Altstadt: Umbau der Alten Kämmerei lässt Uerige-Terrasse schrumpfen

Wenn in der Kommunalpolitik von „Kämmerei“ die Rede ist, geht es immer ums Geld. Wer es verwaltet, heißt Kämmerin oder Kämmerer. Das Gebäude namens „Alte Kämmerei“ in der Altstadt unmittelbar neben dem Rathaus war daher bis vor einigen Jahren der Standort für die Finanzverwaltung der Stadt. Bis man feststellte, dass es nicht mehr heutigen Anforderungen an Brandschutz und Bausicherheit entsprach und die dort Arbeitenden umziehen mussten. Seitdem steht es praktisch leer. Eine Sanierung wäre möglich, aber teuer geworden, also brachte man es auf den Markt. Den Zuschlag bekam das Unternehmen Art-Invest, eine bekannte Firma in der Branche der aufwändigen Um- und Neubauten. Art-Invest will bis zum Ende des Jahres mit dem Umbau beginnen, in 2023 will man fertig sein.
Was ist geplant?
Weil das Gebäude unter Denkmalschutz steht, ist äußerlich nur vorsichtige Änderung möglich. Aber man meint, daran kaum etwas ändern zu müssen und beschreibt die Pläne in schönstem Prospektdeutsch so: „Kern der Sanierung ist die Entwicklung einzigartiger Büroflächen nach modernen Standards innerhalb des historischen Gebäudes. Highlights des Projekts sind der vollständige Erhalt des Konferenzsaals und die Reaktivierung des Innenhofes als großzügiger Veranstaltungsraum. Mit einem neuen Gastronomieangebot und der Öffnung des Gebäudes zum Marktplatz wird Art-Invest Real Estate zudem eine harmonische Weiterentwicklung des lebendigen Areals erreichen.“
Gab es andere Pläne?
Ja, vorher war eine Idee auf den Markt gebracht worden, die Kämmerei – zumindest in Teilen – zum Hotel zu machen. Das jedoch hatte die Stadt abgelehnt. Ein Hotel an dieser Stelle, mitten in der Altstadt, schien den Verantwortlichen in Politik und Verwaltung nicht angebracht.
Warum hat die Stadt es nicht selbst modernisiert und weiter genutzt?
Die auf rund 23 Millionen Euro geschätzten Kosten waren der Stadt zu hoch. Außerdem habe man den Verkaufspreis für das Areal gut brauchen können in Zeiten knapper werdenden Geldes. Gebäude und Grundstück wurden in einer Erbpachtregel für 80 Jahre verkauft.
Wieso ist die Hausbrauerei Uerige betroffen?
Der Uerige hat seit etlichen Jahren mit der Stadt ein Abkommen, nach dem es ihm gestattet ist, die auf der Seite der Rheinstraße unmittelbar an die Kämmerei grenzende Fläche als Terrasse zu nutzen. Den Gästen ist dieser über einige Stufen erreichbare Bereich als „Forum“ vertraut. Sie liegt im Schatten von riesigen Platanen, an warmen Sommerabenden sitzen und stehen dort sowie unmittelbar vor der Brauerei viele hundert Menschen. Der größte Teil dieses „Forums“ wird auch weiterhin unter der Hoheit der Stadt und so in der Nutzung des Uerigen bleiben, aber in Teilen geht sie über in den Erbpachtdeal an Art-Invest – und ist damit von den Umbauten betroffen. Der Rest womöglich auch, fürchtet man.
Was wird sich neben der Terrasse verändern?
Auf den Bauplänen von Art-Invest taucht dort, wo heute ein Bierpavillon und mehrere Tische stehen, eine Art Turm auf, der an der westlichen Seite (unter dem Bergischen Löwen) des Gebäudes steht und der Be- und Entlüftung dient. Außerdem will man nebenan die Zulieferung ans Gebäude sichern. Weiter wird künftig der Fluchtweg aus der Kämmerei im Bereich der heutigen Uerige-Terrasse enden. Durch die Be- und Entlüftung, vor allem aber durch die Verlegung der Fluchtwege in den Bereich fürchtet man bei der Hausbrauerei erhebliche Einschränkungen durch brandschutzrechtliche Bestimmungen – Fluchtwege müssen frei sein. Und das ist diese Terrasse vor allem an den Wochenenden nur bei schlechtem Wetter.
Was sagen die Vereinbarungen mit der Stadt?
Aus einem Protokoll einer Sitzung vom 13. Dezember 2019, an der Anna Wortmann, die Projektleiterin „Kämmerei“ von Art-Invest, teilnahm, geht hervor, dass die Stadt der Brauerei auf dem Hauptteil der Terrassenfläche (260 Quadratmeter) weiterhin ein Sondernutzungsrecht zugestehen kann. Für den Teil der Fläche, der ins Erbpachtgrundstück der Art-Invest geht (circa 85 Quadratmeter) kündigt man an, eine Nutzungsvereinbarung zu treffen. Also zwischen Brauerei und Art-Invest.
Was sagt der Uerige?
Der Inhaber, Michael Schnitzler, hält sich bedeckt. Er bestätigt aber, verunsichert zu sein, da er über die einschränkenden Baumaßnahmen (Entlüftungsturm, Fluchtweg) nicht rechtzeitig informiert, sondern davon überrascht worden sei. Durch seine Erfahrungen als Gastronom rechnet er vor allem mit Einschränkungen wegen des Fluchtweges, denn der habe auf freie Fläche zu münden.
Wie sieht es Art-Invest?
Die Projektleiterin Anna Wortmann betont, man sei an einer weiterhin guten Nachbarschaft sehr interessiert. Von den genannten 85 Quadratmetern brauche man „nur einen kleinen Teil“, insgesamt fielen für die Brauerei „vielleicht eine Handvoll Tische weg“. Mit der Feuerwehr sei abgesprochen, dass die Fluchtwegeregelung so keine weitere Beeinträchtigung darstelle.