Düstere Aussichten für den besten Job der Welt
Viele Eltern haben diesen Winter unter anderem so verbracht: Sie saßen stundenlang mit fiebernden Kindern in kalten Treppenhäusern vor überfüllten Praxen. Oder sie versuchten im 10-Minuten-Takt, telefonisch bei ihren Kinderärzt:innen durchzukommen – ohne Erfolg. Oft durften sie wegen Überlastung gar nicht erst vorbeikommen, auch wenn der Fünfjährige wegen Ohrenschmerzen wie am Spieß schrie. „Mein Kind war fast durchgehend krank, aber ich habe unseren Kinderarzt in diesem Winter nur ein einziges Mal gesehen“, hat mir eine Mutter erzählt. Gern wurden Eltern auch in die Notaufnahme eines Krankenhauses delegiert. Und dann waren zeitweilig sogar Fiebersäfte für Kinder nicht mehr erhältlich. Eine Katastrophe, klagen viele Eltern.
Inzwischen hat sich die Infektionslage etwas beruhigt und damit auch der Andrang in den Praxen, aber dieser Winter am Ende der Corona-Pandemie war besonders herausfordernd. Dabei gibt es regional große Unterschiede. Wie ist die Lage in Düsseldorf?
In der Landeshauptstadt gibt es nach Angaben der Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) 63 Kinder- und Jugendärzt:innen mit Kassenzulassung in 38 Praxen (eine Karte ist hier zu finden). Laut IT.NRW lebten Ende 2021 in der Stadt 100.169 Personen unter 18 Jahren. Das sind 1590 pro Mediziner:in. Eine gute Quote? Für Monica Naujoks dürften es gern mehr sein. Düsseldorf sei ein attraktiver Standort, aber die Situation nicht gut. Die Kinderärzt:innen in Düsseldorf seien in diesem Winter über ihre Belastungsgrenzen gegangen und mit ihren Nerven am Ende gewesen, sagt die Obfrau des Berufsverbandes. Bei Eltern sei die Verunsicherung groß – weil es so schwer sei, eine Kinderarztpraxis zu finden.
Naujoks ist eine von vier Inhaber:innen des Kinderarzt-Zentrums KiZ, mit einem Standort in Mörsenbroich und einem in Ratingen. Es sei nicht möglich gewesen, alle zu behandeln, sagt sie. Die Nachfrage sei so groß gewesen, dass sie die Sprechstunde bis 22 Uhr hätte ausweiten können. „Am Ende muss ich als Ärztin aber auch ein bisschen auf mich selber aufpassen.“ Naujoks kalkuliert sechs bis sieben Minuten pro Kind, hätte aber gern mehr Zeit. Einen positiven Aspekt will sie aber hervorheben. Viele Eltern seien sehr verständnisvoll gewesen im Hinblick auf die Überlastung der Praxen.
Naujoks trifft ihre Düsseldorfer Kolleginnen und Kollegen regelmäßig zum Stammtisch. Was sie alle beunruhigt: Düsseldorf wächst. Die Zahl der Unter-18-Jährigen ist heute um mehr als 10.000 höher als vor zehn Jahren. Bis 2040 kommen laut Prognose nochmal mehr als 20.000 hinzu. In einigen Stadtteilen im Süden (Garath, Hellerhof) und im Nordosten (Rath) ist die Situation heute schon schwierig.
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