Geparkt wird immer

Parkhäuser sind groß, grau, unglamourös – und unverzichtbar. Annäherung an eine unterschätzte Zukunftsbranche, in der es ausgesprochen friedlich zugeht. Und in der man über die Höhe der Einnahmen vornehm schweigt.
Von Frank Lorentz (Text)
und Andreas Endermann (Foto)
Veröffentlicht am 30. September 2024
Parkhaus Relaxpark am Kieshecker Weg 128 in Düsseldorf-Lichtenbroich
Das Parkhaus mit dem wohl coolsten Namen in Düsseldorf befindet sich in der Nähe des Flughafens: Es heißt „Relaxpark”, was nach Wellness für Autos klingt. Tatsächlich ist es auch nur ein Parkhaus.

Im Parkhaus am Kirchplatz, gleich neben dem Ticketautomaten, hängt ein Stellenangebot. Der Betreiber, das Unternehmen Q-Park, sucht für Düsseldorf einen „Parkhausbetreuer (m/w/d)”. Fünf Qualifikationen sind mitzubringen: Offenheit für Neues. Zuverlässigkeit. Freundlichkeit. Flexibilität. Teamfähigkeit. Q-Park verspricht Urlaubs- und Weihnachtsgeld, eine Jahresprämie sowie Dienstkleidung (wie auch immer die aussehen mag). Arbeiten in der Parkhausbranche? Erster Gedanke: Um Himmels Willen. Zweiter Gedanke: Hm. Warum eigentlich nicht?

Unter allen Branchen dürfte die der Parkhausbetreiber eine der am wenigsten glamourösen sein. Ein grauer Wirtschaftszweig, der in großen, grauen, alles andere als klinisch sauberen Häusern – oft vom Typ Ingenieurbauwerk, Beauftragung eines Architekturbüros unnötig – sein Geschäft betreibt, jenseits von Rampenlicht. Zugleich eine unverzichtbare Branche, denn geparkt wird immer. Der Mensch ist ständig unterwegs, er hat immer etwas zu erledigen, und das macht er, Klimawandel hin oder her, bevorzugt mit dem Auto, weil das so herrlich bequem ist.

Mögen auch viele Städte und Kommunen „Masterpläne” für ein zeitgemäßes „Parkraummanagement” konzipieren und die Autos aus den Zentren verdrängen, um Raum für Natur und die Menschen zu schaffen – die Zahl der in Deutschland zugelassenen Autos steigt. Und steigt. Aktuell liegt sie bei gut 50 Millionen. In Düsseldorf steigt sie überproportional zum Bevölkerungswachstum: 2023 kurvten 324.497 Autos durch die Stadt, 2957 mehr als im Vorjahr (plus 0,9 Prozent). Wohingegen die Bevölkerung „nur” um 0,4 Prozent wuchs. Wohin mit all den Fahrzeugen? Na klar: in die Parkhäuser.

Im Düsseldorfer Zentrum sind nach Angaben der Stadt 37 privat betriebene Parkhäuser an das Parkleitsystem angeschlossen. Wie es in den Außenbezirken aussieht? Darüber gibt es keine Daten. Parken ist zwar eine global verbreitete, oft mühevoll antrainierte Kulturtechnik, ohne die ein urbaner Alltag kaum denkbar ist und die darüber hinaus für so manche Comedy-Momente sorgt: Etwa wenn ein Mann aus dem Wagen steigt und seine Frau, die am Steuer sitzt, mit hochrotem Kopf dirigiert, damit sie haargenau parallel zur Markierung parkt. (Jeden Tag irgendwo in der Stadt zu beobachten. Dass kein Zentimetermaß zu Hilfe genommen wird, ist alles.) Doch Statistiken, die die Branche erfassen? Weitgehend Fehlanzeige.

Es geht schon damit los, dass niemand sagen kann, wie viele Parkplätze es eigentlich gibt. Bundesweit rechnet man mit 150 Millionen. Die Kalkulation ist wie folgt: Jedes der 50 Millionen zugelassenen Autos braucht im Schnitt drei Parkplätze – einen an der Wohnadresse (im Schnitt steht ein Auto 23 Stunden am Tag) und zwei weitere für die Ziele, die man tagsüber so ansteuert. Auf Düsseldorf übertragen heißt das: In der Stadt dürfte es rund eine Million Parkplätze geben, ob in Parkhäusern, an Straßen oder in Quartiersgaragen.

Nimmt man allein die Parkhausbranche unter die Lupe, so weiß man immerhin, dass sie sehr kleinteilig ist, um nicht zu sagen zersplittert (was ihre statistische Erfassung so kompliziert macht). Viele Parkhausbetreiber haben eine einzige Immobilie unter ihren Fittichen, vielleicht auch mal zwei oder drei. Nur eine Handvoll ist bundesweit aktiv, darunter Contipark, Apcoa und eben Q-Park, das europaweit in 39 Städten 100 Parkhäuser kontrolliert. Allein in Düsseldorf sind es 13, womit das Unternehmen zu den lokalen Platzhirschen gehört, sozusagen den Parkplatzhirschen. 

