Busse 2023 auf einer &bdquo;Innovationslinie“ zum Einsatz kommen. Gute Nachrichten hat die Kooperation von CDU und Grünen in ihrem Vertrag zu der Wlan-Forderung. Dort heißt es: &bdquo;Zudem werden wir WLAN in allen neuen Bussen und Bahnen anbieten und ältere Fahrzeuge entsprechend umrüsten.“ Fahrgastinformationen Letzter Wunsch aus dem Jugendrat: Abfahrtszeiten und Verspätungen sollen als Echtzeitdaten, Umstiegsmöglichkeiten auf andere Verkehrsmittel als Zusatzinformationen in die gängigen Apps eingespielt werden. Einschätzung: Die Rheinbahn hat vor gut eineinhalb Jahren einen großen Fortschritt gemacht. Damals hat sie ihr Informationssystem so umgestellt, dass die Daten auf den elektronischen Anzeigen verlässlich wurden und auch zu dem passen, was Wartende an der Haltestelle sehen. &bdquo;Sofort“ ist seitdem auch sofort. Weitere Fortschritte wie die vorgeschlagenen sind trotzdem wichtig. Mindestens einige davon sollte die neue Mobilitäts-App mit sich bringen, die die Rheinbahn angekündigt hat. Sie soll &bdquo;in Kürze“ auf den Markt kommen. Quellen Der Kooperationsvertrag von CDU und Grünen Das Förderprogramm der Bundesregierung Der Landeswettbewerb zu Mobilität in Städten Artikel zu den verbesserten Fahrgastinformationen

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