Roman Rohrberg, Marketingchef der in Grevenbroich ansässigen deutschen Q-Park-Zentrale (Q-Park ist ein niederländisches Unternehmen), sagt über das Verhältnis zu den Wettbewerbern: „Es ist ein friedliches Miteinander. Wir sind nicht Ikea oder Lidl.” Die Welt der Parkhäuser – offenbar ein ökonomisches Arkadien. Wie lukrativ das Geschäft ist? Rohrberg, ausweichend: „Man kann gut Geld damit verdienen.” Ob Parken eine Zukunftsbranche ist? „Immer”, sagt Rohrberg. Der Grund: „Bequemlichkeit siegt.” Der Mensch hat die Neigung, immer die bequemste Lösung zu wählen. Und Auto und Parkhaus, das passt zusammen wie Sofa und Fernbedienung.

Wer nun denkt: Spitzenidee, ich eröffne ein Parkhaus! Einfach eins hinstellen oder pachten und dann rund um die Uhr abkassieren – ganz so läuft es nicht. „Es ist nicht so einfach, wie es von außen aussieht”, sagt Rohrberg und zählt auf, woran zu denken ist, allein schon in technologischer Hinsicht (von der Schwierigkeit, an ein Objekt in Top-Lage zu kommen, gar nicht zu reden). Zum Beispiel ist an Kassenautomaten zu denken. An die Verkabelung für die Hardware. An die, wie es im Fachjargon heißt, „Ticketgeberterminals”. An Schranken, die mit der Kameraerkennung (falls vorhanden) synchronisiert sind. Sicherheitspersonal ist zu beschäftigen, damit das Haus nicht zur Herberge für Bedürftige mutiert, vor allem nachts. Dazu Parkhausbetreuer, die eine Art Hausmeister sind und das Haus inspizieren und nötigenfalls reinigen lassen (doch, doch, das soll angeblich passieren). Nicht zu vergessen eine Person, die die Ticketautomaten leert.

Deutschland wäre nicht Deutschland, wäre nicht der kleinste Vorgang bürokratisch durchreguliert. So auch in der Parkhauswelt, wo unter anderem die „Stellplatzverordnung” gilt. Sie besagt unter anderem, dass ein Stellplatz, wird er neu gebaut, zweieinhalb mal fünf Meter groß sein muss, größer als vor ein paar Jahren, was logisch ist, denn die Autos werden statistisch betrachtet jedes Jahr einen Zentimeter breiter und länger. Dass viele Parkhäuser einen Großteil der Zeit nicht sonderlich voll sind, ist aus wirtschaftlicher Sicht anscheinend kein Problem. Ab einer Auslastung von etwa 50 Prozent könne der Betrieb lukrativ sein, sagt Roman Rohrberg.

Wie der ADAC im vergangenen Jahr ermittelte, kann man in den meisten deutschen Städten für einen Euro oder weniger pro Stunde parken. In Düsseldorf nicht, dort liegt der Durchschnittswert laut ADAC bei zwei Euro. Wie in jeder anderen Stadt, so gibt es auch in der Landeshauptstadt solche und solche Parkhäuser. Die wenigsten sind so einladend, gut ausgeleuchtet, sauber und geräumig wie das Parkhaus an den Schadow Arkaden, das vielleicht beste weit und breit, schon eher ein Autohotel als ein schnödes Parkhaus (der Komfort hat seinen Preis: 3,20 Euro pro angefangene Stunde). Parkplatzangst braucht hier niemand zu befürchten, selbst mit einem größeren Wagen rollt man entspannt hinein, ohne Sorge, in der ersten Kurve an der Wand entlangzuschrammen.

Das Haus mit dem wohl coolsten Namen befindet sich in der Nähe des Flughafens: Es heißt „Relaxpark”, was nach Wellness für Autos klingt. Tatsächlich ist es auch nur ein Parkhaus, jedoch mit ein paar Vorzügen, darunter Gratis-Getränke, WC und Shuttleservice zum Airport.

Zum Flughafen selbst gehören sage und schreibe 20.000 Parkplätze, davon 17.000 in Parkhäusern (von Apcoa gemanagt). Der Airport – ein Parkhausgigant. Je nach Abstelldauer und Terminalnähe gibt es so viele Tarife, dass sie unmöglich aufzulisten sind. Bei der ADAC-Studie kam heraus, dass der Düsseldorfer Flughafen der bundesweit teuerste in der Kategorie „Terminalparken” ist, angesiedelt am P1. „Allerdings sind wir mit dem Parkhaus, dessen Preise für die Vergleichsstudie genommen wurden, der einzige Flughafen, der tatsächlich Terminalparken anbietet: null Meter vom Terminal entfernt”, sagt dazu Flughafensprecher Tankred Stachelhaus. Wieviel Geld der Airport mit dem Parkgeschäft einnimmt? Stachelhaus, zugeknöpft: „Die Einnahmen leisten einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung des Flughafens. Ihre Höhe nennen wir nicht.”

Wer in einer Zukunftsbranche arbeiten möchte, braucht also nicht zwingend in der Gentechnik oder KI-Forschung sein Glück zu suchen. Um auf die oben genannte Stellenanzeige zurückzukommen: Parkhausbetreuer – vielleicht tatsächlich der Einstieg in eine neue Karriereumlaufbahn. Sie hätte nebenbei den Vorteil, dass die Sache mit der Parkplatzssuche entscheidend leichter werden könnte. Als ich Roman Rohrberg, dem Q-Park-Mann, am Ende des Gesprächs allzeit einen freien Parkplatz wünsche, lacht er und erwidert: „Für Sie! Ich arbeite in der Branche. Ich finde immer was.”

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